Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens PDF - AZPDF.TIPS (2024)

Andreas Imhoff · Andreas Lenich Hrsg.

Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens

Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens

Andreas B. Imhoff Andreas Lenich (Hrsg.)

Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellen­bogens Mit 327 größtenteils farbigen Abbildungen

123

Andreas B. Imhoff Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie Tech. Universität München TUM Klinikum Rechts der Isar München, Germany Andreas Lenich Klinik für Orthopädie, Unfall-, Handchirurgie und Sportorthopädie Helios Klinikum München West München, Germany

ISBN 978-3-662-56678-7 ISBN 978-3-662-56679-4 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; d ­ etaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be­ rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Abbildung Graphik Umschlag: © Birgit Brühmüller, Waghäusel Umschlaggestaltung: deblik Berlin Graphiken: Birgit Brühmüller, Waghäusel Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

V

Vorwort Die arthroskopischen Techniken an Schulter- und Kniegelenk haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und sind heute in der Versorgung von Gelenkverletzungen weitgehend zum Standard geworden. In diesem Höhenflug hat sich in den letzten Jahren auch das Ellenbogengelenk als Subspezialität dazugesellt, weil die neue Methode nicht nur in den standardorthopädischen, sondern auch unfallchirurgischen Indikationen zu einem Paradigmenwechsel geführt hat. Dies war die Leitidee, mit einem spezifischen Buch das Ellenbogengelenk in den Fokus zu nehmen, die ­Grenzen und Möglichkeiten der neuen operativen Techniken und auch zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Es war das Ziel dieses Buches, die operativen Verfahren von der einfachen Diagnostik zu komplexeren Rekonstruktionen bei osteochondralen Verletzungen aufzuzeigen. Gerade die Luxationen des Ellenbogengelenks haben aus arthroskopischer Sicht neue Dimensionen erreicht, die in der Feinheit der Diagnostik eine exaktere und elegantere Rekonstruktionsmöglichkeit nun erlauben. Viele akute Instabilitäten können jetzt durch die direkte Versorgung minimalinvasiv mit einer internen Augmentierung als Bracing elegant versorgt werden. Aber auch bei der chronischen medialen oder lateralen Instabilität kommen nun Techniken zur Anwendung, die wir schon früher an der Schulter mit knotenlosen Ankersystemen und Sehnentransplantaten bereits erfolgreich in Verwendung hatten.

Drei Argumente waren die Leitidee bei der Planung dieses Buches: Erstens haben wir nur arthroskopische operative Verfahren aufgeführt, deren Anwendung sich in den letzten Jahren bewährt haben und deshalb empfohlen werden können. Zweitens: Durch diese gewisse Beschränkung konnten naturgemäß nicht alle Pathologien am Ellenbogen adressiert werden, auch wenn die neueren Ideen und Techniken der arthroskopischen Operationen an der ­ Schul­ter und am Knie mögliche, zukünf­ tige Hinweise geben können. Drittens ­haben wir bewusst auch die Grenzindika­ tionen und Komplikationen einbezogen. Dazu gehören auch das Infektionsmanagement, das zwar vielfach erwähnt, aber selten ausführlich besprochen wird. Mit diesen Meistertechniken eröffnen wir ein neues Spektrum von topografisch orien­ tierten Büchern und hoffen damit, den ­arthroskopisch minimalinvasiv orientierten Orthopäden und Unfallchirurgen die notwendige Hilfe anbieten zu können. Wir danken allen Mitautoren und vor allem den Mitarbeitern des Springer-Verlags wie Frau Antje Lenzen und Frau Barbara Knüchel sehr für deren unermüdliche ausdauernde und motivierende Unterstützung, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen hat. Für die Herausgeber: Andreas Imhoff

München, im Februar 2018

Einleitung Liebe Leserinnen und Leser, die rasche Entwicklung im Verständnis der unterschiedlichsten Pathologien am Ellenbogen hat in den letzten Jahren zu vielen Fragen bezüglich der möglichen Diagnostik- und Therapieoptionen geführt. Nun bietet die Arthroskopie des Ellenbogens sowohl diagnostische als auch therapeutische Möglichkeiten. Dieses Buch befasst sich darum – unter anderem mithilfe ­arthroskopischer Bilder – mit den verschiedenen Pathologien. Durch seine zahlreichen Abbildungen werden Anfänger und Fortgeschrittene in ihrem täglichen OP-Alltag unterstützt. Aus der Arbeit der

beiden Ellenbogen-Komitees der AGA und DVSE entwickelt, empfehlen wir – wie in anderen Gelenken – ein standardisiertes Vorgehen und eine feste Bilderanzahl zur Dokumentation. Ein spezielles Kapitel befasst sich mit dem Vergleich von MRT- Bildern/Befunden und dem arthroskopischen Pendant. Besonderes Augenmerk wird hier auf die möglichen Diskrepanzen und unterschiedlichen Darstellungsmöglichkeiten gelegt. Andreas Lenich

VII

Inhaltsverzeichnis 1

Anatomie und B ­ iomechanik des ­Ellenbogengelenks . . . . . . . . . . . . . . 1 K. Wegmann, M. Hackl, L. P. Müller

1.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Distaler Humerus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Mediale Säule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Laterale Säule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Gelenkkapsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Neuroanatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2 2 3 6 8 8 10 11

Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Hollinger, R. Nietschke, M. M. Schneider, K. J. Burkhart

2.1 Epicondylitis humeri radialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Synoviale Chondromatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Plicasonderfall mit ulnarem Impingement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Ellenbogensteife bei Arthrofibrose/Briden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Foramen fossa olecrani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Intraartikuläre Schraube am Capitulum humeri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Intraartikulärer 3,5-mm-Bio-Composite-SwiveLock-Anker . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Sagittale Abscherfrakturen des Capitulum humeri (Kocher-Lorenz-Fraktur) . . . . 2.9 Osteochondrosis dissecans der Trochlea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10 Radiuskopffraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 Anterior Snapping Elbow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

14 15 18 19 19 23 25 25 29 31 35 37

Dokumentation einer E ­ llenbogenarthroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 A. Ellwein, H. Lill, A. Lenich

3.1 Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4

Lagerung und arthro­skopische Zugangswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 L. Lacheta, S. Siebenlist

4.1 Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Arthroskopieportale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Anterolaterales Portal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Anteromediales Portal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Posterozentrales Portal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Hohes posterolaterales Portal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Tiefes posterolaterales Portal („Soft-Spot“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.6 Akzessorische Portale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

44 44 45 47 48 49 50 50 51 53

Arthroskopische ­Behandlungskonzepte der osteochondralen Läsion am Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 S. Vogt, F. Blanke

5.1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5.2 Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

VIII

Inhaltsverzeichnis

5.3 Klinische Präsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Bildgebung und Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.1 Konservative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.2 Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.3 Eigenes Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

56 57 57 57 57 58 60 60 61

Freie Gelenkkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 C. Gerhardt, M. Scheibel

6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Klinische Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.1 Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

64 64 64 64 64 65 66 66 66 69 70 70 70

Ellenbogenluxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 A. Lenich, S. Siebenlist

7.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Ligamentäre ­Ellenbogenluxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Luxationsfrakturen des Ellenbogens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Klinische Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Indikationen zur Arthroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

72 72 72 72 72 72 72 72 73 73 73 73 77 77

Radiale Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 C. Schoch, M. Geyer

8.1 Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Anamnese und klinische ­Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80 80 80 82 82 82

IX Inhaltsverzeichnis

8.5 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 8.6 Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 9

Chronische ulnare I­ nstabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 K. J. Burkhart, M. M. Schneider, B. Hollinger

9.1 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.1 Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.2 Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

92 92 93 93 94 94 94 98 99

Arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose . . . . . . . . . . . . . . . 101 K. Wegmann, M. Hackl, L. P. Müller

10.1 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

102 103 104 105 105 110 110

Arthrofibrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 S. Greiner

11.1 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

114 114 115 116 116 119 119

Endoskopische Neurolyse und Nerventransposition des N.ulnaris . . . 121 A. Lenich

12.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.2 Klinische Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.3 Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4 Operationsindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Operationsprinzip/­Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.1 Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

122 122 122 122 122 122 123 123 124 124 125 125 126 126

X

Inhaltsverzeichnis

13

Endoskopisch-assistierte Refixation der distalen B ­ izepssehne . . . . . . 127 S. Reuter, A. Lenich

13.1 Pathologie/Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Operationsvorbereitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

128 128 128 129 131 131 132

Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 L. P. Müller, M. Hackl, K. Wegmann, G. S. Athwal

14.1 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.1 Frontale Abscherfrakturen des distalen Humerus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.2 Koronoidfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.3 Radiuskopffrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Operationsprinzip/Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4 Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.1 Abscherfrakturen des Kapitulums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.2 Koronoidfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.3 Radiuskopffrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.6 Postoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

134 134 134 134 135 135 136 136 137 140 144 146 147

Komplikationen nach E ­ llenbogenarthroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 M. M. Schneider, B. Hollinger, R. Nietschke, K. J. Burkhart

15.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Infektion und ­Wundheilungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.1 Präoperative Antibiotika­prophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.2 Oberflächliche ­Wundheilungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.3 Septische Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Neurologische ­Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.1 N. radialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.2 N. interosseus posterior . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.3 N. medianus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.4 N. interosseus antebrachii anterior . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.5 N. ulnaris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.6 Übrige nervale Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.4 Heterotope Ossifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5 Übrige Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 150 150 151 151 152 153 154 154 155 155 157 158 160 161

Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

XI

Mitarbeiterverzeichnis Athwal, George

Imhoff, Andreas B., Univ.-Prof. Dr. med.

HULC, St. Joseph’s Health Care University of Western Ontario London, Ontario, Canada

TU München Klinikum rechts der Isar – Abt. und Poliklinik für Sportorthopädie München

Blanke, Fabian, Dr. med. Hessing Stiftung Augsburg Klinik für Sportorthopädie Augsburg

Lacheta, Lucca, Dr. med.

Burkhart, Klaus J., Priv.-Doz. Dr. med.

TU München Klinikum rechts der Isar – Abt. und Poliklinik für Sportorthopädie München

Arcus Sportklinik Pforzheim Pforzheim

Lenich, Andreas B., Priv.-Doz. Dr. med.

Ellwein, Alexander, Dr. med. DIAKOVERE gGmbH Annastift Department für Schulter-, Knie- und Sportorthopädie Hannover

Gerhardt, Christian, Dr. med. Charité Centrum für Muskuloskelettale Chirurgie Berlin

Klinik für Orthopädie, Unfall-, Handchirurgie und Sportorthopädie Helios Klinikum München West München

Lill, Helmut, Prof. Dr. med. DIAKOVERE Krankenhaus gGmbH, ­Friederikenstift Klinik für Orthopödie und Unfallchirurgie Hannover

Müller, Lars Peter, Univ.-Prof. Dr. med. Geyer, Michael, Dr. med. St. Vinzenz Klinik Pfronten Orthopädische Chirurgie Pfronten

Universitätsklinikum Köln Klinik und Poliklinik für Orthopädie und ­Unfallchirurgie Köln

Greiner, Stefan, Prof. Dr. med.

Nietschke, Rainer, Dr. med.

Sporthopaedicum Regensburg

Arcus Sportklinik Pforzheim Pforzheim

Hackl, Michael, Dr. med.

Reuter, Sven, Prof. Dr. med.

Universitätsklinikum Köln Klinik und Poliklinik für Orthopädie und ­Unfallchirurgie Köln

SRH Hochschule für Gesundheit Campus Stuttgart Stuttgart

Scheibel, Markus, Prof. Dr. med. Hollinger, Boris, Dr. med. Arcus Sportklinik Pforzheim Pforzheim

Schulter- und Ellenbogenchirurgie Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC) Charité-Universitätsmedizin Berlin und Klinik Wilhelm Schulhess Zürich, Schweiz

XII

Mitarbeiterverzeichnis

Schneider, Marco M., Dr. med. Arcus Sportklinik Pforzheim Pforzheim

Schoch, Christian, Dr. med. St. Vinzenz Klinik Pfronten Orthopädische Chirurgie Pfronten

Siebenlist, Sebastian, Priv.-Doz. Dr. med. TU München Klinikum rechts der Isar – Abt. und Poliklinik für Sportorthopädie München

Vogt, Stephan, Prof. Dr. med. Hessing Stiftung Augsburg Klinik für Sportorthopädie und arthroskopische Chirurgie Augsburg

Wegmann, Kilian, Priv.-Doz. Dr. med. Universitätsklinikum Köln Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Köln

XIII

Abkürzungen AO

Arbeitsgemeinschaft für Osteo­ synthesefragen aMCL anteriores Bündel des medialen ­Kollateralbandes a.p. anterior-posterior ASK Arthroskopie ASSH American Society for Surgery of the Hand

C zervikal CEO Common Extensor Origin CPM Continuous Passive Motion CRAP Klassifikationssystem zum lateralen CRPS

Ellenbogenschmerz komplexes regionales Schmerz­ syndrom

D Digitus ECRB M.extensor carpi radialis brevis EHR Epicondylitis humeri radialis Ext. Extension FGK freie Gelenkkörper Flex. Flexion G Gauge HO heterotope Ossifikation HWS Halswirbelsäule IE Implantatentfernung K-Draht Kirschner-Draht Lig./Ligg. Ligamentum/Ligamenta LCL laterales Kollateralband LUCL laterales ulnares kollaterales ­Ligament

M./Mm. Musculus/Musculi mACT matrixinduzierte autologe Knorpelzelltransplantation

MCL mediales Kollateralband MMP Matrix-Metalloproteinasen MUCL mediales ulnares Kollateralband N./Nn. Nervus/Nervi OA Oberarm OATS Osteochondral Autograft Transfer OCA OCL OD

System osteokapsuläre Arthroplastik osteochondrale Läsion Osteochondrosis dissecans

PAP PIN PIN PLRI pMCL PRUG ROM

präoperative Antibiotikaprophylaxe N. interosseus posterior des N. radialis, innerviert Extensoren des Unterarmes N.interosseus profundus posterolaterale Rotationsinstabilität posteriores Bündel des medialen Kollateralbandes proximales Radioulnargelenk Range of Motion, Bewegungs­ umfang

TEP Totalendoprothese V./Vv. Vena/Venae

1

Anatomie und ­Biomechanik des ­Ellenbogengelenks K. Wegmann, M. Hackl, L. P. Müller

1.1 Einleitung  – 2 1.2 Distaler Humerus  – 2 1.3 Mediale Säule  – 3 1.4 Laterale Säule  – 6 1.5 Gelenkkapsel  – 8 1.6 Neuroanatomie  – 8 1.7 Muskulatur  – 10

Literatur  – 11

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_1

1

1

2

K. Wegmann et al.

1.1

Einleitung

Der Ellenbogen stellt keine isolierte gelenkige Struktur dar. Vielmehr sollte die funktionelle Zu­ sammengehörigkeit mit dem Unterarm und damit auch dem Handgelenk gesehen werden. Die native Biomechanik und die Pathobiomechanik sind ­untrennbar miteinander verbunden. Wie in sämt­ lichen Gelenken des menschlichen Körpers, be­ ruht die Funktionalität des Ellenbogengelenks auf einem ausgewogenen Zusammenspiel zwischen Beweglichkeit und Stabilität. Im Folgenden sollen die anatomischen und biomechanischen Grund­ lagen rund um den Ellenbogen vermittelt werden. Diese stellen die Grundlage für Verständnis, Er­ kennung und Therapie der diversen Ellenbogen­ pathologien dar. Es ist von essenzieller Bedeutung, die relativen Beiträge der einzelnen Gelenkstabi­ lisatoren zu kennen, um Luxationsfrakturen adä­ quat zu versorgen. Anatomie und Biomechanik des Ellenbogen­ gelenks werden im Folgenden, ihrer funktionellen Einheit entsprechend, gemeinsam besprochen. 1.2

Distaler Humerus

Die knöcherne Struktur verleiht dem Ellenbogen ein charakteristisches Relief (. Abb. 1.1). In der frontalen Ansicht dominieren der mediale und la­ terale Epikondylus, die über die Cristae supracon­ dylares aus dem Humerusschaft entspringen und den Flexoren und Extensoren als Ursprung dienen und durch ihre prominente Position deren Hebel­ arm verlängern. Proximal des medialen Epikon­ dylus findet sich in seltenen Fällen ein rudimen­ tärer Processus supracondylaris, der ursächlich sein kann für neurovaskuläre Kompressions­ syndrome. Verbindet man den medialen und den lateralen Epikondylus mittels einer imaginären Linie, befindet sich etwa 2 cm distal hiervon der Gelenkspalt. Diese Kenntnis kann bei der klini­ schen Unter­suchung, aber auch beim Anlegen von offenen oder arthroskopischen Zugängen hilf­ reichsein. Der gelenkbildende Anteil des distalen Humerus steht in Relation zum Humerusschaft 6–8 ° valgisch und 5–6 ° innenrotiert (. Abb. 1.1). Der Gelenkblock selbst ist um 29–31 ° nach ante­ rior flektiert, wiederum in Relation zur Längsachse des Humerus. Diese charakteristische Konfiguration ist nicht einer Laune der Natur zu verdanken, sondern ba­

siert auf funktionellen Ansprüchen. So erleichtert die Valguskomponente des Unterarmes die präzise und achsgetreue Rotation des Unterarmes, die ­anteriore Flexion des Gelenkblockes dient als ­Offset und erhöht die Flexionsfähigkeit im Ellen­ bogen. Abweichungen zur knöchernen Konfigu­ ration des distalen Humerus, z. B. durch fehlver­ heilte Frakturen, führen zu signifikanten Funk­ tionseinschränkungen des Gelenks und dadurch des gesamten Unterarmes. Die dorsale Vertiefung am distalen Humerus, die Fossa olecrani, dient dazu, die Olekranonspitze in Extension zu emp­ fangen, um die volle Streckung, durch den Form­ schluss, aber auch Stabilität, zu gewährleisten. Die Fossa olecrani ist nach ventral von den Fossae ­radialis und coronoidea durch eine knöcherne Membran getrennt. Die jeweils entstehenden ­Räume sind mit Fettgewebe ausgefüllt. Füllen sich die Fossae z. B. wegen einer Fraktur mit Blut, kann im Röntgen entsprechend der Flüssigkeitsspiegel als sog. Fat Pad Sign identifiziert werden. Die Blutversorgung des distalen Humerus ­erfolgt zum einen über eine zentrale Arterie, die aus der A. brachialis gespeist wird. Zum anderen treten von distal aufsteigende, rekurrente Gefäße

a b

c ..Abb. 1.1a–c  Achsverhältnisse der Gelenkfläche zum Humerusschaft. a In der Frontalebene ist der Gelenkblock um 6–8 ° nach radial geneigt. b In der Sagittalebene ist der Gelenkblock um etwa 30° nach anterior flektiert. c in der Transversalebene zeigt der Gelenkblock eine Rotation nach medial zwischen 3 und 6°. (Mod. nach Wegmann et al. 2012a)

3 Anatomie und B ­ iomechanik des E­ llenbogengelenks

sowohl radial als auch ulnar in den distalen Hume­ rus ein. Hinsichtlich des lateralen Epikondylus ergibt sich eine Sondersituation, da die Gefäße vornehmlich von dorsal eintreten (Wegmann et al. 2014b). Im Bereich zwischen dem auslaufenden zentralen Gefäß im Schaft und den distalen, rekur­ renten Gefäßen ergibt sich eine Wasserscheide, mit erhöhter Gefahr der Unterversorgung (­Kimball et al. 2007). 1.3

Mediale Säule

Auf der ulnaren Seite erfolgt die Artikulation zwi­ schen der Trochlea humeri und der proximalen Ulna. Die Trochlea ist auf charakteristische Art wie eine Spule geschwungen und weist eine hohe Konformität zur Incisura semilunaris der Ulna auf. Die Trochlea ist von Knorpel überzogen. Am ventralen Abschnitt der Trochlea ist der ­Knorpel etwa 1,3 mm dick, im dorsalen Bereich der Trochlea etwa 0,8 mm (Schub et al. 2013; . Abb. 1.2). Aus der hohen Passgenauigkeit des nativen humeroulnaren Gelenks ergibt sich ein annähernd perfektes bzw. ein idealisiertes Schar­ niergelenk. So findet sich am Ellenbogen keine klar definierte Rotationsachse. Wie biomechani­ sche Studien zeigen konnten, findet sich ein wan­

..Abb. 1.2  Darstellung der von ventral nach dorsal­ abnehmenden Knorpeldicke (schwarze Striche) Kapitulum, in einem Plastinat

derndes Rotationszentrum. In der sagittalen E ­ bene wandert das Drehzentrum auf einer Fläche von 7,8 × 2,5 mm (Morrey u. Sanchez-Sotelo 2009), in Abhängigkeit von der Extensions-/Flexionsstel­ lung des Gelenks. Im Gegensatz hierzu wird dem Gelenk durch die gängigen Modelle der dynami­ schen Ellenbogenfixateure und der dynamischen Orthesen ein starres Drehzentrum auferlegt. Zweifelsohne stellen diese Maßnahmen sinnvolle Therapiewerkzeuge dar. Jedoch sollte der Status quo nicht als Ende der Fahnenstange angesehen werden, sondern vielmehr als Ansp*rn, mit den externen stabilisierenden Techniken der nativen Biomechanik des Ellenbogens in der Zukunft noch weiter zu entsprechen. Der mediale Epikondylus dient dem medialen Kollateralbandapparat als Ursprung. Knapp pos­ terior des Drehzentrums am medialen Epikondy­ lus entspringt das anteriore Bündel des medialen Kollateralbandes, das den primären Valgusstabi­ lisator des Ellenbogens darstellt (Rahman et al. 2008; . Abb. 1.3). Ventral bzw. kaudal des Bandes entspringt die Gelenkkapsel. Kranial vom Band nimmt die Flexorengruppe mit dem M. flexor ­carpis radialis, dem M. flexor carpi ulnaris und dem M. flexor digitorum superficialis ihren Ur­ sprung. Proximal dieser Gruppe entspringt der M. pronator teres am Oberrand des medialen ­Epikondylus (Buck et al. 2010). Den größten Beitrag zur Valgusstabilität des Ellenbogens hat das anteriore Bündel des media­ len Kollateralbandes in 90-Grad-Flexion. Funk­ tionell ist das anteriore Bündel in ein anteriores und ein posteriores Band gegliedert. Das anteriore Band entspannt sich in Flexion und spannt sich in Extension (. Abb. 1.4). Das dorsale Band verhält

..Abb. 1.3  Mediales Kollateralband. EM Epicondylus ­medialis, TS Tuberculum subliminus, T Trochlea, O Ole­kra­ non, Stern anteriores Bündel des medialen Kollateralbandes

1

4

K. Wegmann et al.

1

a

b

..Abb. 1.4a,b  Reziprokes Verhalten des anterioren Bün­ dels des medialen Kollateralbandes. a In Extension ist der anteriore Anteil des Bandes gespannt, der dorsale lax.

b In Flexion kommt es umgekehrt zur Anspannung des dorsalen Anteils, der anteriore Anteil ist lax

sich hierzu gegensätzlich, was dem anterioren Bündel des medialen Kollateralbandes ein rezi­ prokes Verhalten nachweist. Da das Band nicht direkt im Drehzentrum entspringt, sowie ein rezi­ prokes Verhalten aufweist, ist das mediale Band nicht als isometrisches Band anzusehen. Das ante­ riore Bündel inseriert am Tuberculum subliminus der proximalen Ulna. Proximal und mittig weist das Band eine Breite von etwa 6 mm auf, die Inser­ tion an der Ulna ist dann auf 9 mm verbreitert. Bei überdurchschnittlich belasteten Kollateral­ bändern konnte eine physiologische Verdickung im Vergleich zur weniger belasteten Gegenseite nachgewiesen werden (Nagamoto et al. 2015). In der seitlichen Ansicht des Ellenbogens prägt das Olekranon das Relief des Ellenbogens. Die Olekranonspitze taucht in Extension in die Fossa olecrani des distalen Humerus ein und übernimmt dann eine wichtige stabilisierende Funktion. Bio­ mechanische Studien konnten zeigen, dass eine Resektion der Olekranonspitze von mehr als 25 % zu einer signifikanten Valgusinstabilität führt (An et al. 1986). Die Olekranonspitze folgt nach distal einer charakteristischen konkaven Krümmung, die im Processus coronoideus endet. In der sagit­ talen Ebene ergibt sich hierdurch eine Halbmond­ form, in die sich der distale Humerus mit der Trochlea humeri einpasst. Der Öffnungswinkel dieses Halbmondes misst etwa 182 ° (Giannicola et al. 2015). Die hohe Konformität der beiden Strukturen bietet eine hervorragende Passform

und somit eine enge Führung. Diese Konformität muss allerdings im Umkehrschluss auch bei der Frakturreposition beachtet werden. Somit emp­ fiehlt sich hier primär die Rekonstruktion des Alignments der dorsalen Kortikalis der proxi­ malen Ulna und nicht die Adaptation der gelenk­ knorpeltragenden Anteile der Incisura semi­ lunaris. Ansonsten läuft man Gefahr, die Incisura semilunaris zu schließen und so eine Bewegungs­ störung zu generieren. Das Olekranon artikuliert sowohl mit dem Humerus über die Incisura semilunaris, als auch dem Radiuskopf über die Incisura radialis ulnae. In der Incisura semilunaris stellt sich eine physio­ logische „Bare Area“ mit durchschnittlich 5 mm Länge ein (. Abb. 1.5a). In diesem Bereich besteht nur wenig mechanische Stimulation, da dort phy­ siologischerweise kein Kontakt mit dem Humerus besteht, und somit kein Knorpel ausgeprägt ist (Morrey u. Sanchez-Sotelo 2009). In der Frak­ tursituation darf dieser Bereich nicht als eine zu rekonstruierende Trümmerzone fehlinterpretiert werden, um Knorpelfläche an Knorpelfläche zu adaptieren. Das Olekranon zeichnet sich durch eine hohe individuelle anatomische Varianz aus. Der Ulna­ schaft weist einen nach radial geschlossenen ­Winkel von 17–18 ° auf, was als „Radial Bow“ be­ zeichnet wird (. Abb. 1.5). Darüber hinaus findet sich eine ventrale Angulation – die dorsale Ole­ kranonkortikalis ist konvex – etwa 6 ° (Puchwein

5 Anatomie und B ­ iomechanik des E­ llenbogengelenks

a

b

c

..Abb. 1.5  a Bare Area (BA) in der Gelenkfläche der pro­ ximalen Ulna. CO Processus coronoideus, RK Radiuskopf.

b,c Interindividuelle Varianz der dorsalen Angulation (markiert mit schwarzem Strich) der proximalen Ulna

et al. 2012; . Abb. 1.6). Wird diese dorsale Angu­ lation im Frakturfall unter- bzw. überkorrigiert, resultiert ein Extensions- bzw. ein Flexionsdefizit im Ellenbogengelenk. Die hohe anatomische Vari­ anz muss bei der Wahl des Osteosynthesematerials eingeplant werden. Der distale Ausläufer der Incisura semilunaris endet im Processus coronoideus. Dieser haken­ förmige Fortsatz komplettiert das Olekranon zu einer halbmondförmigen Form und hilft ante­ roposterior gerichtete Kräfte am Ellenbogen zu ­kompensieren. Die Höhe des Koronoids beträgt im Durchschnitt knapp 17 mm (Ablove et al. 2006). Am Processus coronoideus können die Spitze, die anteromediale Facette und das Tuberculum sub­ liminus unterschieden werden. Die anteromediale Facette dient als Varusstabilisator, indem sie dem

medialen Trochleaabschnitt unter Varuslast als Widerhalt dient (Ramirez et al. 2015). Die antero­ mediale Facette wölbt sich an der medialen Ulna­ metaphyse vor und erweitert so die Gelenkfläche. Am Tuberculum subliminus, das sich medial der anteromedialen Facette befindet, setzt das ante­ riore Bündel des medialen Kollateralbandes an. Frakturen, die diesen Bereich der Ulna betreffen, können so bei strukturell intaktem Band dennoch zu einem Versagen des medialen Bandapparates und konsekutiver Instabilität führen. Neben der anteroposterioren Stabilisierung wurde das Koronoid zusätzlich als wichtiger Varus­stabilisator identifiziert (Hartzler et al. 2014). Zu einem kleinen Anteil trägt es auch zur Valgusstabilität bei. Etwa 10 mm distal der Koro­ noidspitze inseriert der M. brachialis, 2 mm distal

..Abb. 1.6  Schematische Darstellung der longitudinalen Kraftübertragung am Unterarm. Beim intakten Unterarm erfolgt nach Aufnahme von annähernd 80 ° der ­aufgetragenen Last über den distalen ­Ra­dius eine Umverteilung durch die Mem­ brana interossea auf die Ulna. So treffen am Ellenbogen etwa noch 60 % der Kraft auf das Kapitulum und 40 % auf die Troch­ lea. Im Falle eines Defektes des Radiuskop­ fes, z. B. nach Resektion desselben, wird die gesamte Kraft auf die mediale Säule über­ tragen. (Mod. nach Wegmann et al. 2012a)

1

6

1

K. Wegmann et al.

der Koronoidspitze setzt die Gelenkkapsel an (­Ablove et al. 2006). Der Großteil des Processus coronoideus ist als frei stehender Vorsprung zu verstehen, der entsprechend nur wenig solide ­knöcherne Abstützung hat. Somit verwundert es nicht, dass der Processus coronoideus häufig bei Verletzungen in Mitleidenschaft gezogen wird. Es gibt differierende Angaben über die Notwendig­ keit zur Refixation von Koronoidspitzenfrakturen, um die Integrität der ventralen Gelenkkapsel wie­ derherzustellen. In einer kleinen Fallserie wurde ein positiver Stabilisierungseffekt für die Refixa­ tion auch der Koronoidspitzenfrakturen berichtet (Terada et al. 2000). 1.4

Laterale Säule

Der laterale Anteil der Gelenkfläche des distalen Humerus, das Capitulum humeri (Humerusköpf­ chen) artikuliert mit dem Caput radii (Radius­ kopf). Auch hier kommt der Konformität der ­beiden Strukturen eine wichtige funktionelle Be­ deutung zu. Das konvexe Kapitulum erlaubt dem konkaven Radiuskopf (Vertiefung von durch­ schnittlich 2,4 mm) eine freie Rotation. Aber auch ein Gleiten im Rahmen der Extensions-/Flexions­ bewegungen ist möglich. Die Knorpeldicke am Kapitulum beträgt anterior zwischen 1,49 und 1,63 mm, im posterioren Bereich zwischen 0,87 und 1,06 mm (Schub et al. 2013). Durch die Pass­ form wird jedoch zusätzlich eine translatorische Stabilität ermöglicht. Eine aktuelle biomechani­ sche Untersuchung von Irish und Kollegen unter­ streicht die Relevanz der Vertiefung im Zentrum des Radiuskopfes anhand der Beschaffenheit von Radiuskopfprothesen (Irish et al. 2015). Es wurde gezeigt, dass die Kontaktfläche und der Anpress­ druck zwischen dem Kapitulum und dem Radius­ kopf von der Tiefe der Gelenkfläche des Radius­ kopfes abhängen. Der geringste Druck und die größte Kontaktfläche ergaben sich bei 3,2  ±  0,7  mm Tiefe im Zentrum des Radiuskopfes. Der Radius­ kopf ist nicht rund, sondern ellipsoid (Alolabi et al. 2013). Wird der Radiuskopf in Neutralstellung des Unterarmes betrachtet, liegt lateral eine Ver­ breiterung vor, welche ursächlich für die ellipsoide Form ist. In Pronation scheint die ellipsoide Form den Kraftschluss im proximalen radioulnaren ­Gelenk zu erhöhen. Laut anthropologischen For­ schungen unterstützte diese Stabilisierung die Vorläufer der hominiden Primaten während des

4-beinigen Ganges bei proniertem Unterarm (­Patel 2005). Bei modernen Menschen spielt der Radiuskopf in ähnlicher Weise eine wichtige Rolle bei der axialen Stabilisierung des Unterarmes (Green u. Zelouf 2009). In biomechanischen Stu­ dien konnte gezeigt werden, dass die radiale Säule 60 % der vom Unterarm auf den distalen Humerus übertragenen Kräfte transferiert. Am Handgelenk nimmt der distale Radius jedoch 80 % der jeweilig aufgetretenen Last auf. Die Lastverteilung erfolgt über die Membrana interossea, die mit ihren aufund absteigenden Fasern die Kräfte zwischen Ulna und Radius beeinflusst (Wegmann et al. 2012a,b; . Abb. 1.6). Dieser Zusammenhang zwischen El­ len­bogen, Unterarm und Handgelenk verdeutlicht die enge biomechanische Verknüpfung der Struk­ turen und legt nahe, die einzelnen Bereiche in der Traumasituation nicht getrennt, sondern als ­Ganzes zu betrachten und zu behandeln. Wird der Radiuskopf reseziert, laufen 100 % der auf den Unterarm in longitudinaler Richtung wirkenden Kraft über die ulnare Säule, was zu­ einer raschen Degeneration des entsprechenden Gelenkknorpels führen kann. Darüber hinaus ist nach Resektion des Radiuskopfes nicht selten eine Valgusinstabilität des Gelenks zu beobachten. Der Radiuskopf stellt nach dem anterioren Bündel des medialen Kollateralbandes in der Tat einen wich­ tigen Valgusstabilisator des Ellenbogens dar (John­ son et al. 2005). Aber auch distal des Ellenbogen­ gelenks führt die Entfernung des Radiuskopfes zu messbaren Konsequenzen. Lanting und Kolle­ gen wiesen eine signifikante Spannungszunahme in der Membrana interossea des Unter­armes nach, die durch prothetischen Radiuskopf­ersatz rever­ sibel war (Lanting et al. 2013). Neben dem Kapi­ tulum artikuliert der Radiuskopf mit der Incisura radialis ulnae im proximalen radioulnaren Ge­ lenkund mit der Zona conoidea der Trochlea. Um diese Artikulation zu gewährleisten, ist der Rand des R ­ adiuskopfes über 240 ° mit Knorpel über­ zogen, in dem Bereich, in welchem er mit der ­Incisura ­radialis ulnae Kontakt hat. Die übrigen 120 ° sind nur an dem schmalen Saum mit Knorpel besetzt, über den er mit dem Lig. anulare artikuliert (. Abb. 1.7). Korrespondierend weist das Lig. anu­ lare an seiner Innenseite einen partiellen Knorpel­ bezug auf (Sanal et al. 2009). Das Lig. anulare zieht von der anterioren Begrenzung der Incisura radia­ lis ulnae um den Radiuskopf an die dorsale Be­ grenzung der Inzisur. Im Rahmen einer Osteo­ synthese können im Bereich dieser 120 ° mit nur

7 Anatomie und B ­ iomechanik des E­ llenbogengelenks

..Abb. 1.7  Kragen des Radiuskopfes. Der Bereich mit ­einem schmalem Band an Knorpelbezug stellt den Be­ reich dar, der nicht mit dem proximalen Radioulnargelenk (PRUG) artikuliert. Der Bereich mit breitem Knorpelband artikuliert mit der Incisura radialis ulnae im PRUG

..Abb. 1.8  Darstellung des lateralen Kollateralband­ komplexes. EL Epicondylus lateralis, RCL Radiales Kollateral­ band, LA Lig. anulare, C Kapitulum, LUCL laterales ulnares Kollateralband, CS Crista supinatoria

schmalem Knorpelband eine Platte oder promi­ nente Schraubenköpfe toleriert werden, da dann kein Konflikt mit der proximalen Ulna zu erwarten ist. Der durchschnittliche Durchmesser des Radi­ uskopfes beträgt 22 mm, der Hals ist um 10–12 ° anguliert. Die meisten der verfügbaren Radius­ kopfprothesen erlauben es bislang nicht, diese Werte zu rekonstruieren. Außerdem ist es nicht möglich, mit gängigen Radiuskopfprothesen die Artikulation im proximalen radioulnaren Gelenk zu rekonstruieren. Die gesamte Kontaktfläche so­ wie die Kinematik des proximalen Radius werden durch die Implantation einer Prothese negativ be­ einflusst (Wegmann et al. 2015). Neben der knöchernen Passform spielt der laterale Kollateralbandkomplex eine wichtige ­ ­Rolle bei der Stabilisierung des Ellenbogenge­ lenks. Das laterale Band besteht aus dem Lig. anu­ lare, dem radialen Kollateralband, dem lateralen ulnaren Kollateralband und dem akzessorischen radialen Kollateralband (. Abb. 1.8). Das Lig. anu­ lare stabilisiert den Radiuskopf im proximalen radioulnaren Gelenk. In Zukunft gilt es zu unter­ suchen, inwiefern Instabilitäten im proximalen radioulnaren Gelenk klinische Relevanz erfahren und ob entsprechende Therapiemaßnahmen indi­ ziert sind. Das radiale Kollateralband entspringt nahe des idealisierten Drehzentrums am Kapitulum, zieht nach distal auf der Gelenkkapsel und verschmilzt mit dem Lig. anulare. Es verläuft über die laterale Kante des Radiuskopfes. Für das radiale Kollate­ ralband konnte eine Isometrie nachgewiesen wer­

den (Moritomo et al. 2007). Dies ist beim lateralen ulnaren Kollateralband jedoch nicht der Fall. Es entspringt ebenfalls nahe des idealisierten Drehzentrums am Kapitulum und zieht dann an die Crista supinatoria der proximalen Ulna. Es ­inseriert gemeinsam mit dem Lig. anulare an der ­proximalen Ulna. Im Verlauf von Extension zur Flexion erfährt das Band eine relevante Längen­ änderung mit Anspannung bei zunehmender Beugung, wie Moritomo und Kollegen nachwei­ sen konnten (Moritomo et al. 2007). Beim latera­ len ulnaren Kollateralband handelt es sich somit eindeutig nicht um ein isometrisches Band. Das laterale ulnare Kollateralband zieht am dorso­ lateralen Abschnitt des Radiuskopfes vorbei und fungiert somit ähnlich einer Hängematte, in der der Radiuskopf stabilisiert wird. Darüber hinaus verbindet das Band die Ulna mit dem lateralen Epikondylus. Ein Defekt des lateralen Kollateral­ bandes kann somit zur posterolateralen Rotations­ instabilität führen (O’Brien u. Savoie 2014). Hier­ bei rotiert der Unterarm vom distalen Humerus nach dorsal und lateral weg. Diese Pathologie wur­ de insbesondere von O´Driscoll und Kollegen ­berichtet (O‹Driscoll et al. 1991) und findet in den folgenden Kapiteln nähere Erläuterung (7 Kap. 7 und 8). Es bestehen enge anatomische Lagever­ hältnisse zwischen dem lateralen ulnaren Kolla­ teralband, dem posterolateralen Abschnitt des Radiuskopfes und der Gelenkkapsel (Wegmann et al. 2014a). Beim arthroskopischen Débridement im posterolateralen Gelenkabschnitt ist somit eine iatrogene Schädigung des Bandes möglich.

1

1

8

K. Wegmann et al.

1.5

Gelenkkapsel

Das Ellenbogengelenk ist ebenso wie die übrigen Gelenke des menschlichen Körpers von einer straf­ fen Gelenkkapsel umschlossen. Die Teilge­lenke des Ellenbogens werden von dieser gemein­samen Kapsel umfasst. Gelenkseitig findet sich eine syno­ viale Schicht. Die Kapsel entspringt am Humerus­ schaft knapp proximal der Fossae olecrani, radialis und coronoidea. Dorsal inseriert die Kapsel auf Höhe des Lig. anulare. Ventral inseriert die Kapsel knapp distal der Koronoidspitze auf der medialen Seite, lateral geht sie erneut in das Lig. anulare über. Durch den Übergang in das Lig. anulare er­ laubt die Gelenkkapsel dem Radius die freie Rota­ tion, die durch ein Anheften der Kapsel limitiert wäre. Bei posttraumatischen narbigen Verwach­ sungen kann die Rotation des ­Radius kompro­ mittiert werden. Da die Kapsel das Gelenk zirkum­ ferent umschließt, spielt sie eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Pathologien. Instabilitäten, aber auch Gelenksteife können aus Verletzungen der Gelenkkapsel resultieren. Ihr größtes Füllungs­ volumen, die beim nativen Gelenk zwischen 20 und 25 ml beträgt, hat die Kapsel bei etwa 80 ° Fle­ xion. Bei einem Gelenk mit Kapselsteife kann das maximale Füllungsvolumen schon bei deutlich niedrigeren Volumina erreicht sein. 1.6

Neuroanatomie

Am Ellenbogengelenk findet sich von Seiten der Anatomie eine besondere Situation vor. Das Ge­ lenk wird ventral und dorsal sowie medial und lateral von wichtigen peripheren Nerven passiert. Bei annähernd jedem chirurgischen Eingriff ist der Operateur mit den kritischen neuralen Struk­ turen konfrontiert. Eine präzise Kenntnis der Neuroanatomie ist unerlässlich, um schwer­ wiegende Komplikationen zu vermeiden. Die Lite­ ratur bietet eine Vielzahl an Fallpräsentationen, die entsprechende iatrogene Nervenschädigun­ gen schildern. In einem Fall wurden sogar der N. medianus und der N. radialis im Rahmen eines arthroskopischen Eingriffes durchtrennt (Haapa­ niemi et al. 1999). Den Autoren des Kapitels liegt der bislang unpublizierte Fall einer 67-jährigen Patientin vor, bei der im Rahmen der Anlage eines externen Fixateurs am Ellenbogen bei einer kom­ plexen Luxation, der N. ulnaris und der N. radialis verletzt wurden (. Abb. 1.9). Des Weiteren existie­

a

b ..Abb. 1.9  a Lageverhältnisse des Fixateur-Pins zum N. ulnaris, ca. 10 cm proximal des Processus styloideus ­ulnae. b Darstellung der Kompression des N. radialis am lateralen Oberarm durch den Fixateur-Pin. Der Nerv ist durch einen gelben Vessel-Loop markiert

ren Fallserien, die die iatrogene Nervenschä­ digung mitunter als häufigste Komplikation der Ellenbogenarthroskopie werten (Leong et al. 2015; Nelson et al. 2014). k kN. radialis

Ventral des Gelenks finden sich der N. radialis und der N. medianus. Die Bizepssehne unterteilt die Weichteile ventral des Gelenks in einen media­ len und einen lateralen Bereich. Der N. radialis, der aus den Segmenten C5–Th1 gespeist wird, geht aus dem Fasciculus posterior des Plexus brachialis hervor. Unterhalb der Klavikula ­ schwingt sich der Nerv um den Humerusschaft, um dann im Sulcus nervi radialis spiralförmig auf die Außenseite zu treten. Dort tritt er durch das Septum intermusculare laterale, um dann auf dem M. brachialis und medial sowie tief zum M. brachioradialis nach distal zu verlaufen. Auf Höhe des Gelenkspaltes ist der N. radialis dann ventral des medialen Randes des Kapitulums zu

9 Anatomie und B ­ iomechanik des E­ llenbogengelenks

finden. Dort liegt er durch den Bauch des M. bra­ chialis von der Gelenkkapsel getrennt (Hackl et al. 2015a, b). In voller Streckung liegt der Nerv im Durchschnitt 10,8 mm medial der lateralen Be­ grenzung des Capitulum humeri und 5,5 mm ven­ tral hierzu (Hackl et al. 2015a). In 90-Grad-Beu­ gung wandert der Nerv 3,6 mm nach medial, um 14,4 mm medial der lateralen Begrenzung des Kapitulums zu liegen. Die zusätzliche Insufflation mit 20 ml Kochsalzlösung – wie sie bei der Arth­ roskopie erfolgt – erhöht den Abstand auf durch­ schnittlich 15,1 mm. Der Abstand nach ventral nimmt in Beugung auf 10,8 mm zu, die Füllung des Gelenks erhöht den Abstand auf 17,0 mm. Distal der Gelenklinie findet sich jedoch nicht immer Gewebe des M. brachialis zwischen Nerv und Gelenkkapsel. Dies ist insbesondere bei arthroskopischen Eingriffen, bei denen die ­Gelenkkapsel reseziert wird, wichtig. Distal der Gelenklinie und lateral ist das Risiko einer iatro­ genen Verletzung des N. radialis folglich erhöht. Im weiteren Verlauf zieht der Nerv am Radius­ schaft entlang nach distal. Bereits proximal des Gelenks auf Höhe des lateralen Epikondylus hat er sich in den oberflächlichen und den tiefen Ast aufgeteilt. Der oberflächliche Ast verläuft unter dem M. brachioradialis nach distal, um dann sen­ sibel die Haut des distalen radialen Unterarmes und der radialen Hand zu versorgen. Knapp 10 cm proximal des Processus styloideus radii tritt der Nerv nach subkutan und versorgt Digitus (D) I radial und dorsal, und D II dorsal sensibel. Der tiefe Ast drängt in die Tiefe und windet sich zwi­ schen dem tiefen und dem oberflächlichen Bauch des M. supinator um den Radiusschaft nach dor­ solateral. Der Ramus profundus des N. radialis zeigt hierbei eine Lageabhängigkeit mit der Rota­ tionsstellung des Unterarmes (Hackl et al. 2015c). In Supination wandert der Nerv mit dem M. supi­ nator nach lateral, in Pronation wandert der Nerv nach medial. Somit empfiehlt es sich, chirurgische Eingriffen am proximalen Radius, die von lateral oder posterolateral durchgeführt werden, in maxi­ maler Pronation des Unterarms durchzuführen. Hierdurch wird der Abstand des Ramus profun­ dus zum Radiuskopf erhöht (Hackl et al. 2015c), wodurch die Sicherheit des jeweiligen Operations­ verfahrens erhöht werden kann. k kN. medianus

Medial der Bizepssehne verläuft der N. medianus, der ebenfalls aus den Segmenten C5–Th1 gespeist

wird. Er entspringt den Fasciculi medialis und ­lateralis, aus der Pars infraclavicularis des Plexus brachialis, die gemeinsam die Medianusgabel bil­ den. Nachdem er die Axilla durchtreten hat, läuft der N. medianus ventral des Septum intermuscu­ lare mediale nach distal. Knapp proximal der ­Gelenklinie läuft der Nerv medial und tief zur A. brachia­lis und deren Begleitvenen. Auf Höhe der Gelenk­linie verläuft der Nerv in Extension des Gelenks im Durchschnitt 5,9 mm lateral der medialen Begrenzung der Trochlea humeri und 4,8 mm ventral hierzu (Hackl et al. 2015a). In Beu­ gung wandert der Nerv um 1,3 mm nach medial, unter zusätz­licher Gelenkinsufflation um 2,5 mm auf 3,4 mm lateral der medialen Begrenzung der Trochlea. Der Abstand zur ventralen Begrenzung der Trochlea steigt in 90-Grad-Flexion auf 8,4 mm, mit zusätz­licher Insufflation steigt der Abstand auf 13,4 mm. Der N. medianus durchbricht schließlich den M. pronator teres und zieht von dort nach dis­ tal in den Unterarm. Die Leitmuskeln für den Ver­ lauf in den Unterarm sind die Mm. flexor digito­ rum superficialis und flexor digitorum profundus. Die sensiblen Fasern des N. medianus versorgen den radialen Anteil der Handfläche und die Finger I–III palmar, sowie die speichennahe Hälfte des D IV. k kN. ulnaris

Als dritter wichtiger peripherer Nerv verläuft der N. ulnaris am Ellenbogen vorbei in den Unter­ armund die Hand, um dort kritische sensorische und motorische Funktionen zu ermöglichen. Der N. ulnaris speist die Nervenfasern aus den Seg­ menten C8-Th1 aus dem Fasciculus medialis. Der Nerv verläuft im Sulcus bicipitalis medialis ventral des Septum intermusculare mediale nach distal. Etwa 10–12 cm proximal des medialen Epikon­ dylus durchtritt der N. ulnaris das Septum inter­ musculare brachiale mediale, um dann dorsal des Septums am medialen Rand des M. triceps brachii in den Sulcus nervi ulnaris einzutreten (Contreras et al. 1998). Im Sulcus nervi ulnaris liegt der N. ulna­ris oberflächlich und ist somit mechani­ schen Irritationen ausgesetzt. In tiefer Beugung wird der Nerv im Sulcus etwas gedehnt. Proximal am Durchtritt durch das Septum findet sich häu­ fig die sog. Struthers-Arkade (von Schroeder u. ­Scheker 2003; . Abb. 1.10). Sie stellt eine Verbin­ dung zwischen dem medialen Septum und der Faszie des medialen Trizepskopfs dar, und kann zu einem Kompressionssyndrom des N. ulnaris füh­

1

10

K. Wegmann et al.

1

..Abb. 1.10  Struthers-Arkade (Stern). Links davon sieht man den medialen Trizepskopf

ren. Distal des Sulcus ulnaris drängt der Nerv zwi­ schen den humeralen und den ulnaren Kopf des M. flexor carpi ulnaris. Auf Gelenkhöhe spaltet sich der erste motorische Ast des N. ulnaris ab, der zunächst mit dem Nerv verläuft und dann den M. flexor carpi ulnaris innerviert. Proximal hierzu gibt der N. ulnaris nur sensorische Äste ab. Der ulnare und der humerale Kopf des M. flexor carpi ulnaris werden durch eine bindegewebige Mem­ bran verbunden, die vom medialen Epikondylus zum Olekranon zieht. Diese wird als OsborneArkade bezeichnet (Karatas et al. 2009). Auch hier kann es zu einem Kompressionssyndrom des N. ulnaris kommen, wenn er bei der Passage der Arkade mechanisch irritiert wird. Im Rahmen der Neurolyse des N. ulnaris ist es wichtig, diese potenziellen Kompressionsstellen zu explorieren und zu releasen. Dies gewinnt bei der Transposi­ tion noch zunehmende Bedeutung, da eine Trans­ position des N. ulnaris bei intakten Arkaden zu einem „Kinking“ des Nervens an den jeweiligen Strukturen führt. 1.7

Muskulatur

Die aktive Beweglichkeit im Ellenbogengelenk wird durch die Muskulatur gewährleistet. Der M. brachioradialis, der M. brachialis, der M. ex­

tensor carpi radialis und der M. biceps brachii sind die entscheidenden Flexoren des Ellenbogen­ gelenks. Auf Seiten der Extensoren dominiert der M. triceps brachii, unter Beitrag der Mm. flexor carpi ulnaris und anconeus. Ein Valgusmoment wird durch den M. extensor carpi ulnaris, den M. extensor carpi radialis, den M. extensor digi­ torum communis, und den M. brachioradialis be­ wirkt. Eine Kraft im Sinne einer Varusbelastung wird hingegen vom M. flexor carpi radialis, dem M. flexor digitorum (oberflächlicher und tiefer Anteil) und dem M. flexor carpi ulnaris ausgeübt. Die jeweils kräftigsten Muskeln auf Seiten der ­Flexoren und Extensoren sind der M. brachialis bzw. der M. triceps brachii. Der M. triceps brachii prägt den dorsalen ­Aspekt des Oberarmes. Er wird vom N. radialis innerviert und inseriert mit einer kräftigen Sehne am Olekranon. Die Sehne inseriert nicht aus­ schließlich an der Olekranonspitze, sondern geht flächig in die Unterarmfaszie an der proximalen Ulna über. Auf der radialen Seite geht der M. tri­ ceps brachii über in den M. anconeus. Ulnar schützt er den N. ulnaris. Ist der mediale Trizeps­ kopf hypertroph, oder liegt eine andere Prädispo­ sition vor, kann es zu einem Schnappen des Mus­ kelbauches mit einer Neuritis des N. ulnaris ähn­ lichen Symptomen kommen oder gar mit einer Irritation des N. ulnaris einhergehen. Der M. anconeus verläuft als 3-eckiger Muskel vom Epicondylus lateralis zur dorsolateralen Ulna­kante. Seine Verlaufsrichtung ähnelt somit der des lateralen ulnaren Kollateralbandes. Da er durch Kontraktion die Ulna an den lateralen Epi­ kondylus drängt und somit der Haltefunktion des lateralen ulnaren Kollateralbandes ähnlich ist, wurde der Muskel bereits als „aktives Ligament“ bezeichnet (Molinier et al. 2011). Die konkrete Rolle im Rahmen der Ellenbogenstabilität ist aller­ dings noch nicht geklärt. Im Rahmen der embryo­ nalen Entwicklung tritt der M. anconeus vom ­medialen Trizepskopf nach distal und nimmt von dort auch die Innervation mit. Aufgrund des Ur­ sprungs am Oberarm ist der Ankoneus somit kein „echter“ Unterarmmuskel. Ein Hinweis hierfür ist auch die kräftige Faszie und eine fettgewebige Schicht, die ihn vom direkt anliegenden M. exten­ sor carpi ulnaris trennt und so als „Einflugschnei­ se“ bei operativen Eingriffen am lateralen Ellen­ bogen dient (Kocher-Intervall). Der M. anconeus fungiert vornehmlich als Strecker, jenseits der 80-Grad-Flexion jedoch agiert er als Beuger

11 Anatomie und B ­ iomechanik des E­ llenbogengelenks

(­Pereira 2013). Am ventralen Aspekt des Ober­ armes dominiert optisch der M. biceps brachii. Der 2-köpfige Muskel entspringt am Tuberculum supraglenoidale und dem Processus coracoideus und inseriert in der Fossa cubitalis an der Tube­ rositas radii. Die Innervation erfolgt über den N. musculocutaneus. Funktionell entscheidend ist der M. biceps brachii bei der Supination. Der namentlich mit der Außenrotation des Unter­ armes beauftragte M. supinator spielt hier nur eine unter­geordnete Rolle. Über den Lacertus fibrosus besteht eine Verbindung des M. biceps brachii mit der Unterarmfaszie. Bei der Palpation der distalen Bizepssehne bei Verdacht auf eine strukturelle Schädigung derselben, darf der Lazertus nicht fälschlicherweise für eine intakte Bizepssehne ge­ halten werden. Am lateralen Rand der distalen Bizepssehne verläuft der N. cutaneus antebrachii lateralis, der den funktionellen Endast des N. mus­ culocutaneus darstellt. Den größten Anteil an der Flexionskraft hat der M. brachialis, der tief zum M. biceps brachii läuft und ebenso vom N. muscu­ locutaneus innerviert wird. Er entspringt flächig am Humerusschaft und inseriert an der Tuberosi­ tas ulnae. An seinem lateralen Rand und medial des M. brachioradialis findet sich der N. radialis.

Literatur Ablove RH, Moy OJ, Howard C, Peimer CA, S’Doia S (2006) Ulnar coronoid process anatomy: possible implications for elbow instability. Clin Orthop Relat Res 449:259–261. doi:10.1097/01.blo.0000218729.59838.bc Alolabi B, Studer A, Gray A, Ferreira LM, King GJ, Johnson JA, Athwal GS (2013) Selecting the diameter of a radial head implant: an assessment of local landmarks. J Shoulder Elbow Surg 22 (10):1395–1399. doi:10.1016/j. jse.2013.04.005 An KN, Morrey BF, Chao EY (1986) The effect of partial removal of proximal ulna on elbow constraint. Clin Orthop Relat Res (209):270–279 Buck FM, Zoner CS, Cardoso F, Gheno R, Nico MA, Trudell DJ, Randall TD, Resnick D (2010) Can osseous landmarks in the distal medial humerus be used to identify the attachment sites of ligaments and tendons: paleo­ pathologic-anatomic imaging study in cadavers. ­Skeletal Radiol 39 (9):905–913. doi:10.1007/s00256–009–0799–2 Contreras MG, Warner MA, Charboneau WJ, Cahill DR (1998) Anatomy of the ulnar nerve at the elbow: potential relationship of acute ulnar neuropathy to gender differ­ ences. Clin Anat 11 (6):372–378 Giannicola G, Sedati P, Cinotti G, Bullitta G, Polimanti D (2015) The ulnar greater sigmoid notch „coverage angle“: bone and cartilage contribution. Magnetic resonance imaging anatomic study on 78 elbows.

J Shoulder Elbow Surg 24 (12):1934–1938. doi:10.1016/j. jse.2015.06.006 Green JB, Zelouf DS (2009) Forearm instability. J Hand Surg Am 34 (5):953–961. doi:10.1016/j.jhsa.2009.03.018 Haapaniemi T, Berggren M, Adolfsson L (1999) Complete transection of the median and radial nerves during arthroscopic release of post-traumatic elbow contrac­ ture. Arthroscopy 15 (7):784–787 Hackl M, Lappen S, Burkhart KJ, Leschinger T, Scaal M, Muller LP, Wegmann K (2015a) Elbow positioning and joint insufflation substantially influence median and radial nerve locations. Clin Orthop Relat Res 473 (11):3627–3634. doi:10.1007/s11999–015–4442–3 Hackl M, Lappen S, Burkhart KJ, Neiss WF, Muller LP, ­Wegmann K (2015b) The course of the median and radial nerve across the elbow: an anatomic study. Arch Orthop Trauma Surg 135 (7):979–983. doi:10.1007/ s00402–015–2228–4 Hackl M, Wegmann K, Lappen S, Helf C, Burkhart KJ, Muller LP (2015c) The course of the posterior interosse­ ous nerve in relation to the proximal radius: is there a reliable landmark? Injury 46 (4):687–692. doi:10.1016/j. injury.2015.01.028 Hartzler RU, Llusa-Perez M, Steinmann SP, Morrey BF, Sanchez-Sotelo J (2014) Transverse coronoid fracture: when does it have to be fixed? Clin Orthop Relat Res 472 (7):2068–2074. doi:10.1007/s11999–014–3477–1 Irish SE, Langohr GD, Willing R, King GJ, Johnson JA (2015) Implications of radial head hemiarthroplasty dish depth on radiocapitellar contact mechanics. J Hand Surg Am 40 (4):723–729. doi:10.1016/j.jhsa.2015.01.030 Johnson JA, Beingessner DM, Gordon KD, Dunning CE, Stacpoole RA, King GJ (2005) Kinematics and stability of the fractured and implant-reconstructed radial head. J Shoulder Elbow Surg 14 (1 Suppl S):195S–201S. doi:10.1016/j.jse.2004.09.034 Karatas A, Apaydin N, Uz A, Tubbs R, Loukas M, Gezen F (2009) Regional anatomic structures of the elbow that may potentially compress the ulnar nerve. J Shoulder Elbow Surg 18 (4):627–631. doi:10.1016/j.jse.2009.03.004 Kimball JP, Glowczewskie F, Wright TW (2007) Intraosseous blood supply to the distal humerus. J Hand Surg Am 32 (5):642–646. doi:10.1016/j.jhsa.2007.02.019 Lanting BA, Ferreira LM, Johnson JA, Athwal GS, King GJ (2013) The effect of excision of the radial head and metallic radial head replacement on the tension in the interosseous membrane. The bone & joint journal 95-B (10):1383–1387. doi:10.1302/0301–620X.95B10.31844 Leong NL, Cohen JR, Lord E, Wang JC, McAllister DR, Petrig­ liano FA (2015) Demographic trends and complication rates in arthroscopic elbow surgery. rthroscopy. doi:10.1016/j.arthro.2015.03.036 Molinier F, Laffosse JM, Bouali O, Tricoire JL, Moscovici J (2011) The anconeus, an active lateral ligament of the elbow: new anatomical arguments. Surg Radiol Anat 33 (7):617–621. doi:10.1007/s00276–010–0767–5 Moritomo H, Murase T, Arimitsu S, Oka K, Yoshikawa H, Sugamoto K (2007) The in vivo isometric point of the lateral ligament of the elbow. J Bone Joint Surg Am 89 (9):2011–2017. doi:10.2106/JBJS.F.00868 Morrey BF, Sanchez-Sotelo J (2009) The elbow and its dis­ orders, vol 4th edition. Saunders, Philadelphia

1

12

1

K. Wegmann et al.

Nagamoto H, Yamamoto N, Kurokawa D, Takahashi H, Muraki T, Tanaka M, Koike Y, Sano H, Itoi E (2015) Evalu­ ation of the thickness of the medial ulnar collateral ligament in junior high and high school baseball ­players. J Med Ultrason (2001) 42 (3):395–400. doi:10.1007/s10396–014–0605–1 Nelson GN, Wu T, Galatz LM, Yamaguchi K, Keener JD (2014) Elbow arthroscopy: early complications and associated risk factors. J Shoulder Elbow Surg 23 (2):273–278. doi:10.1016/j.jse.2013.09.026 O’Brien MJ, Savoie FH, 3rd (2014) Arthroscopic and open management of posterolateral rotatory instability of the elbow. Sports Med Arthrosc 22 (3):194–200. doi:10.1097/JSA.0000000000000029 O’Driscoll SW, Bell DF, Morrey BF (1991) Posterolateral rotatory instability of the elbow. J Bone Joint Surg Am 73 (3):440–446 Patel BA (2005) The hominoid proximal radius: re-interpret­ ing locomotor behaviors in early hominins. J Hum Evol 48 (4):415–432. doi:10.1016/j.jhevol.2005.01.001 Pereira BP (2013) Revisiting the anatomy and biomechanics of the anconeus muscle and its role in elbow stability. Ann Anat 195 (4):365–370. doi:10.1016/j. aanat.2012.05.007 Puchwein P, Schildhauer TA, Schoffmann S, Heidari N, ­Windisch G, Pichler W (2012) Three-dimensional ­morphometry of the proximal ulna: a comparison to currently used anatomically preshaped ulna plates. J Shoulder Elbow Surg 21 (8):1018–1023. doi:10.1016/j. jse.2011.07.004 Rahman RK, Levine WN, Ahmad CS (2008) Elbow medial collateral ligament injuries. Curr Rev Musculoskelet Med 1 (3–4):197–204. doi:10.1007/s12178–008–9026–3 Ramirez MA, Stein JA, Murthi AM (2015) Varus posterome­ dial instability. Hand Clin 31 (4):557–563. doi:10.1016/j. hcl.2015.06.005 Sanal HT, Chen L, Haghighi P, Trudell DJ, Resnick DL (2009) Annular ligament of the elbow: MR arthrography appearance with anatomic and histologic correlation. AJR American journal of roentgenology 193 (2):W122– 126. doi:10.2214/AJR.08.1887 Schub DL, Frisch NC, Bachmann KR, Winalski C, Saluan PM (2013) Mapping of cartilage depth in the knee and elbow for use in osteochondral autograft procedures. Am J Sports Med 41 (4):903–907. doi:10.1177/0363546513475343 Terada N, Yamada H, Seki T, Urabe T, Takayama S (2000) The importance of reducing small fractures of the coronoid process in the treatment of unstable elbow dislocation. J Shoulder Elbow Surg 9 (4):344–346. doi:10.1067/ mse.2000.106082 von Schroeder HP, Scheker LR (2003) Redefining the „Ar­ cade of Struthers“. J Hand Surg Am 28 (6):1018–1021 Wegmann K, Müller LP (2012a) Knöcherne Verletzungen des Ellenbogens. Orthop Unfallchir up2date 2012; 7(5): 339–364. doi:10.1055/s-0032-1324852 Wegmann K, Dargel J, Burkhart KJ, Bruggemann GP, Muller LP (2012b) The Essex-Lopresti lesion. strategies in trauma and limb reconstruction 7 (3):131–139. doi:10.1007/s11751–012–0149–0

Wegmann K, Burkhart KJ, Bingoel AS, Ries C, Neiss WF, Muller LP (2014a) Anatomic relations between the lateral collateral ligament and the radial head: implica­ tions for arthroscopic resection of the synovial fold of the elbow. Knee surgery, sports traumatology, ­arthroscopy. doi:10.1007/s00167–014–3091–5 Wegmann K, Burkhart KJ, Koslowsky TC, Koebke J, Neiss WF, Muller LP (2014b) Arterial supply of the distal humerus. Surg Radiol Anat 36 (7):705–711. doi:10.1007/s00276– 013–1240-z Wegmann K, Hain MK, Ries C, Neiss WF, Muller LP, Burkhart KJ (2015) Do the radial head prosthesis components fit with the anatomical structures of the proximal radio­ulnar joint? Surg Radiol Anat 37 (7):743–747. doi:10.1007/s00276–014–1407–2

13

Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie B. Hollinger, R. Nietschke, M. M. Schneider, K. J. Burkhart

2.1 Epicondylitis humeri radialis   – 14 2.2 Synoviale Chondromatose  – 15 2.3 Plicasonderfall mit ulnarem Impingement  – 18 2.4 Ellenbogensteife bei Arthrofibrose/Briden  – 19 2.5 Foramen fossa olecrani  – 19 2.6 Intraartikuläre Schraube am Capitulum humeri  – 23 2.7 Intraartikulärer 3,5-mm-Bio-Composite-SwiveLockAnker  – 25 2.8 Sagittale Abscherfrakturen des Capitulum humeri (Kocher-Lorenz-Fraktur)  – 25 2.9 Osteochondrosis dissecans der Trochlea  – 29 2.10 Radiuskopffraktur  – 31 2.11 Anterior Snapping Elbow  – 35

Literatur  – 37

Sämtliche Abbildungen von Kapitel 2: Mit freundlicher Genehmigung der Arcus Sportklinik, Pforzheim 2018. All Rights Reserved © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_2

2

14

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.1  Intakte gemeinsame Extensorensehne ohne strukturellen Schaden (MRT, koronare T2-Wichtung)

2.1

Epicondylitis humeri radialis

k kDefinition

Bei der Epicondylitis humeri radialis (EHR), häufig auch als Tennisellenbogen bezeichnet, kommt es durch wiederkehrende Mikrotraumata bei Über- bzw. Fehlbelastungen und einem gleichzeitig gestörten Reparationsmechanismus zu Läsionen der gemeinsamen Extensorensehne und dem typischen lateralen Ellenbogenschmerz (Kraushaar u. Nirschl 1999). Mit einer Inzidenz von 6 % zählt diese Erkrankung zu den häufigsten Erkrankungen des Bewegungsapparates. 89 % der Fälle heilen unter konservativer Therapie folgenlos aus, in 4–11 % der Fälle werden allerdings auch chronische Fälle beschrieben, welche häufig eine chi­ rurgische Intervention zur Folge haben (­Karkhanis et al. 2008, Smidt et al. 2006).

..Abb. 2.2  Intratendinöse, partielle Läsion der gemein­ samen Extensorensehne (MRT, koronare T2-Wichtung)

konservativer Therapie kann die MRT struktu­relle Schäden der gemeinsamen Extensorensehne darstellen (. Abb. 2.1, . Abb. 2.2, . Abb. 2.3). In ­Fällen mit leichtgradiger Partialruptur (. Abb. 2.4, . Abb. 2.5) kann der Ansatz der Sehne des M. extensor carpi radialis brevis (ECRB) arthroskopisch debridiert werde. Für höhergradige Läsionen mit begleitender lateraler Instabilität wird zumeist auf das offene Débridement der Extensorensehne mit anschließender Rekonstruktion und gege­ benenfalls auch Plastik des lateralen ulnaren Kollateralbandes (LUCL) zurückgegriffen (. Abb. 2.6, . Abb. 2.7, . Abb. 2.8).

k kFallbeispiele

Die Pathologie wird klinisch diagnostiziert (positiver Cozen- und Maudsley-Test in Kombination mit einem Druckschmerz über dem Epicondylus humeri radialis). Differenzialdiagnosen des lateralen Ellenbogenschmerzes (Insuffizienz des lateralen Seitenbandkomplexes, intraartikuläre Knorpelschäden, Haltungsschäden im Schultergürtel, HWS-Beschwerden etc.) müssen sorgfältig aus­ geschlossen werden. In refraktären Fällen trotz

..Abb. 2.3  Vollständige Ablösung der gemeinsamen ­Extensorensehne (MRT, koronare T2-Wichtung)

15 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.4  Arthroskopische Darstellung eines Partial­ defekts des Ansatzes des M. extensor carpi radialis brevis (ECRB; Sicht von ulnar, * Fossa radialis, + Capitulum ­humeri)

..Abb. 2.5  Arthroskopisches Débridement des An­ satzes des M. extensor carpi radialis brevis (ECRB; Sicht von ulnar)

..Abb. 2.6  Sicht auf die Läsion der gemeinsamen Exten­ sorensehne)

..Abb. 2.7  Offenes Débridement der gemeinsamen Extensorensehne

2.2

..Abb. 2.8  Darstellung nach Rekonstruktion der gemeinsamen Extensorensehne

Synoviale Chondromatose

Die synoviale Chondromatose ist eine seltene Erkrankung der Synovialis großer Gelenke. Es handelt sich um eine knorpelbildende Metaplasie. Die ersten Kasuistiken stammen von Paul Friedrich Reichel, Melvin Starkey Henderson (1918) und Hugh Toland Jones (1924). Die Ursache ist nach wie vor unklar. Pathologisch-anatomisch handelt es sich um eine Metaplasie mesenchymaler Zellen in umschriebene Knorpelareale. Bei Männern kommt das seltene Krankheitsbild etwa doppelt so häufig wie bei Frauen vor, bei Kindern nur vereinzelt. Bei diesem Fallbeispiel handelt es sich um eine 60-jährige Frau mit einer zunehmenden Bewe-

2

16

B. Hollinger et al.

2

a a

b

b ..Abb. 2.9a,b  Synoviale Chondromatose: Röntgen­ befund

..Abb. 2.10a–c  Synoviale Chondromatose: MRT-Befund

c

17 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

a

..Abb. 2.12  Freier Gelenkkörpe

b

c ..Abb. 2.11a–c  Synoviale Chondromatose: Intraoperativer Befund

gungseinschränkung des linken Ellenbogens über die letzten Jahre. Schmerzen seien nur sporadisch vorhanden. Einklemmungen/Blockaden bestünden eher keine. In der letzten Zeit sei der Ellen­ bogen vermehrt geschwollen. Gelegentlich nähme sie ein Knirschen wahr.

Der Bewegungsumfang betrug Flexion/Extension (F/E) 130–10–0 °, Pronation 70 °, Supination 75 °, Seitenbänder stabil, leichtes Knirschen beim Durchbewegen des Ellenbogens unter muskulärer Anspannung, leichte Schwellung über dem dorsolateralen Rezessus. Im Röntgen in 2 Ebenen zeigte sich der in . Abb. 2.9 dargestellte Befund. Das durchgeführte MRT zeigte sehr genau das Ausmaß und die Lage der multiplen Gelenkkörper und ließ so die Diagnose einer Chondromatose sehr gewissenhaft stellen (. Abb. 2.10). Intraoperativ zeigten sich Hunderte von knorpeligen Gelenkkörpern ohne relevante Knorpelschäden an den Gelenkflächen (. Abb. 2.11). Ein Anteil der Gelenkkörper wurde nach der OP auf dem Boden aufgekehrt, nachdem diese mit der Arthroskopieflüssigkeit aus dem Ellenbogen gespült wurden (. Abb. 2.12). Tipp

Das Einbringen einer großlumigen Arbeits­ kanüle erleichtert die Entfernung zahlreicher Gelenkkörper, da ansonsten jeder Einzelne mit der Fasszange herausgenommen werden müsste.

2

2

18

B. Hollinger et al.

2.3

Plicasonderfall mit ulnarem Impingement

k kFallbeispiel

Ein 19-jähriger Patient stellte sich mit einem ­atypischen dorsoradialen Impingement vor. Beim klassischem Impingement kommt es zu einer schmerzhaften Einklemmung der Plica zwischen Radiuskopf und Capitulum. In der klinischen ­Untersuchung kann dieser Schmerz durch Druck im dorsalen Soft-Spot vor allem in Extension und Supination provoziert werden. Die Patienten erkennen dies als typischen Schmerz wieder. Bei diesem Patienten bestand der Druckschmerz ­jedoch nicht über dem Soft-Spot, sondern am ­dorsolateralen ulnohumeralen Gelenkspalt. Korrespondierend fand sich im MRT eine Struktur, die von lateral in den ulnohumeralen Gelenkspalt einschlug (. Abb. 2.13, . Abb. 2.14). Die eigent­ liche Plica stellte sich unauffällig dar (. Abb. 2.15). In der Arthroskopie (ASK) zeigte sich eine hypertrophe Plica, die in den lateralen ulnohumeralen

..Abb. 2.14  Von radial in das Ulnohumeralgelenk ­einklemmende Plica (MRT, koronare T2-Wichtung)

..Abb. 2.13  Von radial in das Ulnohumeralgelenk einklemmende Plica (MRT, axiale T2-Wichtung)

Gelenkspalt einschlug, radial jedoch eher zart war (. Abb. 2.16, . Abb. 2.17, . Abb. 2.18). Weitere Pathologien fanden sich bei der ASK nicht. Nach arthroskopischer Plicaresektion war der Patient beschwerdefrei.

..Abb. 2.15  Darstellung der klassischen dorsoradialen Plica

19 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

2.4

Ellenbogensteife bei Arthrofibrose/Briden

k kDefinition

Ellenbogensteifen sind posttraumatisch und ­postoperativ nicht selten. In aller Regel liegen der Steife selbst keine knöchernen mechanischen ­Blockaden zugrunde, sondern es handelt sich vielmehr um einen Umbauprozess einzelner Hämatom- und Weichteilstränge, die im Verlauf bridenförmig die Beweglichkeit einschränken. Unter Umständen können diese dann sekundär auch eine Verknöcherung und damit eine reelle mechanische Blockierung bewirken. ..Abb. 2.16  Von dorsolateral in das Ulnohumeralgelenk eingeschlagene Plica

k kFallbeispiel

Eine 48-jährige Patientin zog sich im Rahmen ­eines Sturzereignisses eine Ellenbogenluxation mit bilateraler Seitenbandinstabilität zu. Im Verlauf entwickelte die Patientin eine posttrauma­tische ­Ellenbogensteife mit Bewegungsein­schrän­kung, insbesondere in der Extension. In der magnet­ resonanztomografischen Schnittbildgebung sind die Vernarbungen und Verwachsungen porttraumatisch nur schwer erkennbar (. Abb. 2.19, . Abb. 2.20). Erst intraoperativ zeigt sich das Ausmaß der Bridenstränge (. Abb. 2.21, . Abb. 2.23). Nach ­Resektion derselben erreicht der Ellenbogen häufig wieder das physiologische Bewegungsausmaß, sofern auch verkürzte Kapselstrukturen ausreichend debridiert wurden (. Abb. 2.22, . Abb. 2.24). ..Abb. 2.17  Zustand nach Plicaresektion

Tipp

Zur vollständigen arthroskopischen Arthro­ lyse gehört nicht nur die Entfernung sicht­ barer einzelner Bridenstränge, sondern un­ bedingt auch die Entfernung der gesamten ­dorsalen und ventralen Kapselanteile, um eine dauerhafte Bewegungsverbesserung ­erzielen zu können!

2.5

Foramen fossa olecrani

k kDefinition ..Abb. 2.18  Blick von dorsal auf das Humeroradial­ gelenk

Anatomisch betrachtet, besteht die räumliche Trennung der Fossa olecrani zur Fossa coronoidea in einer hauchdünnen knöchernen Wand, welche im überwiegenden Teil der Weltbevölkerung gleichzeitig den Boden beider Fossae darstellt.

2

20

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.19  Sagittaler MRT-Schnitt auf Höhe des ­humeroulnaren Gelenkbereichs mit weichteiliger „Auf­ rauung“ an der Koronoid- und Olekranonspitze (Kreise). Diese Auffälligkeiten zeigen sich später intraoperativ als Bridenstränge)

..Abb. 2.20  T1-gewichtete Weichteilverhältnisse in der Sagittaleben des Humeroulnargelenkes mit den beschriebenen Auffälligkeiten an der Koronoid- und Olekranon­ spitze (Kreise))

..Abb. 2.21  Kleine zottenartige Bridenstränge aus­ gehend von der Olekranonspitze in Richtung der Fossa olecrani im dorsalen Gelenkabschnitt

..Abb. 2.22  Nach Entfernung der dorsalen Briden­ stränge zeigt sich in der Wechselstabtestung bereits von dorsal die bilaterale Seitenbandinstabilität ca. 1,5 Jahre nach initialem Trauma

21 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.23  Posttraumatische Bridenstrangbildung ­ausgehend von der Koronoidspitze zur ventralen Kapsel (arthroskopische Sichtweise über das anterolaterale ­Portal)

..Abb. 2.24  Nach Teilsynovektomie und Entfernung der Briden im ventralen Gelenkkompartiment)

Eine Normvariante, bei der diese „Trennwand“nicht angelegt wurde, ist das Foramen fossa olecrani. Sie bezeichnet weder eine krankhafte noch traumatisch bedingte Veränderung. In anderem Zusammenhang wurde thera­ peutisch von Kashiwagi eine Fensterung der Fossa durch Einbringen eines Bohrlochs beschrieben, insbesondere bei der extremen Bearbeitung der Fossa olecrani im Rahmen einer arthroskopischen Ausräumung und Osteophytenentfernung (Kashiwagi 1985). Damit waren sowohl Arthro­ lysen als auch die Modellierung der Koronoid­ spitze von dorsal möglich.

fie zeigte diese anatomische Abweichung bereits (. Abb. 2.28, . Abb. 2.29, . Abb. 2.30, . Abb. 2.31, . Abb. 2.32). Tipp

Unter Umständen lassen sich bereits ventrale Pathologien mittels dorsalem Zugang über das Foramen adressieren!

k kFallbeispiel

Eine 65-jährige Patientin beklagte rezidivie­ rendeBlockierungsphänomene, endgradige Bewe­ gungs­einschränkungen und belastungsabhängige Schmer­zen über mehrere Monate. Die Diagnostik ergab eine Ellenbogensteife (Flexion/Extension 135–15–0°) auf der Grund­ lageeiner degenerativen Vorschädigung mit freien ­intraartikulären Gelenkkörpern. Es wurde die ­Indikation zur arthroskopischen Arthrolyse mit Bergung der freien Gelenkkörper gestellt. Intraoperativ konnte die Normvariante eines Foramen fossa olecrani bilddokumentatorisch ­sowohl von ventral als auch dorsal bestätigt werden (. Abb. 2.25, . Abb. 2.26, . Abb. 2.27). Die prä­ operativ durchgeführte Magnetresonanztomogra-

..Abb. 2.25  Arthroskopische Sicht auf das Foramen in der Fossa olecrani beim Blick über das hohe posterolate­ rale Arthroskopieportal

2

22

B. Hollinger et al.

2

. Abb. 2.26 dorsal

Ansicht des Foramen fossa olecrani von

. Abb. 2.28 MRT-Darstellung des Foramen fossa olecrani (Pfeil; T2-Wichtung koronar)

. Abb. 2.27 Foramen fossa olecrani von ventral bei Blick über das anterolaterale Arthroskopieportal

. Abb. 2.29 MRT-Darstellung des Foramen fossa olecrani (Pfeil; T1-Wichtung koronar)

23 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.30  MRT-Darstellung des Foramen fossa olecrani (Kreis; T2-Wichtung axial)

..Abb. 2.33  Postoperatives Röntgenbild nach osteo­ synthetischer Versorgung einer distalen Humerusfraktur

..Abb. 2.31  MRT-Darstellung des Foramen fossa olecrani (Kreis; T1-Wichtung axial)

2.6

Intraartikuläre Schraube am Capitulum humeri

k kFallbeispiel

..Abb. 2.32  MRT-Darstellung des Foramen fossa olecrani (Kreis; T2-Wichtung sagittal)

Nach einem häuslichen Sturzereignis hatte sich eine 60-jährige Patientin eine distale Humerusfraktur zugezogen, die auswärts zeitnah osteosynthetisch versorgt wurde (. Abb. 2.33, . Abb. 2.34). Aufgrund einer begleitenden postoperativen/post­ traumatischen Ellenbogensteife und eines durch eine CT-Diagnostik bestätigten intraarti­kulären Schraubenimpingements (. Abb. 2.35) wurde die Indikation zur Ellenbogenarthroskopie mit Ar­ throlysebehandlung und frühzeitiger Materialent­ fernung 9 Monate nach Osteosynthese gestellt. Den intraoperativen Befund zeigen . Abb. 2.36 und . Abb. 2.37.

2

24

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.34  Postoperatives Röntgenbild nach osteosynthetischer Versorgung einer distalen Humerusfraktur. Bereits angedeutetes Schraubenimpingement am Capitulum humeri (Pfeil) ..Abb. 2.35  Bestätigung eines Schraubenimpingementsnach osteosynthetischer Versorgung einer distalen Humerusfraktur (Kreis)

..Abb. 2.36  Intraartikuläres Schraubenimpingement. Bereits nach geringer Synovektomie und Kapsulektomie ist die Schraubenspitze am Capitulum humeri erkennbar (Pfeil)

..Abb. 2.37  Nach vollständiger ventraler Arthrolyse zeigt sich das volle Ausmaß des intraartikulären Schraubenimpingements (Kreis)

25 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.39  Heterotope Ossifikationen nach Ellen­ bogenluxation mit deutlicher Bewegungseinschränkung (Kreis). Nebenbefundlich angeborene Radiuskopfdys­plasie mit ventraler Subluxationsstellung (Pfeil)

..Abb. 2.38  Verlauf des eingebrachten Fadenankers nach Refixation des ulnaren Seitenbandkomplexes (Pfeil)

2.7

Intraartikulärer 3,5-mm-BioComposite-SwiveLock-Anker

k kFallbeispiel

Eine 32-jährige Patientin zog sich nach einem Sturzereignis eine Ellenbogenluxation mit humeralseitiger medialer Abrissverletzung des Kol­ lateralbandkomplexes zu. Vorbekannt war bei der Patientin ein Cubitus valgus des rechten Arms bei ventraler Subluxation einer angeborenen Radiuskopfdysplasie. Mithilfe einer Fiber-Tape-Augmen­ tation wurde die offene ulnare Seitenbandnaht verstärkt. Dabei erfolgte die humerale Fixation mittels eines 3,5-mm-Bio-Composite-SwiveLockAnkers (Fa. Arthrex). Die Patientin entwickelte in der Folge eine ­Ellenbogensteife mit heterotopen Ossifikationen insbesondere an der Olekranonspitze. Im Rönt-

genbild sind diese Verknöcherungen sehr gut zu sehen (. Abb. 2.38, . Abb. 2.39). Auch die ­Richtung des Ankerverlaufs kann anhand des ­anteroposterioren Röntgenbildes verfolgt werden (. Abb. 2.38). Intraoperativ zeigte sich dann, dass das Ende des Bio-Composite-SwiveLock-Ankers im medialen Bereich der Fossa olecrani zu liegen kam (. Abb. 2.40). 2.8

Sagittale Abscherfrakturen des Capitulum humeri (Kocher-Lorenz-Fraktur)

k kDefinition

Frakturen des distalen Humerus werden typischerweise entsprechend der AO (Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen) in Typ A (vollständig extraartikulär), Typ B (partiell intraarti­ kulär) oder Typ C (vollständig intraartikulär) ein­ geteilt und abhängig von der Verletzungsschwere in entsprechende Subtypen untergliedert. Sagittale Abscherfrakturen speziell des Capi­ tulum humeri dagegen können nochmals separat nach Bryan und Morrey in drei Kategorien unterteilt werden. Handelt es sich dabei um ein osteochondrales-schaliges Abscherfragment des Capitulum humeri, spricht man von einer Typ-II-Frak-

2

26

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.40  In der Fossa olecrani liegendes Ende eines Bio-Composite-SwiveLock-Ankers (Pfeil) nach Refixation und Verstärkung mittels „internal bracing“ einer humeralen Abrissverletzung des Seitenbandkomplexes bei stattgehabter Ellenbogenluxation

tur oder einer Kocher-Lorenz-Fraktur. In aller Regel folgt der Unfallmechanismus dabei einer Luxation des Ellenbogens und ist in vielen Fällen mit ligamentären Verletzungen vergesellschaftet. k kFallbeispiel

Eine 42-jährige Patientin war 9 Tage nach einem Sturzereignis mit direktem Anpralltrauma des ­Ellenbogens vorstellig geworden. Bereits im NativRöntgen zeigte sich in der seitlichen Aufnahme ein großes knöchernes Fragment, das im ventralen Gelenkabschnitt zu liegen kommt (. Abb. 2.41, . Abb. 2.42). Die bereits mitgeführte schnittbildgebende Diagnostik (CT und MRT) erbrachte ein sagittales Abscherfragment des Capitulum humeri ventral und eine begleitende ossäre Läsion des Radiuskopfes bei gleichzeitiger Ruptur des lateralen ­Seitenbandkomplexes inklusive Extensorenläsion (. Abb. 2.43, . Abb. 2.44, . Abb. 2.45, . Abb. 2.46, . Abb. 2.47, . Abb. 2.48). Im Rahmen einer arthroskopischen Bestandsaufnahme konnte bereits eine anatomisch regelrechte Reposition des Kocher-Lorenz-Fragmentes erzielt werden (. Abb. 2.49, . Abb. 2.50, . Abb.

..Abb. 2.41  Nativradiologischer Ausgangsbefund mit bereits eindeutigem Hinweis auf eine knöcherne Verletzung am Capitulum humeri (Pfeil)

2.51). Im Rahmen der lateralen Seitenband- und Weichteilrekonstruktion konnte dann das Fragment mithilfe eines Smart-Nails korrekt refixiert werden. Tipp

Eine Refixation des Fragmentes kann unter Umständen unter sorgfältiger Wahl der ­Arbeitsportale auch arthroskopisch erfolgen.

27 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.42  Nativradiologischer Ausgangsbefund mit eindeutiger Fragmentdislokation in die Fossa coronoidea (Pfeil)

..Abb. 2.43  Axialer CT-Schnitt mit dem Fragment (Pfeil) im Bereich der Fossa coronoidea

..Abb. 2.44  Sagittaler CT-Schnitt mit dem KocherLorenz-Fragment in der Fossa coronoidea (Kreis)

..Abb. 2.45  Defektbereich des Fragmentes am ven­ tralen Capitulum humeri im CT (Pfeil)

2

28

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.46  MRT-Darstellung des Defektes am Capitulum humeri (Kreis)

..Abb. 2.47  Sagittaler MRT-Schnitt (T2-Wichtung) mit dem Kocher-Lorenz-Fragment in der Fossa coronoidea (Kreis)

..Abb. 2.48  Defektbereich des Fragmentes am ventralen Capitulum humeri im MRT (Pfeil)

..Abb. 2.49  Intraoperative Darstellung des Defektes am Capitulum humeri (Pfeil)

29 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.50  Kocher-Lorenz-Fragmentbergung mittels Shaver und Wechselstab

2.9

Osteochondrosis dissecans der Trochlea

k kDefinition

Die Osteochondrosis dissecans (OD) entspricht einer abgegrenzten Läsion des subchondralen Knochens mit Beteiligung des darüber liegenden Knorpels. Die OD des Ellenbogens macht die Mehrzahl der Fälle von Ellenbogenbeschwerden ohne erinnerliches Trauma beim Patienten unter 18 Jahren aus. In über 90% der Fälle ist das Capitulum humeri betroffen, eine Beteiligung der Trochlea ist hingegen selten (Churchill et al. 2016). Anhand des MRT lässt sich die OD in 4 Stadien einteilen (. Tab. 2.1).

..Abb. 2.51  Arthroskopische Einpassung des Abscherfragmentes unter Zuhilfenahme eines weiteren antero­ lateralen Portals (Pfeil)

k kFallbeispiel

Ein 15-jähriger Schüler stellte sich wegen einer schmerzhaften Belastungseinschränkung des dominanten rechten Ellenbogens vor. Klinisch fiel das typische „Krachen“ bei Bewegung des Ellenbogens unter muskulärer Anspannung auf. Im MRT imponierte eine OD IIA, welche zunächst konservativ therapiert wurde (. Abb. 2.52, . Abb. 2.53). Aufgrund der ausbleibenden Besserung erfolgte die Ellenbogenarthroskopie mit Darstellung der OD (. Abb. 2.54) und anschließender Mikro­fraktu­ rierung (. Abb. 2.55). Im MRT 6 Monate postoperativ zeigte sich eine Harmonisierung des Befundes (. Abb. 2.56, . Abb. 2.57), die sich auch klinisch in einer deutlichen Beschwerdebesserung äußerte.

..Tab. 2.1  Osteochondrosis dissecans. (Nach DiPaola et al. 1991) Klassifikation

Evaluation

Befund

Grad I

Frühstadium

Verdickung des Knorpels ohne Kontinuitätsunterbrechung

Grad IIA

Stabil

Knorpel aufgebrochen mit hypodensem Signal (T2) hinter dem Fragment

Grad IIB

Instabil

Inkomplette Ablösung des Fragmentes

Grad III

Instabil

Komplett freies, aber undisloziertes Fragment

Grad IV

Endstadium

Komplette Ablösung mit Dislokation des Fragmentes

2

30

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.52  Osteochondrosis-dissecans-Herd der Trochlea mit hypodensem Signal hinter dem Fragment (MRT, ­koronare T2-Wichtung)

..Abb. 2.53  Darstellung der Osteochondrosis dissecans der Trochlea (MRT, sagittale T1-Wichtung)

..Abb. 2.54  Arthroskopische Sicht auf die Osteochon­ drosis-dissecans-Läsion

..Abb. 2.55  Mikrofrakturierung des Osteochondrosisdissecans-Herdes

31 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.56  Darstellung 6 Monate nach Mikrofraktu­ rierung der Osteochondrosis dissecans (MRT, koronare T2-Wichtung)

2.10

Radiuskopffraktur

k kDefinition

Frakturen des Radiuskopfes zählen epidemiologisch betrachtet mit 1/3 aller Ellenbogenfrakturen und 5 % aller Frakturen überhaupt zu den häu­ figsten Brüchen am Ellenbogengelenk. Aufgrund Sturzereignissen mit überwiegend gestrecktem und leicht proniertem Ellenbogengelenk kommt es durch vermehrten Valgusstress und einer axialen Komponente zum Bruch des Radiuskopfes. Nicht selten werden Luxationen in der Unfall­ sekunde beobachtet, weshalb gehäuft eine ligamentäre Begleitverletzung gefunden werden kann. Die Klassifikation der Radiuskopffrakturen auf der Basis der ossären Betrachtungsweise etablierte Mason mit den Typen I–III (Mason 1954). Eine Erweiterung um einen Typ IV erfolgte später durch Johnston (. Tab. 2.2, Johnston 1962). k kFallbeispiel

Ein 47-jähriger Patient zog sich im Rahmen eines häuslichen Sturzereignisses mit Abstützung am ­linken Arm eine Radiuskopffraktur zu (. Abb. 2.58, . Abb. 2.59, . Abb. 2.60). Durch eine CT- und MRT-Untersuchung konnte neben einer 3-partFraktur eine Stufenbildung von >2 mm gemessen

..Abb. 2.57  Darstellung 6 Monate nach Mikrofraktu­ rierung der Osteochondrosis dissecans (MRT, sagittale T1-Wichtung)

..Tab. 2.2  Einteilung der Radiuskopffrakturen nach Mason, modifiziert durch Johnston Klassifikation

Merkmale

Typ I

Nicht oder gering dislozierte 2-partFrakturen (2 mm)

Typ III

Mehrfragmentfrakturen

Typ IV

Luxationsfrakturen

werden, sodass sich nach der Mason-Klassifika­ tion eine Typ-III-Verletzung ergab (. Abb. 2.61, . Abb. 2.62, . Abb. 2.63, . Abb. 2.64, . Abb. 2.65, . Abb. 2.66, . Abb. 2.67). Es bestand die Indikation zur operativen Reposition und Refixation. Mithilfe einer Ellenbogenarthroskopie konnte der Ausschluss weiterer weichteiliger Pathologien erbracht und die Fraktur arthroskopisch reponiert und mittels 2 BioSmart-Nails osteosynthetisch stabilisiert werden (. Abb. 2.68). In der postoperativen Röntgen­ kontrolle zeigte sich eine anatomische Stellung der ehemaligen Fraktur (. Abb. 2.69, . Abb. 2.70).

2

32

B. Hollinger et al.

Der Patient selbst konnte sich bis zur 6-WochenKontrolle eine vollständige Beweglichkeit und Schmerzfreiheit erarbeiten.

2

Tipp

Eine Refixation des Fragmentes kann unter Umständen unter sorgfältiger Wahl der ­Arbeitsportale auch arthroskopisch erfolgen. Im Rahmen der arthroskopischen Frakturversorgung ist unter Umständen die Anlage zusätzlicher Arthroskopieportale (z. B. anterolateral) notwendig, um die Fraktur anatomisch korrekt reponieren und Schrauben oder Pins orthograd dazu einbringen zu können.

..Abb. 2.58  Präoperative Ausgangssituation mit sichtbarer Dislokation in der a.-p.-Röntgenaufnahme (Pfeil)

..Abb. 2.59  Präoperative Ausgangssituation mit sichtbaren Dislokationszeichen in der seitlichen Röntgenaufnahme (Pfeil)

..Abb. 2.60  Präoperative Radiuskopfzielaufnahme der Mason-III-Fraktur (Pfeil)

33 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.62  Impressionsartige Erscheinung des Fragmentes mit eindeutiger Stufenbildung (sagittaler CTSchnitt) präoperativ (Kreis)

..Abb. 2.61  Eindeutige Stufenbildung im Bereich des Radiuskopfes in der a.-p.-Darstellung der CT-Diagnostik (Kreis)

..Abb. 2.63  3D-CT-Rekonstruktion zur besseren Darstellung der Mason-III-Fraktur (Pfeil)

..Abb. 2.64  Koronare T2-gewichtete MRT-Aufnahme mit eindeutiger Frakturdislokation und Stufenbildung am Radiuskopf (Kreis)

2

34

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.65  Koronare T1-gewichtete MRT-Aufnahme mit eindeutiger Frakturdislokation und Stufenbildung am Radiuskopf (Kreis)

..Abb. 2.67  Sagittale T1-gewichtete MRT-Aufnahme mit eindeutiger Frakturdislokation und Stufenbildung am Radiuskopf (Pfeil)

..Abb. 2.66  Axiale T2-gewichtete MRT-Aufnahme mit Darstellung der 3-part-Fraktur (Pfeil)

..Abb. 2.68  Intraoperative Darstellung der Fraktur vor Reposition

35 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

2.11

Anterior Snapping Elbow

k kDefinition

Der „anterior snapping elbow“ beschreibt ein schmerzhaftes Schnappen im Bereich des lateralen Ellenbogens, welche meist bei Flexion in Prona­ tion auftritt. Dabei handelt es sich um einen Konflikt zwischen meist hypertrophem Ligamentum anulare und dem Radiuskopf, der ein Schnappen bzw. Klicken und teilweise auch Blockaden aus­ lösen kann (Aoki et al. 2003). Häufig wird von ­einer Plica als Auslöser des Schnappens gesprochen, dabei handelt es sich unserer Meinung nach allerdings stets um ein einklemmendes Ligamentum anulare. k kFallbeispiel

..Abb. 2.69  Postoperative a.-p.-Röntgendarstellung der ehemaligen Fraktur nach arthroskopischer Frakturversorgung mittels Bio-Smart-Nails

..Abb. 2.70  Postoperativ seitliche Röntgendarstellung der ehemaligen Fraktur nach arthroskopischer Frakturversorgung mittels Bio-Smart-Nails

Ein 25-jähriger Kraftsportler stellte sich wegen seit 6 Monaten bestehenden Belastungsschmerzen des dominanten Ellenbogens ohne erinner­ liches Trauma vor. Klinisch zeigte sich ein stabiles Ellen­bogengelenk mit einem lateral spürbaren Schnappen bei Pro- und Supination. Magnetresonanztomografisch imponierte ein einklemmendes Ligamentum anulare (. Abb. 2.71, . Abb. 2.72, . Abb. 2.73). Es erfolgte die arthroskopische Resektion des hypertrophen Ligamentum anulare (. Abb. 2.74, . Abb. 2.75, . Abb. 2.76). Postoperativ sistierten sowohl die Schmerzen als auch das Schnappen.

..Abb. 2.71  Das Ligamentum anulare ragt über den Rand des Radiuskopfes in die Gelenkfläche hinein (MRT, sagittale T2-Wichtung)

2

36

B. Hollinger et al.

2

..Abb. 2.72  Impingierendes und hypertrophes Ligamentum anulare (MRT, sagittale T2-Wichtung)

..Abb. 2.73  Narbige und hypertrophe Veränderung des Ligamentum anulare (MRT, axiale T2-Wichtung)

..Abb. 2.74  Arthroskopische Darstellung des hypertrophen Ligamentum anulare (Sicht von ulnar)

..Abb. 2.75  Vorsichtige Resektion der hypertrophen Anteile des Ligamentum anulare (Sicht von ulnar)

37 Bildgebende Diagnostik versus Arthroskopie

..Abb. 2.76  Darstellung nach Resektion der Hypertrophie (Sicht von ulnar)

Literatur Aoki M, Okamura K, Yamash*ta T (2003) Snapping annular ligament of the elbow joint in the throwing arms of young brothers. Arthroscopy. 19(8): E4–7 Churchill RW, Munoz J, Ahmad CS (2016) Osteochondritis dissecans of the elbow. Curr Rev Musculoskelet Med 9(2): 232–239 DiPaola JD, Nelson DW, Colville MR (1991) Characterizing osteochondral lesions by magnetic resonance imaging. Arthroscopy 7(1): 101–104 Johnston GW (1962) A follow-up of one hundred cases of fracture of the head of the radius with a review of the literature. Ulster Med 31: 51–56 Josten C, Lill H (2002) Ellenbogenverletzungen – Biomechanik, Diagnose, Therapie. Steinkopff, Heidelberg Karkhanis S, Frost A, Maffulli N (2008) Operative management of tennis elbow: a quantitative review. Br Med Bull 88(1): 171–188 Kashiwagi D (ed) (1985) Osteoarthritis of the elbow joint. Intra-articular changes and the special operative ­procedure, Outerbridge-Kashiwagi method. Elsevier Science, Amsterdam, NL Kraushaar BS, Nirschl RP (1999) Tendinosis of the elbow (tennis elbow). Clinical features and findings of histological, immunohistochemical, and electron microscopy studies. J Bone Joint Surg Am 81(2): 259–278 Mason ML (1954) Some observations on fractures of the head of the radius with a review of one hundred cases. Br J Surg 42(172): 123–132 Smidt N, Lewis M, DA VDW, Hay EM, Bouter LM, Croft P (2006) Lateral epicondylitis in general practice: course and prognostic indicators of outcome. J Rheumatol 33(10): 2053–2059

2

39

Dokumentation einer ­Ellenbogenarthroskopie A. Ellwein, H. Lill, A. Lenich

3.1

Checkliste  – 40

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_3

3

40

A. Ellwein et al.

3.1

Checkliste

Die arthroskopische Diagnostik am Ellenbogen ist anhand der Checkliste des diagnostischen Rundgangs am Ellenbogen dargestellt (. Abb. 3.1).

3

..Abb. 3.1  Checkliste diagnostischer Rundgang Ellen­ bogen. Ext Extension, Flex Flexion, Pro Pronation, Sup Supi­ nation, CM Chondromalazie, MCL mediales Kollateral­

band, LCL laterales Kollateralband, PLRI posterolaterale Rotationsinstabilität

41 Dokumentation einer ­Ellenbogenarthroskopie

..Abb. 3.1 (Fortsetzung)

3

42

A. Ellwein et al.

k kInstabilitätsdiagnostik

Die für die Instabilitätsdiagnostik zu testenden Bandstrukturen sind in . Tab. 3.1 aufgeführt.

..Tab. 3.1  Instabilitätsdiagnostik – zu testende Bandstrukturen

3

Gelenk

Verletzte Bandstruktur

Humeroulnar (Grad 1)

Laterales ulnares kollaterales Ligament (LUCL)

Humeroulnar (Grad 2)

LUCL + mediales ulnares kollaterales Ligament (MCL)

Humeroradial

Laterales kollaterales Ligament (LCL)

Radioulnar

Ligamentum anulare

43

Lagerung und arthro­ skopische Zugangswege L. Lacheta, S. Siebenlist

4.1

Anästhesie  – 44

4.1.1

Lagerung   – 44

4.2

Arthroskopieportale  – 45

4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6

Anterolaterales Portal  – 47 Anteromediales Portal  – 48 Posterozentrales Portal  – 49 Hohes posterolaterales Portal  – 50 Tiefes posterolaterales Portal („Soft-Spot“)  – 50 Akzessorische Portale  – 51

Literatur  – 53

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_4

4

4

44

L. Lacheta und S. Siebenlist

4.1

Anästhesie

Bewährt hat sich die Allgemeinanästhesie, da sie sowohl für den Patienten als auch für den ­Operateur komfortabler ist als eine Plexus- oder ­Regionalanästhesie. Prinzipiell ist die Ellenbogen­ arthroskopie aber auch am wachen Patienten durchführbar. Durch die Vollnarkose lässt sich eine ­optimale Relaxation erreichen und erlaubt direkt postoperativ die Prüfung des neurologischen Status. In Abhängigkeit von der Indikation (z. B. bei Arthrolysen) ist die Vollnarkose kom­biniert mit einem regionalen Verfahren (inter­skalenärer oder infraklavikulärer Katheter) empfehlenswert. 4.1.1

Lagerung

Vor Beginn der Lagerung sollte durch den Operateur immer eine Narkoseuntersuchung des Ellenbogengelenkes im Seitenvergleich erfolgen (O’Driscoll et al. 2005). Die Prüfung des Bewegungsumfanges sowie der Bandstabilität wird dabei mit dem Vorbefund am wachen Patienten reevaluiert. Die Lagerung des Patienten muss dem Operateur den sicheren Zugang zu allen Gelenkkompartimenten ermöglichen und eine stabile Positionierung gewährleisten. Zudem muss das Gelenk für Extension und Flexion sowie für Pro- und Supination frei beweglich gelagert sein. Prinzipiell kann der Patient in Seitenlage, Bauchlage oder in Rückenlage gelagert werden.

Seitenlagerung Im eigenen Vorgehen wird die Seitenlagerung auf der gesunden Gegenseite in einer Vakuum­ ..Abb. 4.1 Seitenlagerung mit Hilfe der Vakuummatratze

matratze favorisiert (. Abb. 4.1). Das Becken und der Thorax sind auf der Vakuummatratze sicher fixiert – zwischen die Beine werden weiche Gelmatten eingelegt. Auf eine gute Unterpolsterung der aufliegenden Schulter und des Kopfes sowie auf eine achsgerechte Lagerung der Halswirbelsäule muss strengstens geachtet werden. Mit Hilfe eines hydraulischen Armhalters wird der zu operierende Arm auf einer Haltungsschale stabil gelagert. Das 90-Grad-flektierte Ellenbogengelenk muss allseitig frei zugänglich und in vollem Bewegungsumfang beweglich sein (. Abb. 4.2). Nach Präferenz des Operateurs wird am Oberarm eine mit Watte unterpolsterte Blutsperre angelegt. Die Seitenlagerung erlaubt dem Operateur ­optimale Arbeitsbedingungen für die ventralen und dorsalen Gelenkkompartimente. Allerdings ist gerade für den arthroskopischen Beginner die umgekehrte Anatomie nachteilig und erfordert Gewöhnung. Durch Hinzunahme eines mobilen, sterilen Beistelltisches kann einfach auf ein offenes Vorgehen konvertiert werden (. Abb. 4.3). Im Vergleich zu anderen Lagerungen ist die Seitenlagerung zeitlich aufwendiger, bietet dafür aber sehr gute Möglichkeiten für das Wechseln auf ein offenes Vorgehen.

Bauchlagerung Die Bauchlagerung bietet dem Operateur die gleichen Vorteile hinsichtlich Zugangs- und Arbeitsmöglichkeiten wie die Seitenlagerung. Der Oberarm des Patienten wird bei 90-Grad-abduziertem Schultergelenk auf einer seitlich am Operationstisch befestigten Armstütze ausgelagert. Hierbei ist auf eine gute Polsterung der Oberarmvorderseite zu achten. Außerdem ist es ratsam, den Oberarm auf der Stütze z. B. mit einem Pflaster oder

45 Lagerung und arthro­skopische Zugangswege

a

..Abb. 4.3  Seitenlagerung: Umlagerung des zu ope­ rierenden Armes auf einem sterilen Beistelltisch für einen ­offenen lateralen Zugang

b

..Abb. 4.2a, b  a Der zu operierende Arm ist auf dem hydraulischen Armhalter in einer Halteschale gelagert. b Vor dem Desinfizieren wird der Arm mit einer Folie ­abgedeckt, um das Unterlaufen der Desinfektionsflüssigkeit unter die Blutsperre zu verhindern

Tape zu sichern, um ein seitliches Wegrutschen zu vermeiden. Die Umlagerung des anästhesierten Patienten in die Bauchlage, das unbequeme Liegen für den Patienten bei Regionalanästhesien und die erschwerten Narkosebedingungen sind nachteilig gegenüber der Seitenlagerung. Beim intubierten Patienten ist die Unterpolsterung von Brust und Becken obligat für eine suffiziente Beatmung.

Rückenlagerung Der zu operierende Arm wird bei 90-Grad-gebeugtem Ellenbogengelenk an einem Galgen oder mit Hilfe eines hydraulischen Armhalters „aufgehängt“. Diese Lagerungsart ist technisch einfach und bietet sehr gute Zugangsmöglichkeiten insbesondere der ventralen Gelenkkompartimente, erfordert aber eine stabile Fixation des hängenden Ar-

mes (durch einen Assistenten). Durch die hängende Position des Armes ist der Bewegungsumfang eingeschränkt und der dorsale Zugang erschwert. Der weniger erfahrene Arthroskopeur profitiert in Rückenlagerung von der gewohnten, anatomischen Orientierung. Der Wechsel auf ein offenes Vorgehen ist insbesondere für den dorsalen Gelenkbereich jedoch nur bedingt möglich. Vor Abschluss der Lagerung (unabhängig von der Lagerungsart) sollte der Operateur das Arbeiten mit den Arthroskopieinstrumenten durch die verschiedenen Portale (insbesondere ventralseitig bei Seiten- bzw. Bauchlagerung!) ­simulieren, um eine mögliche Beeinträchtigung des Arbeitsfeldes zu erkennen. Bei einer Einschränkung muss die Lagerung gegebenenfalls modifiziert werden. 4.2

Arthroskopieportale

Vor jeder Ellenbogenarthroskopie empfiehlt es sich nach erfolgter Lagerung, Desinfektion und Abdeckung, die wichtigsten anatomischen Landmarken, gefährdete Strukturen und die Portale anzuzeichnen. Die Standardportale und relevante anatomische Strukturen sind in . Tab. 4.1 zusammengefasst. Der Monitor bzw. Arthroskopieturm wird gegenüber des zu operierenden Ellenbogens posi­ tioniert (. Abb. 4.4). Standardmäßig wird eine

4

46

L. Lacheta und S. Siebenlist

..Tab. 4.1 Arthroskopieportale

4

Portal

Lage

Gefährdete Strukturen

Tipps & Tricks

Anterolateral

2 cm ventral und proximal des Epicondylus humeri lateralis

N. radialis, N. cutaneus antebrachii posterior

– Nur Hautinzision – Stumpfe Präparation auf die Kapsel – Scharfe Perforation der Kapsel

Anteromedial

2 cm ventral und proximal des Epicondylus humeri medialis

N. medianus, N. cutaneus antebrachii medialis

Inside-out-Shuttlemanöver

Posterozentral

2–3 cm zentral und proximal der Olekranonspitze, transtendinös

Bei Verlagerung nach ventral: Cave: N. ulnaris

– Mit Stichskalpell bis durch alle Gewebsschichten in die Fossa olecrani – ggf. ulnare Verlagerung zur besseren Erreichbarkeit des Recessus ulnaris

Hoch posterolateral

1–2 cm proximal der Olekranonspitze, lateraler Trizepssehnenrand

N. cutaneus antebrachii posterior

– Mit Stichskalpell bis durch alle Gewebsschichten – Trokareinführung über Wechsel­stab

Tief posterolateral („Soft Spot“)

Dreieck zwischen Radiusköpfchen, Olekranon­ spitze und Epicondylus humeri lateralis

N. cutaneus antebrachii posterior

ggf. Kameraportal zur besseren Einsicht radiokapitellar und ulnohumeral

..Abb. 4.4  Set-up der Ellenbogen­ arthroskopie

47 Lagerung und arthro­skopische Zugangswege

N. medianus N. ulnaris

N. radialis

Trokar

..Abb. 4.5  Auffüllen des Gelenkes vor der ersten Portalanlage über das „Soft-Spot-Portal“

..Abb. 4.6  Anterolaterales Portal

4,0-mm-Optik verwendet, der Pumpendruck beträgt 40  mmHg. Der Operateur sollte vor Beginn der Arthroskopie die Vollständigkeit des Arbeitsinstrumentariums kontrollieren (s. Übersicht).

Bei korrekter intraartikulärer Lage der Kanüle kommt es während der Infiltration zu einer ­„U-förmigen“ Vorwölbung um das Olekranon und bei größerem Kapselvolumen zu einer sichtbaren Extension (ca. 10–20°) im Ellenbogengelenk. Läuft nach Abziehen der Spritze von der Kanüle die Flüssigkeit im Strahl zurück, ist die artikuläre Füllung bestätigt.

Instrumentenset 55 Instrument 55 Markierungsstift 55 Punktionskanüle 55 20-ml-Spritze 55 Klemmchen 55 Schere 55 Fasszange/Rangeur 55 Tasthaken 55 Wechselstab, ggf. Wechseltrokar 55 Retraktoren 55 Shaver (Weichteilansatz/ggf. Bonecutter) 55 Diathermie 55 Inflow-Kanüle 55 Arbeitskanüle (z. B. Chrystal) 55 Mikrofrakturierungs-Ahlen 55 Küretten 55 Meißel/Osteotom 55 Optional: 2,7-mm-Optik für kleine ­Gelenke

Es gilt der Grundsatz, das Gelenk vor der ersten Portalanlage mit Spülflüssigkeit zu füllen, um eine Distension der Gelenkkapsel zu erreichen. Auf diese Weise werden die neurovaskulären Strukturen weitmöglichst vom Gelenk abgedrängt (Unlu et al. 2006). Die Gelenkfüllung kann über den „Soft-Spot“ (7 Abschn. 4.2.5) oder wahlweise auch transtrizipital erfolgen (. Abb. 4.5).

4.2.1

Anterolaterales Portal

Das anterolaterale Portal befindet sich 1–2 cm ventral und 2 cm proximal vom Epicondylus ­humeri lateralis und kommt zwischen Radiuskopf und dem ventralen Anteil des Kapitulums zu liegen (. Abb. 4.6). Um die umgebenden neurovaskulären Strukturen zu schützen, empfiehlt es sich, lediglich die Haut mit einem Stichskalpell zu inzidieren und anschließend stumpf (z. B. mit einem Klemmchen oder einer Schere) auf die Gelenkkapsel zu präparieren. Wird die Kapsel anschließend mit dem Trokar perforiert (Zielrichtung auf den Processus coronoideus) ist typischerweise ein Widerstandsverlust spürbar. Das anterolaterale Portal ermöglicht die Einsicht des Processus coronoideus, der Fossa coronoidea, der Trochlea humeri, der medialen Kapsel­ anteile sowie des Radiuskopfes und der ventralen Anteile des proximalen Radioulnargelenkes. Eine Abweichung der Portalanlage sollte unter Berücksichtigung der engen Lagebeziehungen von N. radialis und N. cutaneus antebrachii posterior möglichst vermieden werden. Insbesondere bei einer weiter distalen Portalanlage verringert sich der

4

48

L. Lacheta und S. Siebenlist

4

..Abb. 4.7  Anteromediales Portal

Abstand zum N. radialis erheblich (Claessen et al. 2016). Im eigenen Vorgehen wird das anterolaterale Portal als primäres Portal zur Anlage einer Inflow-Kanüle genutzt. Bei korrekter, intraartikulärer Lage entleert sich die zuvor über den „SoftSpot“ inji*zierte Spülflüssigkeit. 4.2.2

Anteromediales Portal

Dieses Standardportal befindet sich etwa 1–2 cm ventral und 2 cm proximal vom Epicondylus humeri medialis und dient sowohl als Optik- als auch als Arbeitsportal (. Abb. 4.7). Unter Berücksichtigung der nervalen Strukturen kann je nach Indikation die Lokalisation variiert werden. Wichtig ist hierbei die Lage des N. cutaneus antebrachii medialis und des N. medianus. Vor Portalanlage ist in jedem Fall der Verlauf des N. ulnaris zu ­palpieren, um eine mögliche Subluxation nach ­anterior auszuschließen. Bei bereits stattgehabter, anteriorer Transposition muss der Nerv offen dargestellt und weggehalten werden, um das Portal gefahrlos anlegen zu können. Für das Arbeiten im ventralen Gelenkkompartiment können Arbeitskanülen hilfreich sein, um einen sicheren Wechsel der Arbeitsinstrumente zu gewährleisten. Über das anteromediale Portal können der ­Radiuskopf, das Capitulum humeri, die Trochlea humeri, der Processus coronoideus, und die antero­ lateralen Kapselanteile mit dem Ligamentum anulare beurteilt werden.

..Abb. 4.8  Anteromediale Portalanlage in Outside-inTechnik: Sondierung der Portallage mit einer Kanüle zur Bestimmung des Arbeitswinkels. FGK freier Gelenkkörper; T Trochlea humeri

Zur anteromedialen Portalanlage werden 2 Techniken unterschieden: 55Outside-in-Technik: Die Optik wird zur ­Darstellung der anteromedialen Kapsel ausgerichtet. Von außen wird dann mit einer ­Kanüle in Richtung Ellenbogenzentrum ­sondiert. Nach der Hautinzision erfolgt die stumpfe Präparation und Trokareinführung analog zur Anlage des anterolateralen Portals. Vorteil dieser Technik ist die gute ­Beurteilbarkeit der Portallage sowie die ­genaue Bestimmung des Instrumenten-­ Arbeitswinkel (. Abb. 4.8). 55Inside-out-Technik: Der Optiktrokar wird ganz bis an die anteromedialen Gelenkapsel (späterer Portaleintritt) herangeführt. Dann wird die Optik durch einen Wechselstab ersetzt und damit die mediale Gelenkkapsel durchstoßen und bis zur Subkutis vorgeschoben. Von außen erfolgt im Bereich des sich durchbohrenden Wechselstabes die Hautinzision und der Wechselstab und der Trokar werden nach medial durchgeschoben (. Abb. 4.9). Über den Wechselstab kann nun der ­Optiktrokar nach medial umgesetzt werden. Im Anschluss kann der Wechselstab durch ein beliebiges Instrument (z. B. Shaver) über den Trokar in Shuttle-Technik in das Gelenk eingeführt werden. Der Trokar sollte dabei idealerweise in 90° senkrecht zur Humerusschaftachse liegen.

49 Lagerung und arthro­skopische Zugangswege

..Abb. 4.9  Anteromediale Portalanlage in Inside-outTechnik: Der Trokar wird mit Hilfe des Wechselstabes von lateral nach medial „geshuttelt“. Über den zweiten Trokar mit angeschlossenem Wasserschlauch (hohes postero­ laterales Portal) wird der Inflow zur Gelenkdistension während des Shuttle-Manövers kontinuierlich aufrecht­ erhalten

4.2.3

..Abb. 4.10  Posteriore Portale: Posterozentrales Portal (A), hohes posterolaterales Portal (B) und tiefes posterolaterales Portal (Soft-Spot; C)

Posterozentrales Portal

Das posterozentrale Portal (Synonym: superoposteriores oder auch transtrizipitales Portal) wird ca. 3–4 cm proximal der Olekranonspitze zentral durch die Sehne des M. tricpes brachii angelegt (. Abb. 4.10). Nach vorheriger Sondierung in Richtung Fossa olecrani, wird das Stichskalpell unter arthroskopischer Kontrolle bis in die Fossa eingeführt. Das transtrizipitale Portal dient als primäres Arbeitsportal für den dorsalen Gelenkraum. Insbesondere zur Abtragung von posteromedialen Osteophyten des Olekranons ist es nicht selten erforderlich, das Portal weiter medial anzulegen, um den ulnaren Rezessus vollständig zu erreichen. In diesen Fällen sollte der N. ulnaris über eine Miniinzision weggehalten werden, um sicher arbeiten zu können (. Abb. 4.11). In speziellen Fällen kann das posterozentrale Portal auch als Kameraportal genutzt werden, um die dorsalen Gelenkanteile wie Olekranon, Fossa olecrani und ulnarer Rezessus optimal einsehen zu können.

..Abb. 4.11  Sehr enge Lagebeziehung des N. ulnaris (gelber Balken) zu dem nach medial verlagerten transtrizipitalen Portal (weißer Pfeil)

4

50

L. Lacheta und S. Siebenlist

4

a

b

..Abb. 4.12a, b  a Ulnarer Rezessus: Posteromediale Gelenkkapsel (G), dorsale Trochlea humeri (T). b Einsicht in das sog. „Dreiländereck“ zwischen Humeroulnargelenk

4.2.4

Hohes posterolaterales Portal

Etwa 1–2 cm proximal der Olekranonspitze befindet sich das hohe posterolaterale Portal unmittelbar am lateralen Rand der Trizepssehne. Mittels Stickskalpell wird das Portal durch alle Gewebsschichten in Längsfaserrichtung zum Sehnenverlauf direkt bis in die Fossa olecrani angelegt (. Abb. 4.10). Der Wechselstab wird bis zum sicheren Knochenkontakt in der Fossa olecrani stumpf eingebracht. Mögliche Adhäsionen können hierbei bereits durch stumpfes Verschieben gelöst und dadurch das Kapselvolumen vergrößert werden. Anschließend wird der Trokar über den Wechselstab eingeführt. Bei der Perforation der Gelenkkapsel ist ein Widerstandverlust spürbar und nicht selten ein „Knacken“ zu hören. Ferner kann bei bereits angeschlossener Spülflüssigkeit der Austritt von Wasser beobachtet werden. Bei gesicherter, intraartikulärer Lage erfolgt das Einführen der Optik. Über das hohe posterolaterale Portal können die Olekranonspitze, die Fossa olecrani sowie die kollateralen Recessi medial und lateral beurteilt werden (. Abb. 4.11). Wird die Optik über den lateralen Rezessus entlang der lateralen Olekranonkante nach distal geführt, sind das dorsale Capitulum humeri, der dorsale Ra­ diuskopf und das Humeroulnargelenk einsehbar (. Abb. 4.12).

(„bare area“ (B) – knorpelfreie Zone des Olekranons, Trochlea humeri (T) und Radiuskopf (R)) über das hohe posterolaterale Portal

4.2.5

Tiefes posterolaterales Portal („Soft-Spot“)

Das tiefe posterolaterale Portal entspricht dem dorsoradialen Soft-Spot und ist im Zentrum zwischen Radiusköpfchen, Olekranon und lateralem Epicondylus lokalisiert (. Abb. 4.10). In unmittelbarer Nähe befindet sich lateral der N. cutaneus antebrachii posterior. Zur Portalanlage wird die Optik über das hohe posterolateralen Portal nach distal eingestellt. Unter Sicht erfolgt die Punktion mit der Kanüle in gewünschter Portalposition. Anschließend wir die Haut inzidiert und mit einer Schere stumpf bis in Gelenk präpariert. Das Soft-Spot-Portal wird primär als Arbeits­ portal (z. B. Shaver) für den posterolateralen Bereich genutzt, kann aber auch als Kameraportal zur Verbesserung des Sichtwinkels in das Radiokapitellargelenk bzw. Humeroulnargelenk Verwendung finden (. Abb. 4.13). Insbesondere bei der Versorgung von osteochondralen Läsionen im Bereich des Kapitulums oder zur arthroskopischen Versorgung von Radiuskopffrakturen bietet das Soft-Spot-Portal eine bessere Visualisierung als das hohe posterolaterale Portal.

51 Lagerung und arthro­skopische Zugangswege

a

b

..Abb. 4.13a, b  a Einsicht in das Humeroulargelenk über das tiefe posterolaterale Portal. O Olekranon, T Tro­ch­ lea humeri, B „bare area“. b Stabilitätsprüfung mittels

4.2.6

s­ kaliertem Wechselstab über das Soft-Spot-Portal (Einsicht über das hohe posterolaterale Portal)

Akzessorische Portale

Für bestimmte Indikationen (z. B. bei der arthroskopischen Arthrolyse) sind zusätzliche proximale Portale für den Einsatz von Gelenkretraktoren (z. B. Wechelstab oder spezielle Ellenbogenretraktoren) hilfreich. Das proximale anterolaterale Portal liegt ca. 1–2  cm proximaler als das „klassische“ anterolaterale Portal mit Zielrichtung auf das Ellenbogenzentrum (Noonburg u. Baker 2006; . Abb. 4.14). Das proximale anteromediale Portal (Synonym: superomediales Portal) liegt proximaler (ca. 1 cm) als das anteromediale Standardportal (Lindenfeld 1990). Bei der Anlage dieses Zuganges ist darauf zu achten, ventral des palpablen Septum intermusculare mediale einzugehen. Verglichen mit anderen Portalen bietet das superomediale Portal mehr Sicherheit, sodass sich in der Literatur mehrfach die Empfehlung findet, dieses Portal als Anfangsportal zu verwenden (insbesondere bei geringer Erfahrung in Bauch-, oder Seitenlage; Verhaar et al. 1991). k kSystematisches Vorgehen

Im Folgenden ist das eigene Vorgehen für den systematischen, diagnostischen Rundgang schematisch dargestellt (. Abb. 4.15, . Abb. 4.16, . Abb. 4.17).

..Abb. 4.14  Die Inflow-Kanüle befindet sich im Standardportal anterolateral. Der Pfeil zeigt auf das zusätzliche proximale anterolaterale Portal

4

52

L. Lacheta und S. Siebenlist

..Abb. 4.15a–i Flowchart: Systematischer diagnostischer Rundgang a

4

b

c

d

e

f

g

h

i

53 Lagerung und arthro­skopische Zugangswege

Literatur

..Abb. 4.16  Sicht über das hohe posterolaterale Portal: Osteophytenabtragung an der Olekranonspitze (O) mit dem Meißel über das transtrizipitale Portal (FO Fossa olecrani)

a

b ..Abb. 4.17a,b  Sicht über das anterolaterale Portal: ­Abtragung von Kapselverwachsungen mit dem Weichteil­ shaver. T Trochlea humeri

O’Driscoll SW, Lawton RL, Smith AM (2005) The „moving valgus stress test“ for medial collateral ligament tears of the elbow. Am J Sports Med 33 (2):231-239 Unlu MC, Kesmezacar H, Akgun I, Ogut T, Uzun I (2006) Anatomic relationship between elbow arthroscopy portals and neurovascular structures in different elbow and forearm positions. J Shoulder Elbow Surg 15 (4):457-462 Claessen FM, Kachooei AR, Kolovich GP, Buijze GA, Oh LS, van den Bekerom MP, Doornberg JN (2016) Portal placement in elbow arthroscopy by novice surgeons: cadaver study. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc Noonburg GE, Baker CL Jr. (2006) Elbow arthroscopy. Instr Course Lect 55:87-93 Lindenfeld TN (1990) Medial approach in elbow arthroscopy. Am J Sports Med 18 (4):413-417 Verhaar J, van Mameren H, Brandsma A (1991) Risks of neurovascular injury in elbow arthroscopy: starting anteromedially or anterolaterally? Arthroscopy 7 (3):287-290

4

55

Arthroskopische ­Behandlungskonzepte der osteochondralen Läsion am Ellenbogen S. Vogt, F. Blanke

5.1

Hintergrund  – 56

5.2

Ätiologie  – 56

5.3

Klinische Präsentation  – 56

5.4

Untersuchung  – 57

5.5

Bildgebung und Klassifikation  – 57

5.6

Therapie  – 57

5.6.1 5.6.2 5.6.3

Konservative Therapie  – 57 Operative Therapie  – 58 Eigenes Vorgehen  – 60

5.7

Zusammenfassung  – 60

Literatur  – 61

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_5

5

5

56

S. Vogt und F. Blanke

5.1

Hintergrund

Osteochondrale Läsionen (OCL) des Ellenbogengelenks sind im Vergleich zu anderen Gelenken selten und betreffen dann meistens den Bereich des Capitulum humeri (Ruchelsman et al. 2010, Vogt et al. 2011). Betroffen sind hiervon vor allem Jugendliche mit Aktivitäten in Wurf- und Überkopfsportarten. So wird die OCL des Ellenbogens in der Literatur insbesondere bei jungen Baseballspielern und daher vor allem in amerikanischen und japanischen Publikationen beschrieben ­(Mihara et al. 2010, 2009, Takeda et al. 2002, Yamamoto et al. 2006). Da in der Regel eine mikrotraumatische Genese dieser Erkrankung zugrunde liegt, ist es sinnvoll von osteochondralen Läsionen zu sprechen und nicht von der Osteochondrosis dissecans (OD), um Überschneidungen mit einer OD anderer Genese zu vermeiden. Abzugrenzen von der OCL ist der Morbus Panner. Hierbei handelt es sich um eine juvenile Osteonekrose des gesamten Capitulum humeri, deren Äquivalent an der Hüfte der Morbus Perthes ist (Panner 1927). Er tritt hauptsächlich bei Jungen unter 10 Jahren auf und hat einen benignen Krankheitsverlauf (Kobayashi et al. 2004). Die konservative Therapie ist hier das Mittel der Wahl. 5.2

Ätiologie

Franz König, ein deutscher Chirurg (1832–1910), war 1888 der Erstbeschreiber einer Osteochon­dro­ sis dissecans (OD; König 1888). Er sah die Ursache dieser Gelenkerkrankung in einem subchondralen Entzündungsprozess mit Ausbildung freier chondraler Gelenkkörper. Die genaue Ätiopathogenese der OD ist bis heute nicht geklärt (Edmonds u. Polousky 2012; Ruchelsman et al. 2010). Neben einer entzündlichen Genese werden (mikro-)traumatische, vaskuläre sowie genetische Faktoren diskutiert (Bradley u. Petrie 2001, Kusumi et al. 2006, Schenck 1994, Yadao et al. 2004). Aufgrund mehrerer vorhandener Pathomechanismen, z. T. auch multifaktorieller, ist die OD eine nicht klar definierte Erkrankung. Deshalb sollten diese Erkrankungen insbesondere am Ellenbogen besser als osteochondrale Läsionen (OCL) bezeichnet werden. Im Bereich des Capitulum humeri wird an­ genommen, dass im Wesentlichen repetitive ­Traumata an der Ausbildung der osteochondralen

Läsion beteiligt sind (Klingele u. Kocher 2002, ­Kobayashi et al. 2004, Schenck 1994, Yadao et al. 2004). Als Ursache werden hier vor allem die starken Scher- und Druckkräfte angenommen, welche während der Beschleunigungs- und Abbrems­ phase in Wurfsportarten auf das Humeroradialgelenk wirken (Klingele u. Kocher 2002). Kommt es bei Wurfsportlern aufgrund der hohen repetitiven Belastungen zu einer Ermüdung der medial stabilisierenden Muskulatur, so ist die Folge eine unphysiologische Mehrbelastung der sekundären Valgusstabilisatoren, so auch des radiokapitulären Gelenkanteils (Ruchelsman et al. 2010). Gestützt wird diese Hypothese durch das vermehrte Auftreten der Erkrankung an der dominanten Extremität des Sportlers. Schenk und Mitautoren konnten in einer ­Kadaverstudie weiterhin eine signifikant höhere Steifigkeit des zentralen (radialen) Anteils des ­Kapitulums im Verhältnis zum lateralen Anteil erkennen und machen dieses Missverhältnis der Gelenkanteile für die Ausbildung der osteochondralen Lä­ sion des Kapitulums verantwortlich (Schenck et al. 1994). 5.3

Klinische Präsentation

In der klinischen Präsentation klagen die Patienten typischerweise über belastungsabhängige laterale Ellenbogenschmerzen und z. T. auch über Bewegungseinschränkungen. Betroffen ist zumeist die dominante Extremität mit Schmerz­ zunahme bei Belastung und Besserung der Schmerzen in Ruhe (Ansah et al. 2007, Yadao et al. 2004). Ein einzelnes (Makro-)Trauma ist für gewöhnlich nicht erinnerlich. Die osteochondrale Läsion betrifft vorwiegend Adoleszente. Hier sind in der Regel beide Geschlechter betroffen. Ausnahmen bezüglich der Geschlechterdisposition stellen Länder wie Japan und die USA dar, in denen besonders viele Jungen Baseball spielen. Mechanische Symptome mit rezidivierenden Blockierungen (Fragmentdisloka­ tion) sind in fortgeschrittenen Stadien häufig zu beobachten (Kobayashi et al. 2004).

57 Arthroskopische B ­ ehandlungskonzepte der osteochondralen Läsion am Ellenbogen

5.4

Untersuchung

In der klinischen Untersuchung lässt sich neben einem druckdolenten Kapitulum zumeist ein Krepitus sowie laterale Gelenkschmerzen bei forcierten Pro- und Supinationsbewegungen unter axialer Stauchung erkennen (Kobayashi et al. 2004, Yadao et al. 2004). Gelegentlich kann auch ein endgradiges Extensionsdefizit und ein leichter ­Gelenkerguss bestehen (Ansah et al. 2007, Bradley u. Petrie 2001, Ruch et al. 1998). Neben dem Erfassen der Bewegungsumfänge sollte immer einer Evaluation der medialen und posterolateralen Stabilität erfolgen (Ruchelsman et al. 2010). 5.5

Bildgebung und Klassifikation

Röntgenaufnahmen in anteroposteriorer (a.-p.) und lateraler Projektion, ergänzt durch eine zusätzliche a.-p.-Darstellung in 45-Grad-Flexion zur besseren Einsicht in das Humeroradialgelenk stellen die Standardbildgebungen dar (Ruchelsman et al. 2010, Takahara et al. 2007). Während die Röntgendiagnostik in den Frühstadien der osteochondralen Läsion zumeist unauffällig ist, so kann in späteren Stadien eine ­un­regelmäßige Darstellung des Kapitulums mit Sklerosezone um die Läsion erkannt werden. Bei Fragmentdislokation sind im Röntgen freie Gelenkkörper und Knochendefekte zu erkennen (Ruchelsman et al. 2010). Die Röntgendiagnostik wird durch eine MRTUntersuchung zur besseren Beurteilung von Ausdehnung, Stabilität und Vitalität des Fragmentes ergänzt. Für Letztgenanntes bietet sich die vorhe­ rige Applikation eines intravenösen Kontrastmittels an. Entgegen der Röntgendiagnostik erlaubt das MRT zusätzlich die Diagnosestellung bereits in der Frühphase der Erkrankung sowie eine genaue Klassifizierung der Läsion entsprechend der Einteilung nach Nelson und Dipaola (Nelson et al. 1990, ­Dipaola et al. 1991). Dieses Klassifizierungssystem wurde initial zur Einteilung der osteochondralen Läsionen im Bereich von Knie und Talus genutzt, findet jedoch zunehmend auch in der Klassifikation von osteochondralen Läsionen des Ellenbogens Anwendung (Ansah et al. 2007, Nelson et al. 1990, Vogt et al. 2011, Yamamoto et al. 2006). Takahara et al. (2007) schlugen ein weiter vereinfachtes und praxisnahes System zur Klassifi­

kation der osteochondralen Läsion des Ellen­ bogens vor. Sie unterteilten in stabile und instabile Läsionen. Hiernach heilen stabile Läsionen meist komplett unter Entlastung ab und sind charakterisiert durch offene Wachstumsfugen, eine um­ schrie­bene kapituläre Abflachung mit vermehrter Röntgendurchlässigkeit sowie eine freie Gelenkbeweglichkeit. Eine instabile Läsion besteht hin­ gegen definitionsgemäß bei Vorliegen einer der folgenden Charakteristika: Geschlossene Wachs­ tums­fugen, Fragmentation der Läsion sowie Bewegungsdefizits von mehr als 20°. In diesen Fällen zeigt die operative Versorgung signifikant bessere Ergebnisse. 5.6

Therapie

Die Entscheidung bezüglich einer operativen oder nichtoperativen Behandlung hängt von der Stabilität der Läsion und der Weite der Wachstums­ fugen ab. Stabile osteochondrale Läsionen (kein loses Dissekat, Wachstumsfugen geöffnet) werden gewöhnlich konservativ behandelt, wohingegen instabile Läsionen (freies Dissekat, geschlossene Wachstumsfugen) eher operiert werden (Bradley u. Petrie 2001, Mihara et al. 2010, 2009, Takahara et al. 2007, Yadao et al. 2004). Entgegen der osteochondralen Läsion des Kniegelenks ist im Bereich des Ellenbogens die Datenlage zum Einfluss des Epiphysenfugenstatus auf das Heilungspotenzial der Läsion nicht einheitlich. So konnten einige Autoren bessere Ergebnisse der konservativen Therapie bei Patienten mit offenen Epiphysenfugen aufzeigen (Mihara et al. 2009, Takahara et al. 2007), während in anderen Arbeiten ein solcher Zusammenhang nicht zu erkennen war (Ruch et al. 1998, Takahara et al. 1999). Trotz der teils widersprüchlichen Datenlage ist nach unserer Meinung der Status der Epiphysenfuge ein wichtiger Prognoseparameter für das Heilungspotenzial eines osteochondralen Defektes und die Evaluation des Fugenschlusses ein ­wesentlicher Bestandteil im eigenen Therapie­ konzept. 5.6.1

Konservative Therapie

Die konservative Therapie beinhaltet vor allem eine Belastungsmodifikation mit strikter Meidung von schmerzprovozierenden Aktivitäten und ggf.

5

58

5

S. Vogt und F. Blanke

eine physiotherapeutische Beübung bei Vorliegen von Bewegungsdefiziten. Eine Rückkehr in den Sport wird unsererseits erst nach einer durch ein MRT gesicherten Konsolidierung der Läsion empfohlen. Früh publizierte Langzeitergebnisse zur konservativen Therapie der osteochondralen Läsion des Ellenbogens zeigen mit Restbeschwerden bei mehr als der Hälfte aller Patienten, häufiger sekundärer Fragmentdislokation und Gelenk­ degeneration ernüchternde Ergebnisse (Mitsunaga et al. 1982, Takahara et al. 1999). Jedoch erfolgte in beiden Studienkollektiven keine MRT-Bildgebung zur Diagnostik und Klassifizierung der Läsion. Demgegenüber unterstützt eine aktuelle Publikationen von Mihara et al. die konservative Therapie bei niedriggradigen Läsionen (Mihara et al. 2009). Die Autoren fanden bei 39 Baseballspielern mit einem Durchschnittsalter von 12,8 Jahren (Nachuntersuchungszeitraum 14,4 Monate) eine Ausheilung bei 25 von 30 Patienten bei geringgradiger Läsion, aber lediglich bei einem von 9 Pa­ tienten bei höhergradiger Läsion. Auch die Ergebnisse von Takahara et al. unterstützen das konservative Vorgehen bei strenger Indikationsstellung und unterstreichen die Bedeutung der konsequenten Schonung des Ellenbogens und das Heilungspotenzials bei offenen Wachstumsfugen (Takahara et al. 2007). Patienten in dieser Studie, die angaben, den Ellenbogen geschont zu haben, zeigten eine Heilung der Läsion in 7 von 10 Fällen bei offenen und in einem von 11 Fällen bei bereits geschlossenen Wachstumsfugen. Hingegen ließen Patienten, die weiterhin den Ellenbogen belasteten, auch bei offenen Epi­ physenfugen schlechtere Ergebnisse bezüglich Schmerz, Röntgenmorphologie und Geweberegeneration erkennen. 5.6.2

Operative Therapie

Die operativen Behandlungsoptionen sind zahlreich und reichen vom arthroskopischen Débridement, Mikrofrakturierung und retrograder Anbohrung, über eine Refixation des Fragmentes, einen osteochondralen Transfer oder eine matrix­ induzierte Chondrozytentransplantation inklu­ sive Spongiosaplastik bis zu entlastenden Osteo­ tomien (Ansah et al. 2007, Bradley u. Petrie 2001, Brownlow et al. 2006, , Rahusen et al. 2006, Ruch et al. 1998, Schoch u. Wolf 2010, Shimada et al.

2005, Takahara et al. 2007, Vogt et al. 2011, Yamamoto et al. 2006).

Arthroskopische Techniken Zahlreiche Studien wurden in den letzten Jahren zu den kurz- und mittelfristigen Ergebnissen nach arthroskopischer Fragmentresektion und Defektdébridement publiziert mit meist guten Ergebnissen hinsichtlich Schmerzreduktion, Rückkehr zum Sport und Verbesserung der Ellenbogenmobilität (Yamamoto et al. 2006, Rahusen et al. 2006, Ruch et al. 1998, Schoch u. Wolf 2010). Nach Anlage der Standardportale zur Ellenbogengelenksarthroskopie wird die osteochondrale Läsion aufgesucht. Bei Vorliegen eines instabilen Fragmentes, das durch die Tasthakenprobe eva­ luiert wird, wird dieses in toto entfernt. Anschließend kann das Defektbett mittels Shaver und ­Kürette debridiert werden. Gerade bei jungen Patienten kann die Technik ausreichen, um eine suffiziente Einblutung und sekundäre Defektfüllung zu erreichen. Alternativ kann eine subchondrale Knocheneröffnung (Mikrofrakturierung) durchgeführt werden. Hierzu werden mit einer Ahle verschiedener Krümmungsgrade Löcher in das Defektbett angelegt, sodass eine postoperative Einblutung mit Sicherheit gewährleistet ist. Nach Anwendung dieser Techniken konnten Brownlow et al. in ihrem Kollektiv aus 29 Pa­ tienten nach durchschnittlich 77 Monaten eine Schmerzfreiheit bei 12 Patienten erkennen. 14 Patienten beklagten leichte Restschmerzen, 3 Pa­ tienten moderate Schmerzen. 81 % des Kollektivs konnten postoperativ in ihren angestammten Sport zurückkehren. Jedoch zeigten 38 % rönt­ genologische Arthrosezeichen oder freie Gelenkkörper (Brownlow et al. 2006). Auch für die arthroskopische Refixation des osteochondralen Fragmentes sind in verschiedenen Studien gute Ergebnisse hinsichtlich Fragmentintegration, Schmerz, Gelenkmobilität und Rückkehr in den Sport bei unterschiedlichen Refixationstechniken beschrieben (Takahara et al. 2007, Takeda et al. 2002, Yadao et al. 2004). Bei ausreichender Fragmentgröße und intaktem subchondralen Knochen am gelösten Fragment kann diese Technik mit guter Sicherheit durchgeführt werden. Hierzu wird das Fragment zunächst reponiert und temporär transfixiert (K-Draht). Danach erfolgt die definitive Refixation mittels kanülierten Schrauben (Leibinger-System). Diese müssen unbedingt komplett im Knorpel versenkt

59 Arthroskopische ­Behandlungskonzepte der osteochondralen Läsion am Ellenbogen

werden und dürfen keinerlei Kontakt zur korrespondierenden Gelenksfläche haben. Takahara et al. Konnten bei 12 Patienten mit Fragmentrefixation eine signifikante Abnahme der Schmerzen zeigen (Takahara et al. 2007).

Offen unterstützte Techniken Analog zur arthroskopischen Fragmentresektion kann dieses Verfahren auch offen durchgeführt werden. Diese Technik ist einfach durchzuführen und verfügt in der Literatur im Gegensatz zur ­arthroskopischen Resektion auch über Langzeit­ ergebnisse. Hier zeigen sich jedoch insbesondere im Verlauf hohe Arthroseraten mit erneuter Zunahme der klinischen Symptome und die Notwendigkeit von operativen Revisionen (Bauer et al. 1992, Takahara et al. 2007). So konnten Bauer und Kollegen durchschnittlich 23 Jahre nach offener Fragmentresektion und Débridement in etwa der Hälfte der Fälle Restbeschwerden, vor allem Schmerzen und Bewegungseinschränkungen und in über 60 % eine radiolo­ gische Arthroseentwicklung beobachten (Bauer et al. 1992). Die Langzeitergebnisse nach arthroskopischem Débridement bleiben abzuwarten. Der osteochondrale Transfer hat in den letzten Jahren zunehmend an Popularität in der Therapie der osteochondralen Läsion des Ellenbogens gewonnen (Ansah et al. 2007, Shimada et al. 2005, Vogt et al. 2011, Yamamoto et al. 2006). Das Prinzip dieses Therapieverfahrens ist der Ersatz des erkrankten Knorpel-Knochen-Gewebes durch ­einen autologen osteochondralen Zylinder, welcher zumeist aus einem nichtlasttragenden Bereich des Kniegelenks gewonnen wird. Der Vorteil dieser Technik gegenüber den oben aufgeführten Therapien ist die Rekonstruktion der Gelenk­ fläche mittels gesundem hyalinen Knorpel. Die Darstellung des Kapitulums erfolgt für gewöhnlich über einen lateralen Zugang. Die Faszie wird zwischen M. anconeus und dem M. extensor carpi ulnaris inzidiert. Die Gelenkkapsel wird dargestellt und auf Höhe des ­Radiusköpfchens eröffnet. Das Lig. anulare muss hierbei erhalten werden. Nach dem Lokalisieren der Läsion wird die Defektgröße bestimmt und der Defekt mittels eines speziellen Hohlmeißels (OATS-System, Fa. Arthrex, Naples, Florida) ausgestanzt. Hierfür erfolgt das Einschlagen des Empfänger-OATS-Meißels bis zur notwendigen Tiefe (vorher im MRT ermitteln), das Lösen des Zylinders durch schnelle Rotation und das Entfernen

..Abb. 5.1  Ausstanzen des osteochondralen Defekts mittels Hohlmeißel

..Abb. 5.2  Zustand nach Einbringen eines OATS-Zylinders am Ellenbogengelenk

des Zylinders mit leichten wechselnden Drehbewegungen (. Abb. 5.1). Der entnommene Zylinder sollte auf der gesamten Zirkumferenz gesunden Knochen aufweisen, um eine vollständige Entnahme der Osteonekrose zu erreichen. Beim Verbleib von sklerosierten Arealen können diese mit einem K-Draht-Bohrer eröffnet werden. Über eine parapatellare laterale Miniarthrotomie wird die proximolaterale Trochlea dargestellt und ein für die Empfängerregion korrespondierender Spenderzylinder entnommen. Danach erfolgt das Einbringen des Spender­ zylinders in Press-fit-Technik (. Abb. 5.2). Hierbei ist ein Überstehen des Zylinders bzw. eine sicht­bare Spaltbildung zwischen Zylinder und Gelenkfläche zu vermeiden. Diese Technik bietet eine gute Möglichkeit zur einzeitigen Versorgung einer OCL am Ellenbogengelenk Jedoch kann es durchaus in einigen Fällen zu persistierenden Schmerzen des Kniegelenkes kommen. Dieses muss dem Patienten vor der

5

60

5

S. Vogt und F. Blanke

Operation verdeutlicht werden. In zahlreichen Studien konnten gute bis sehr gute Ergebnisse hinsichtlich klinischer „Scores“, Schmerzen, Ellenbogenmobilität und Rückkehr in den Sport gezeigt werden (Ansah et al. 2007, Shimada et al. 2005, Vogt et al. 2011, Yamamoto et al. 2006). Als weitere Alternative wird in jüngster Zeit auch die matrixinduzierte Chondrozytentransplantation (MACT) in Kombination mit einer Spongiosaplastik am Ellenbogengelenk durchgeführt (Kircher 2016). Dieses zweizeitigen Vorgehen hat den Vorteil, dass die offene Entnahme eines großen Knorpel-/Knochenzylinders am ­ Kniegelenk vermieden werden kann, aber trotzdem eine Versorgung mittels körpereigenem Knochen und hyalinem Knorpel erreicht wird. Nach arthroskopischer Entnahme von Knorpelzellen an einer wenig belasteten Stelle im Kniegelenk („notch“), werden die Zellen extern zu e­ inem Knorpelzelltransplantat angezüchtet. In e­inem zweiten operativen Schritt wird dieses Transplantat in offener Technik eingebracht (Kircher 2016, Ebert et al. 2016). Hierzu wird das Ellenbogen­ gelenk analog zur OATS-Technik eröffnet. Nach Exzision des erkrankten Knorpels mittels Grö­ ßenschablone und Kürette wird auch der erkrankte subchondrale Knochen entfernt, bis nur noch blutende, vitale Spongiosa zu erkennen ist. Der Knochendefekt wird nun mittels autologer Beckenkammspongiosa aufgefüllt und das Knorpelzelltransplantat größengerecht darüber gelegt. Nach Fixation mittels resorbierbarem Nahtmaterial weist das Transplantat eine ausreichende Stabilität, um eine sichere Einheilung zu gewähr­ leisten. Diese Technik zeigte im eigenen Kollektiv vielversprechende Ergebnisse. Systematische Studien bezüglich dieser Technik am Ellenbogengelenk existieren jedoch bisher nicht, sodass die Resultate hinsichtlich Kurz- und Langzeitergebnissen abgewartet werden müssen. 5.6.3

Eigenes Vorgehen

Wir sehen die Indikation zur operativen Versorgung bei instabilen fokalen osteochondralen Lä­ sionen (Nelson/Dipaola III und IV) sowie Osteonekrosen in der Hauptbelastungszone bei geschlossenen Wachstumsfugen. Der osteochondrale Transfer ist hierbei das Verfahren der ersten Wahl. Alternativ ist immer

mehr die MACT mittels Spongiosaplastik in Erwägung zu ziehen. Bei noch offenen Epiphysenfugen sollte grundsätzlich ein konservatives Vorgehen angestrebt werden mit Vermeidung von Spitzenbelastung des Gelenkes (aber Erhalt der Beweglichkeit) bis zu einer durch ein MRT nachgewiesenen Ausheilung des Defektes. Liegt hingegen durch das Dissektat eine deutliche mechanische Beeinträchtigung des Gelenks vor, sollte nach Möglichkeit eine operative Fragmentrefixation erfolgen. Ist dies nicht möglich, z. B. bei Avitalität oder Fragmentation des Dissektats, so ist die arthroskopische Fragementresek­ tion und bei Beschwerdepersistenz gegebenenfalls eine zweizeitige Versorgung mittels osteochondralem Graft/MACT inklusive Spongiosaplastik nach Wachstumsabschluss zu diskutieren. 5.7

Zusammenfassung

Die osteochondrale Läsion des Capitulum humeri betrifft überwiegend Jugendliche, die Wurfsportarten oder auch den Turnsport ausüben. Die Ätiologie der osteochondralen Läsion ist vermutlich multifaktoriell und wird im Bereich des Ellenbogens eng mit repetitiven Mikrotraumata assoziiert. Bei stabilen Läsionen und offenen Wachstumsfugen sollte ein konservativer Therapieversuch unternommen werden. Bei instabilen Läsionen, insbesondere nach Wachstumsabschluss besteht die Indikation zum operativen Vorgehen. Zahlreiche operative Verfahren finden in der Therapie der osteochondralen Läsion Anwendung. Der Transfer eines (autologen) ­ Knorpel-Knochen-Zylinders, sowie die MACT inklusive Spongiosaplastik sind mit Ausnahme der Refixation die einzigen Techniken, mit denen die osteochondrale Natur des Defekts berücksichtigt und sowohl der geschädigte Knorpel (hyaliner Ersatz) als auch Knochen ersetzt wird. Die Langzeituntersuchungen nach osteochondralem Transfer zeigen hierbei überlegene klinische, als auch radiologische Ergebnisse gegenüber den immer noch am häufigsten durchgeführten Débridement-Operationen. Die Ergebnisse der MACT inklusive Spongiosaplastik müssen abgewartet werden.

61 Arthroskopische B ­ ehandlungskonzepte der osteochondralen Läsion am Ellenbogen

Literatur Ansah P, Vogt S, Ueblacker P, Martinek V, Woertler K, Imhoff AB (2007) chondral Transplantation to Treat Osteochondral Lesions in the Elbow. The Journal of Bone and Joint Surgery 89: 2188–2194 Bauer M, Jonsson K, Josefsson PO, Lindén B (1992) Osteochondritis dissecans of the elbow. A long-term followup study. Clin Orthop Relat Res : 156–160 Bradley JP, Petrie RS (2001) Osteochondritis dissecans of the humeral capitellum. Diagnosis and treatment. Clinics in Sports Medicine 20: 565–590 Brownlow HC, O’Connor-Read LM, Perko M (2006) Arthro­ scopic treatment of osteochondritis dissecans of the capitellum. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 14: 198–202 Dipaola JD, Nelson DW, Colville MR (1991) Characterizing osteochondral lesions by magnetic resonance imaging. YJARS 7: 101–104 Duthie RB, Houghton GR (1981) Constitutional aspects of the osteochondroses. Clin Orthop Relat Res : 19–27 Ebert JR, Fallon M, Wood DJ, Janes GC. (2016) A prospective clinical and radiological evaluation at 5 years after arthroscopic matrix-induced autologous chondrocyte implantation. Am J Sports Med. 2016 Sep 1. Edmonds EW, Polousky J (2012) A Review of Knowledge in Osteochondritis Dissecans: 123 Years of Minimal Evolution from König to the ROCK Study Group. Clin Orthop Relat Res Kircher J (2016) Autologous chondrocyte implantation for post-traumatic cartilage defect of capitulum humeri. J Shoulder Elbow Surg. 2016 Jul;25(7) Klingele KE, Kocher MS (2002) Little league elbow: valgus overload injury in the paediatric athlete. Sports Med 32: 1005–1015 Kobayashi K, Burton KJ, Rodner C, Smith B, Caputo AE (2004) Lateral compression injuries in the pediatric elbow: Panner’s disease and osteochondritis dissecans of the capitellum. J Am Acad Orthop Surg 12: 246–254 König F (1888) Über freie Körper in den Gelenken. Dtsch. Z Chir Kusumi T, Ishibashi Y, Tsuda E, Kusumi A, Tanaka M, Sato F, Toh S, Kijima H (2006) Osteochondritis dissecans of the elbow: histopathological assessment of the articular cartilage and subchondral bone with emphasis on their damage and repair. Pathol. Int. 56: 604–612 Laurent LE, Lindstrom BL (1956) Osteochondrosis of the capitulum humeri: Panner’s disease. Acta Orthop Scand 26: 111–119 Mihara K, Tsutsui H, Nishinaka N, Yamaguchi K (2009) Nonoperative treatment for osteochondritis dissecans of the capitellum. Am J Sports Med 37: 298–304 Mihara K, Suzuki K, Makiuchi D, Nishinaka N, Yamaguchi K, Tsutsui H (2010) Surgical treatment for osteochondritis dissecans of the humeral capitellum. J Shoulder Elbow Surg 19: 31–37 Mitsunaga MM, Adishian DA, Bianco AJ (1982) Osteochondritis dissecans of the capitellum. J Trauma 22: 53–55 Nelson DW, DiPaola J, Colville M, Schmidgall J (1990) Osteochondritis dissecans of the talus and knee: prospective comparison of MR and arthroscopic classifications. J Comput Assist Tomogr 14: 804–808

Panner H (1927) An affection of the capitulum humeri resembling Calvé-Perthes’ Disease of the hip (1927) Acta Radiol 10: 234–242 Rahusen FTG, Brinkman J-M, Eygendaal D (2006) Results of arthroscopic debridement for osteochondritis ­dissecans of the elbow. Br J Sports Med 40: 966–969 Ruch DS, Cory JW, Poehling GG (1998) The arthroscopic management of osteochondritis dissecans of the adolescent elbow. YJARS 14: 797–803 Ruchelsman DE, Hall MP, Youm T (2010) Osteochondritis dissecans of the capitellum: current concepts. J Am Acad Orthop Surg 18: 557–567 Schenck RC, Athanasiou KA, Constantinides G, Gomez E (1994) A biomechanical analysis of articular cartilage of the human elbow and a potential relationship to osteochondritis dissecans. Clin Orthop Relat Res: 305–312 Schoch B, Wolf BR (2010) Osteochondritis dissecans of the capitellum: minimum 1-year follow-up after arthroscopic debridement. Arthroscopy 26: 1469–1473 Shimada K, Yoshida T, Nakata K, Hamada M, Akita S (2005) Reconstruction with an osteochondral autograft for advanced osteochondritis dissecans of the elbow. Clin Orthop Relat Res : 140–147 Smith MG (1964) Osteochrondritis of the humeral capitulum (1964) J Bone Joint Surg Br 46: 50–54 Takahara M, Ogino T, f*ckushima S, Tsuchida H, Kaneda K (1999) Nonoperative treatment of osteochondritis dissecans of the humeral capitellum. The American Journal of Sports Medicine 27: 728–732 Takahara M, Mura N, Sasaki J, Harada M, Ogino T (2007) Classification, treatment, and outcome of osteochondritis dissecans of the humeral capitellum. J Bone Joint Surg Am 89: 1205–1214 Takeda H, Watarai K, Matsush*ta T, Saito T, Terashima Y (2002) A surgical treatment for unstable osteochon­ dritis dissecans lesions of the humeral capitellum in adolescent baseball players. The American Journal of Sports Medicine 30: 713–717 Vogt S, Siebenlist S, Hensler D, Weigelt L, Ansah P, Woertler K, Imhoff AB (2011) Osteochondral transplantation in the elbow leads to good clinical and radiologic longterm results: an 8- to 14-year follow-up examination. Am J Sports Med 39: 2619–2625 Yadao MA, Field LD, Savoie FH (2004) Osteochondritis dissecans of the elbow. Instr Course Lect 53: 599–606 Yamamoto Y, Ishibashi Y, Tsuda E, Sato H, Toh S (2006) Osteo­chondral autograft transplantation for osteochondritis dissecans of the elbow in juvenile baseball players: minimum 2-year follow-up. The American Journal of Sports Medicine 34: 714–720

5

63

Freie Gelenkkörper C. Gerhardt, M. Scheibel

6.1

Einleitung  – 64

6.2

Pathologie  – 64

6.3

Indikation  – 64

6.3.1 6.3.2 6.3.3

Anamnese  – 64 Klinische Evaluation  – 64 Bildgebende Diagnostik  – 65

6.4

Operationsprinzip/Instrumente  – 66

6.5

Operationsvorbereitung  – 66

6.6

Operationstechnik  – 66

6.6.1 6.6.2

Komplikationen  – 69 Ergebnisse  – 70

6.7

Postoperative Maßnahmen  – 70

Literaturverzeichnis  – 70

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_6

6

6

64

C. Gerhardt und M. Scheibel

6.1

Einleitung

Die Entfernung freier Gelenkkörper am Ellen­­ bogen ist schlechthin die Indikation für ein arthrosko­pisches Vorgehen. Allerdings sind die Kenntnis von der neurovaskulären Anatomie am Ellenbogen sowie die adäquate Platzierung der ­arthroskopischen Portale essenziell, um das Risiko für Komplikationen zu vermeiden. Nach dem Kniegelenk ist das Ellenbogenge­ lenk die zweithäufigste Lokalisation von freien Gelenkkörpern (Phemister 1924, Clasper u. Carr 2001). Freie Gelenkkörper des Ellenbogens können aufgrund verschiedener Ursachen entstehen, wo­ bei die kubitale Früharthrose sicherlich einer der häufigsten Gründe darstellt (Clasper u. Carr 2001). 6.2

Pathologie

Grundsätzlich können verschiedene Ätiologien für die Entstehung von freien Gelenkkörpern dif­ ferenziert werden, jedoch liegt die Ursache in Ge­ webestrukturen, die das Gelenk auskleiden. James Milgram beschrieb eine Klassifikation, die grund­ sätzlich 3 Ursachen beinhaltet (Milgram 1977a): 55Im Rahmen von proliferativen Veränderun­ gen der Synovia, z. B. synoviale Osteochond­ romatose 55Osteochondrale Fragmente in situ, die z. B. durch eine Osteochondrosis dissecans oder aufgrund einer traumatischen Genese entstehen 55Integritätsverlust der Gelenkflächen, z. B. degenerative Arthritis oder avaskuläre Nekrose Anhand dieser Differenzierung ist es notwendig, im Falle einer unbekannten Ätiologie Biopsien aus der Synovia zu entnehmen, um diese auf mögliche multifokale, chondromatöse oder osteochondrale, metaplastische Proliferationen zu untersuchen (Milgram 1977b). 6.3

Indikation

Die Indikation zur arthroskopischen Entfernung von freien Gelenkkörpern besteht bei symptoma­ tischen Patienten mit repetitiven Schmerzen und

Blockierungserscheinungen. Hierbei sollte der Chirurg, wenn möglich, die Ursache, Ursprungs­ lokalisation und Ätiologie der freien Gelenkkör­ per herausfinden, da häufig das klinische Ergebnis von dem zugrunde liegenden Krankheitsprozess bestimmt wird und nicht nur von der Entfernung der freien Gelenkkörper. 6.3.1

Anamnese

Eine sorgfältige Anamnese ist essenziell, um eine mögliche Ursache der freien Gelenkkörper zu ­detektieren. Das Hauptsymptom freier Gelenk­ körper ist Schmerz. Zusätzlich können mechani­ sche Probleme wie Blockaden oder Krepitationen auftreten. Entweder durch Einklemmungsphäno­ mene oder eine reaktive Synovialitis sind Ein­ schränkungen des Bewegungsausmaßes insbeson­ dere der Extension möglich. Vorangegangene Traumen wie Frakturen, Stürze oder Luxationen sind zu evaluieren, da ­diese ursächlich für osteochondrale Verletzun­ gensein können. Allerdings können auch repeti­ tive Mikrotraumatisierungen bei Überkopf- oder Kraftsportlern zu Veränderungen mit Entste­ hung freier Gelenkkörper führen. Des Weiteren sind Voroperationen, insbesondere eine Neuro­ lyse bzw. eine Transposition des N. ulnaris zu er­ fragen. 6.3.2

Klinische Evaluation

Die klinische Evaluation beginnt mit der Inspek­ tion, welche häufig unauffällig ist. Allerdings kann in manchen Fällen ein diskreter Gelenkerguss ­apparent sein. Druckschmerz wird gelegentlich im Bereich des freien Gelenkkörpers angegeben. Die Beurtei­ lung des Bewegungsausmaßes ist im Vergleich zur Gegenseite essenziell, gelegentlich können Krepi­ tationen palpiert werden. Besteht eine schmerz­ hafte Bewegungseinschränkung, muss differen­ ziert werden, inwieweit der Schmerz während des Bewegungsablaufs oder bei endgradigen Bewe­ gungen auftritt. Selbstverständlich muss die klinische Untersu­ chung zur Beurteilung der zugrunde liegenden Pathologie vollständig durchgeführt werden und beinhaltet z. B. eine Stabilitätsuntersuchung sowie die Erhebung des neurovaskulären Status.

65 Freie Gelenkkörper

..Abb. 6.1 Konventionelle Röntgenbilder des linken ­Ellenbogens in 2 Ebenen bei kubitaler Früharthrose und freien Gelenkkörpern

a

6.3.3

Bildgebende Diagnostik

Konventionelle Röntgendiagnostik Der erste Schritt in der bildgebenden Untersu­ chung stellt die konventionelle Röntgendiagnostik in 2 Ebenen dar (. Abb. 6.1). In dieser kann bereits zwischen angeborenen und erworbenen Gelenk­ körpern unterschieden werden. Des Weiteren können Aussagen zum degenerativen Zustand des Gelenks, Lokalisation von röntgendichten Ge­ lenkkörpern und Hinweise auf Verletzungen bei akuten Traumen getroffen werden. Dennoch ist aufgrund der komplexen Anato­ mie des Ellenbogens eine Schnittbilddiagnostik notwendig, um die Lokalität zu validieren und zu charakterisieren, Aufschlüsse zur Konsistenz und Mobilität des Gelenkkörpers und nähere Informa­ tion zur Ätiologie des Gelenkkörpers zu erhalten.

b

Die präoperative Bildgebung ist zur Beurtei­ lung der Lokalisation und Anzahl der Gelenkkör­ per sinnvoll, um die arthroskopische Erreichbar­ keit planen und diese vollständig entfernen zu können. Typischerweise sind freie Gelenkkörper in der Fossa coronoidea, in der Fossa olecrani oder im radialen Rezessus lokalisiert. Dennoch müssen alle weiteren Kompartimente z. B. der ulnare Re­ zessus beurteilt werden, da freie Gelenkkörper in jedem Kompartiment auftreten können bzw. dort­ hin migrieren können.

Schnittbilddiagnostik Aus verschiedenen Gründen ist die MRT-Un­ tersuchung des Ellenbogengelenks mittlerweile das Diagnostikum der Wahl geworden, insbe­ sondere unter dem Aspekt der Strahlenhygiene (. Abb. 6.2). Weitere wesentliche Vorteile liegen in der ­guten Darstellung von weichteiligen Strukturen wie nichtröntgendichte Gelenkkörpern, Band­ strukturen oder Knorpelflächen. Dubberley et al. konnten eine hohe Sensitivität aber geringe Spezi­ fität für das MRT und CT bei der Detektion von freien Gelenkkörpern am Ellenbogen finden (Dubberly et al. 2005). Bei den 26 eingeschlosse­ nen Patienten.

..Abb. 6.2  CT-Aufnahme mit freien Gelenkkörpern insbesondere in der Fossa olecrani

6

6

66

C. Gerhardt und M. Scheibel

6.4

Operationsprinzip/Instrumente

Heutzutage ist die arthroskopische Intervention mit Entfernung freier Gelenkkörpern des Ellen­ bogens etabliert. Ähnlich wie bei anderen Ge­ ­ lenken ist die sorgfältige Inspektion jedes ­Gelenkkompartiments essenziell, nicht nur zur Entfernung der freien Gelenkkörper, sondern um wei­tere Pathologien detektieren und therapieren zu können. Dabei sollte möglichst die zugrunde liegende Pathologie eruiert und die Ätiologie ­bestimmt werden. In der Tat ist die effektive Therapie der Primär­ ­ pathologie sinnvoller als die alleinige Entfernung der freien Gelenkkörper (Clasper u. Carr 2001, O’Driscoll u. Morrey 1992). In der Regel ist die Standardausstattung ausrei­ chend. Diese beinhaltet eine Zulaufkanüle, den Trokar samt 30-Grad-Optik, mindestens 2 Wech­ selstäbe, Fasszangen sowie gebogene, scharfe Klemmen. Sehr hilfreich ist ein elektrothermi­ sches Instrumentarium sowie ein Shaver bzw. eine Fräse. Je nach Begleitpathologie sind weitere Inst­ rumente wie kleine Meißel, Küretten oder Instru­ mente zur Mikrofrakturierung notwendig. 6.5

6.6

Operationstechnik

Nach entsprechender Lagerung des Patienten und Anlage einer Blutleere wird die betroffene Extre­ mität steril abgewaschen und abgedeckt. Anschlie­ ßend wird das Torniquet angelegt und die knö­ chernen Landmarken eingezeichnet (. Abb. 6.3). Um eine Distension des Gelenks und damit einen sicheren arthroskopischen Zugang zum Ge­ lenk zu erreichen, ist die Insufflation von 20–30 ml steriler Kochsalzlösung über das „Soft-Spot-Por­ tal“ oder direkt in die Fossa olecrani notwendig (Hackl et al. 2015, Miller et al. 1995). Beim eigenen Vorgehen wird nun ein anterolaterales Portal an­ gelegt und mit der abgeschrägten Zulaufkanüle in das Gelenk eingegangen (. Abb. 6.4). Auf diese Weise ist im ventralen Kompartiment ein sicherer Zugang etabliert, um auch bei zunehmender Weichteilschwellung dieses Kompartiment suffi­ zient erreichen zu können. Allerdings kann bei ­arthrofibrotischen Gelenken der Wasserzulauf in das posteriore Kompartiment eingeschränkt sein, sodass der Zulauf im Weiteren unter Umständen gewechselt werden muss.

Operationsvorbereitung

Im Prinzip werden die in 7 Kap. 3 beschriebene Lagerungsmöglichkeiten und Portale genutzt. Die Patienten können sowohl in Seit- als auch Bauchlage positioniert werden. Hierbei hat die Seitlagerung diverse Vorteile hinsichtlich Simpli­ zität der Positionierung und von Seiten der Er­ reichbarkeit der Atemwege durch die Anästhesie. Allerdings können bei adipösen Patienten die ab­ dominalen Weichteilverhältnisse die Mobilität der Instrumente in Seitlagerung einschränken, sodass dann im eigenen Vorgehen die Bauchlagerung ­favorisiert wird. Für die alleinige Entfernung freier Gelenkkör­ per ist eine Allgemeinanästhesie ausreichend. Je­ doch kann es im Fall von begleitender Ellenbogen­ steife oder anderen intraartikulären Operations­ schritten für die postoperative Schmerztherapie sinnvoll sein, additive Verfahren wie z. B. die An­ lage eines Axillaris- oder Interskalenuskatheters sinnvoll sein.

..Abb. 6.3  Nach Lagerung des Patienten erfolgt das Anzeichnen der knöchernen Landmarken; 1 posteriores, transtendinöses Portal, 2 hohes posteroradiales Portal, 3 tiefes posteroradiales Portal im Soft-Spot, 4 anteroradiales Portal

67 Freie Gelenkkörper

..Abb. 6.4  Abgeschrägte Zulaufkanüle

Nun wird ein posterolaterales Portal leicht pro­ ximal der Olekranonspitze und lateral der Trizeps­ sehne etabliert und mit einem Wechselstab in die Fossa olecrani eingegangen. Über diesen wird der Trokar in das posteriore Kompartiment einge­ bracht und die Optik konnektiert. Das posteriore Kompartiment wird nun unter Darstellung des ulnaren Rezessus, der Olekranonspitze und der Fossa olecrani exploriert (. Abb. 6.5). Zur arthro­ skopischen Evaluation einer möglichen Instabili­ tät sowie zur Entfernung von freien Gelenkkör­

a

b

c

d

..Abb. 6.5a–d  Arthroskopische Bilder mit Darstellung multipler freier Gelenkkörper in der Fossa olecrani; a, b die Fossa ist durch mehrere freie Gelenkkörper komplett verlegt, c, d nach Anlage eines posterioren, trans­

pern wird ein posteriores, transtendinöses Portal durch die Trizepssehne angelegt. Mit einer ge­ zahnten Fasszange können diese nun unter leicht drehenden Bewegungen entfernt werden. Es ist darauf zu achten, dass das Portal eine ausreichen­ de Größe aufweist, um den Verlust des Gelenkkör­ pers in den Weichteilen zu vermeiden (. Abb. 6.6). Ein vorsichtiges Spreizen des Zugangs mit einer Klemme oder Schere kann dazu notwendig sein. Adhärente Gelenkkörper müssen unter Um­ ständen vorher liberiert werden. Sollte der Ge­ lenkkörper die Portalgröße deutlich überschrei­ ten, muss dieser gegebenenfalls stückchenweise entfernt werden. Eine Alternative ist, diesen mit einem Shaver und einer Fräse soweit zu ver­ kleinern, bis dieser problemlos entfernt werden kann. Insbesondere bei freien Gelenkkörpern im ulnaren Rezessus muss die Nähe des N. ulnaris unterhalb der Gelenkkapsel bedacht werden. Ge­ gebenenfalls ist die Anlage eines weiteren postero­ radialen Portals sinnvoll, um über dieses weich­ teilige Strukturen mit einem Wechselstab oder Retraktor wegzuhalten. Eine weitere Möglichkeit besteht im „Ausstreichen“ des ulnaren Rezessus von distal nach proximal. So lassen sich zum Teil

e tendinösen Portals können diese mit einem Rangeur ­entfernt werden, e Positionierung der Optik im hohen posteroradialen Portal

6

68

C. Gerhardt und M. Scheibel

..Abb. 6.6  Nach Entfernung der freien Gelenk­ körpern und Débridement bzw. Resektion von osteophytären ­Anbauten bei ­kubitaler Früharthrose ist die Fossa olecrani frei

6

a

b

a

b

c

d

..Abb. 6.7a–d  a Die Optik wird im radialen Rezessus positioniert und nach distal vorgeschoben, bis der Ra­ dius­kopf sichtbar wird (b, c). d Positionierung der Optik im ­hohen posteroradialen Portal

auch kleine und tiefliegende Gelenkkörper in die Fossa olecrani verschieben. Als Nächstes ist die Inspektion des radialen Rezessus notwendig. In der Regel kann das Arthro­skop entlang des radialen humeroulnaren Gelenkspalts in diesen eingebracht werden. Bei arthrotischen Gelenken oder insbesondere post­ traumatischen Zuständen kann dieser jedoch häu­ fig durch Osteophyten oder einer hypertrophen Synovialitis verlegt sein. Ein Umstecken der Optik in das posteriore, transtendinöse Portal zur direk­

ten Visualisierung des radialen Rezessus mit Vor­ schieben eines Wechselstabes kann in diesen Fäl­ len hilfreich sein. Der radiale Rezessus wird nun sorgfältig inspi­ ziert und ein Portal im Soft-Spot unter Sicht ange­ legt. Zum Teil ist die Resektion von einer hyper­ trophen Synovialitis bzw. einer prominenten Plica posteroradialis notwendig. Auch hier muss sorg­ fältig auf freie Gelenkkörper, eine begleitende In­ stabilität oder das Vorliegen von Chondralläsio­ nen geachtet werden (. Abb. 6.7).

69 Freie Gelenkkörper

..Abb. 6.8a–d  Über das ­anteroradiale Portal wird das ventrale Kompartiment in­ spiziert. a Mehrere freie Ge­ lenk­körper ventral; b der Processus coronoideus zeigt bei Früharthrose osteophy­ täre Anbauten; c nach Entfernung der freien Gelenkkörper zeigt sich die reaktive ­hypertrophe Synovialitis; d Positionierung der Optik im hohen anteroradialen Portal

a

b

c

d

Über die anteroradiale Zulaufkanüle wird ein Wechselstab eingeführt, diese dann entfernt und der Trokar in das ventrale Kompartiment ­positioniert und dieses inspiziert (. Abb. 6.8). Da häufig freie Gelenkkörper in der Fossa coro­ noidea lokalisiert sind, wird von medial nach ­lateral der mediale Rezessus, der Prozessus coro­ noideus, die Trochlea, die ventrale Kapsel, das Capitulum humeri, der Radiuskopf und teilweise kann auch der radiale Rezessus inspiziert werden. Im nächsten Schritt wird ein anteromediales ­Portal etabliert. Hierzu kann das Arthroskop an die Stelle positioniert werden, die für die weitere Prozedur am suffizientesten ist und in der Tech­ nik nach O’Driscoll ein Wechselstab durch die Kapsel, die Flexoren und das subkutane Ge­ webe vorgeschoben werden, um an dieser Posi­ tion die Hautinzision durchzuführen (O’Driscoll u. Morrey 1992). Alternativ kann dieses Portal in Out-side-in-Technik ca. 2 cm proximal des Epicondylus humeri medialis und ventral des Septum intermusculare angelegt werden. Es ist darauf zu achten, dass lediglich eine Hautinzi­ siondurchgeführt wird und die tieferen Gewebs­ anteile stumpf perforiert werden, um eine Ver­

letzung von neurovaskulären Strukturen zu ver­ meiden. Nach pathologiekonformem Vorgehen wie Ent­fernung der freien Gelenkkörper oder einer partiellen Synovektomie muss das Gelenk von ­medial inspiziert werden, um radialseitige Patho­ logien adäquat detektieren und beurteilen zu ­können. Hierzu bietet sich die Nutzung von Wech­ selstäben an. Nach Entfernung der Instrumentarien erfolgt der Wundverschluss sowie die Anlage eines Kom­ pressionsverbands. 6.6.1

Komplikationen

Die häufigste Komplikation betrifft Nervenverlet­ zungen, die selten auftreten und in der Regel tran­ sient sind. In der Literatur wird die Inzidenz mit 0–14 % angegeben (Kelly et al. 2001, Lynch et al. 1986, Papilion et al. 1988, Ruch u. Poehling 1997). Obwohl diese eher bei komplexeren Eingriffen auftreten, sind durchaus Läsionen des N. ulnaris, des N. medianus sowie des tiefen Astes des N. ra­ dialis beschrieben worden.

6

6

70

C. Gerhardt und M. Scheibel

6.6.2

Ergebnisse

Clasper et al. beschrieben in ihrer retrospektiven Evaluation die Ergebnisse von 57 arthroskopierten Ellenbogengelenken (n = 54 Patienten), die bei Verdacht auf freie Gelenkkörper der operativen Intervention zugeführt wurden (Clasper u. Carr 2001). Etwa 80 % der Patienten profitierten von der Prozedur, insbesondere diejenigen, die tat­ sächlich freie Gelenkkörper aufwiesen. O’Driscoll et al. berichteten die Ergebnisse von 24 Ellenbogenarthroskopien, bei denen in 18 Fäl­ len die Entfernung von freien Gelenkkörpern durchgeführt wurden (O’Driscoll u. Morrey 1992). Patienten ohne weitere Pathologie profitierten am meisten von der Intervention, wohingegen die ­alleinige Entfernung freier Gelenkkörper ohne Adressierung möglicher Begleitpathologien (z. B. eine Früharthrose) grundsätzlich schlechtere Er­ gebnisse erwarten lässt. 6.7

Postoperative Maßnahmen

Bei alleiniger Entfernung freier Gelenkkörper ist eine Ruhigstellung nicht notwendig. Eine schmerz­ adaptierte passive und aktive Mobilisierung ist ab dem ersten postoperativen Tag möglich. Nach Fadenzug und Erreichen der freien Beweglichkeit kann mit dem Belastungsaufbau begonnen werden. Eine Veränderungen und Anpassung ist natür­ lich in Abhängigkeit der zugrunde liegenden Pa­ thologie bzw. deren operativen Therapie not­ wendig.

Literaturverzeichnis Clasper JC, Carr AJ (2001) Arthroscopy of the elbow for loose bodies. Ann R Coll Surg Engl 83: 34–36 Dubberley JH, Faber KJ, Patterson SD (2005) The detection of loose bodies in the elbow. J Bone Joint Surg 87(5): 684–686 Hackl M, Lappen S, Burkhart KJ, Leschinger T, Scaal M, Müller LP, Wegmann K. Elbow (2015)Positioning and Joint Insufflation Substantially Influence Median and Radial Nerve Locations. Clin Orthop Relat Res 473: 3627–3634 Kelly EW, Morrey BF, O’Driscoll SW (2001) Complications of elbow arthroscopy. J Bone Joint Surg Am 83-A: 25–34 Lynch GJ, Meyers JF, Whipple TL, Caspari RB (1986). Neurovascular anatomy and elbow arthroscopy: inherent risks. Arthroscopy: J Arthroscopic Rel Surg 2: 190–197 Milgram JW (1977a) The classification of loose bodies in human joints. Clin Orthop Relat Res 282–291 Milgram JW (1977b) Synovial osteochondromatosis: a histopathological study of thirty cases. J Bone Joint Surg Am 59: 792–801 Miller CD, Jobe CM, Wright MH (1995). Neuroanatomy in elbow arthroscopy. J Shoulder Elbow Surg 4: 168–174 O’Driscoll SW, Morrey BF (1992) Arthroscopy of the elbow. Diagnostic and therapeutic benefits and hazards. J Bone Joint Surg Am 74: 84–94 Papilion JD, Neff RS, Shall LM (1988) Compression neuro­ pathy of the radial nerve as a complication of elbow arthroscopy: a case report and review of the literature. Arthroscopy: J Arthroscopic Rel Surg 4: 284–286 Phemister DB (1924) The causes and changes in loose bodies arising from the articular surface oft he joint. J Bone Joint Surg 6: 278–315 Ruch DS, Poehling GG (1997) Anterior interosseus nerve injury following elbow arthroscopy. Arthroscopy: J Arthroscopic Rel Surg 13: 756–758

71

Ellenbogenluxation A. Lenich, S. Siebenlist

7.1

Einleitung  – 72

7.2

Pathologie  – 72

7.2.1 Ligamentäre ­Ellenbogenluxation   – 72 7.2.2 Luxationsfrakturen des Ellenbogens  – 72

7.3

Diagnostik  – 72

7.3.1 7.3.2 7.3.3

Anamnese  – 72 Klinische Evaluation  – 72 Bildgebende Diagnostik  – 72

7.4

Indikationen zur Arthroskopie   – 73

7.5

Operationsprinzip/Instrumente  – 73

7.6

Operationsvorbereitung  – 73

7.7

Operationstechnik  – 73

7.8

Postoperative Maßnahmen  – 77

Literaturverzeichnis  – 77

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_7

7

7

72

A. Lenich und S. Siebenlist

7.1

Einleitung

Die Luxation des Ellenbogens ist die zweit­ häufigste Luxation großer Gelenke. Es sind die rein ligamentären Luxationen von den Luxations­ frakturen des Ellenbogens zu differenzieren. Nach der Reposition muss eine exakte Diagnostik zur Erfassung des gesamten Schadenausmaßes erfolgen. Erst durch die dann vorliegenden Be­ funde ist der Behandler in der Lage, die Indika­ tion zur konservativen oder operativen Therapie zu stellen. Die Arthroskopie (ASK) des Ellenbogens nach einer Luxation kann sowohl als diagnostisches Mittel als auch als Therapieverfahren dienen und hat somit einen hohen Stellenwert in der Behand­ lung unterschiedlichster Pathologien (Vester et al. 2014). Daher wird die Arthroskopie als additive Diagnostik in den letzten Jahren zunehmend häu­ figer eingesetzt (Dexel u. Kasten 2013, Hollinger et al. 2014). 7.2

Pathologie

7.2.1

Ligamentäre ­Ellenbogenluxation

Die rein ligamentäre Luxation tritt vornehm­ lich bei jungen Patienten auf. Es wird nach der Luxa­tionsrichtung unterschieden und eingeteilt. Die häufigsten Luxationsrichtungen sind in 80 % der Fälle die dorsale bzw. dorsoradiale Luxa­ tion. ­Seltener sind die ulnare und ventrale Luxa­ tionsrichtung zu beobachten (20 %). Nur in Einzelfäl­len von Hochrasanztraumen wird die divergierende Luxation beobachtet (3mm im seitlichen Bild als Zeichen einer persistierenden Rotationsinstabilität (Coonrad 2005) 55„Stoeren-Linie“: Nach dorsal verschobene Radius-Kapitulum-Achse 55„Osborne-Cotterill-Läsion“: Knöcherne ­Impression dorsal am Kapitulum als Zeichen der stattgehabten Luxation des Radiuskopfes hinter das Kapitulum („Hill-Sachs-Delle“ des Ellenbogens; Osborne u. Cotterill 1966)

Schnittbilddiagnostik Die CT-Untersuchung des Ellenbogengelenkes ist bei Verdacht auf ossäre Absprengungen und freie Gelenkkörper indiziert, um diese präoperativ ge­ nau zu lokalisieren und zu klassifizieren. Mittels MRT kann der ligamentäre und mus­ kuläre Schaden evaluiert werden. Fragliche Inkon­ gruenzen und deren Ursachen (Knorpelfrag­ mente, Weichteilinterponate) können diagnosti­ ziert werden. Die Untersuchung muss in strecknaher Stel­ lung des Gelenks durchgeführt werden. Nur so können Inkongruenzen und Bandverletzungen sicher beurteilt werden, da erst in extensionsnaher Stellung durch die fehlende aktive muskuläre Führung eine Subluxation der Gelenkpartner re­ sultiert (Osborne u. Cotterill 1966). 7.4

Indikationen zur Arthroskopie

Bei Verdacht auf freie Gelenkkörper und Knorpel­ schäden ist die Indikation für eine ASK nach einer Ellenbogenluxation gegeben. Bei gering dislozier­ ten Frakturen der intrakapsulären Gelenkanteile kann eine ASK-unterstütze Frakturversorgung indiziert sein. In Fällen von chronischen Ellenbo­ generkrankungen kann die Indikation zu einer diagnostischen Arthroskopie und Stabilitätsprü­ fungen der einzelnen Kapselbandstrukturen ge­ stellt werden.

7.5

Operationsprinzip/Instrumente

55Standard-ASK-Ellenbogen-Instrumente (7 Kap.4) 55Kirschner-Drähte und kanülierte Headless Screws (HCS = kopflose Kompressions­ schrauben) für die Frakturversorgung (7 Kap.14) 7.6

Operationsvorbereitung

Die Verwendung einer Blutsperre ist vorteilhaft, aber nicht zwingend erforderlich. 55Lagerung auf der kontralateralen Seite 55Zu operierender Arm in Höhe der Blutsperre auf einem flexiblen Armhalter (z.B. TrimanoSchiene). Hautdesinfektion und steriles ­Abdecken, Anzeichnen der palpablen anato­ mischen Strukturen und aller möglichen ­Zugangswege (7 Kap.4) 55Team-Time-Out 7.7

Operationstechnik

55Punktion und Auffüllen des Gelenkes nach Aspiration mit Spülflüssigkeit 55Anteriolaterales Portal für die Spülkanüle. Dorsale Gelenkaspekte – Recessus ulnaris, ­radialis und Fossa olecrani – werden inspi­ ziert (. Abb. 7.1, . Abb. 7.2, . Abb. 7.3, . Abb. 7.4, . Abb. 7.5, . Abb. 7.6, . Abb. 7.7, . Abb. 7.8, . Abb. 7.9) 55Abschluss dorsal und Wechsel nach ventral 55Wundverschluss subkutan und intrakutan mit resorbierbarem Nahtmaterial k kKomplikationen (Vester et al. 2014, Dexel u. Kasten 2013, Hollinger et al. 2014)

Die Patienten sind auf folgende postoperativen Komplikationen hinzuweisen: 55Irreparable Nervenläsion 55Temporäre Nervenaffektionen bzw. ­Parästhesien 55Zunehmende Bewegungseinschränkung des Ellenbogens 55Allgemeine chirurgische Komplikationen (z. B. Wundheilungsstörung, Fistelbildung, Infektion)

7

74

A. Lenich und S. Siebenlist

a

7

b ..Abb. 7.1a,b  Der arthroskopische Einblick in den ­Recessus radialis (a) und Recessus ulnaris (b) ist nach einer Luxation durch Hämatome und kleinste freie Gelenkkörper erschwert. Diese können mit dem Shaver und Fasszangen entfernt werden ..Abb. 7.3a–d  a Freier Gelenkkörper im Humero­ ulnargelenk. b,c Bei sehr ­hoher Mobilität kann die­ sermit einer Kanüle fixiert ­werden, um den Körper ­sicher zu fassen und ein ­Verrutschen in unzugäng­ lichere Gelenkbereiche zu verhindern. d Auf dem OP-Tisch wird der Gelenk­ körper vermessen und auf seine Qualität geprüft. Stabile Abschlagfragmente können refixiert werden. Sind die Knorpelstücke klei­ ner als 1cm2 oder fragmen­ tiert, ist eine Replantation nicht ratsam

..Abb. 7.2 Knorpelfragment im Humeroulnargelenk. Bei dem arthroskopischen Rundgang lassen sich Knorpel­ abschlagfragmente identifizieren und entfernen. Somit lassen sich Blockaden verhindern und die freie Gelenkbe­ wegung wiederherstellen

a

b

c

d

75 Ellenbogenluxation

a

a

b

b

c

..Abb. 7.4a, b  a Knorpelflake im Bereich der Trochlea humeri einseitig anheftend. b Um die Entstehung eines freien Gelenkkörpers zu verhindern, wird der Flake mit dem Dukebill entfernt

d

e

..Abb. 7.5a–e  a Ausgefranste Defektstelle am Capitu­ lum humeri. b Nach dem Dèbridement der losen Knorpel­ randstücke ist die Stabilität des Randwalles mit dem Tast­ haken zu prüfen. c Um Frakturen zu identifizieren, ist der Defektgrund im nächsten Schritt auf seine Stabilität mit dem Tasthaken zu untersuchen. d Liegt ein stabiler De­ fektgrund vor, kann mit dem Mikrofrakturierungsmeißel im Abstand von 2–3 mm die Fläche mikrofrakturiert wer­ den. e Ausströmendes Blut und Fett aus dem Knochen bestätigen den Erfolg. Hierfür ist manchmal der Spülflüs­ sigkeitsdruck zu reduzieren

7

76

A. Lenich und S. Siebenlist

..Abb. 7.6  Stabilitätsprüfung im Humeroulnargelenk mit dem Wechselstab bestätigt die Läsion des lateralen ulnaren kollateralen Ligaments (LUCL) und zeigt einen Knorpeldefekt an der Kapitulumspitze

..Abb. 7.7 Stabilitätsprüfung im Humeroradialgelenk mit dem Wechselstab zeigt eine großen Knorpelschaden am Radiuskopf mit festsitzendem Knorpelflap

7

a

a

b

b

c

..Abb. 7.8a, b  a Sicht im ventralen Ellenbogengelenk auf den unverletzten Radiuskopf und das Kapitulum in Supinationsstellung des Unterarmes. b In gleicher Arthro­ skopposition und Pronationsstellung des Unterarmes zeigt sich der fragmentierte Knorpel über einer Delle der Radiuskopfkontur. Es ist wichtig, bei einem diagnosti­ schen Rundgang die Gelenkkörper zu bewegen, um alle Anteile sicher zu sehen und um Verletzungen zu doku­ mentieren und ggf. therapieren zu können

..Abb. 7.9a–c  Arthroskopische Sicht auf den Radius­ kopf von dorsoradial. a Radiuskopffraktur mit leichter Dis­ lokation und Frakturhämatom im Frakturspalt. b, c Aus­ räumen der Fragmente und des Frakturhämatoms sowie Reposition der Fraktur mit dem Tasthaken. Positionierung des Frakturspaltes für eine minimalinvasive Schrauben­ osteosynthese (7 Kap.14)

77 Ellenbogenluxation

7.8

Postoperative Maßnahmen

Die Nachbehandlung steht in Abhängigkeit der Verletzung und Versorgung. Somit kann ein allge­ meingültiges Schema für die Nachbehandlung der mannigfaltigen Luxationsmöglichkeiten nicht ge­ geben werden und sollte vom Operateur festgelegt werden.

Literaturverzeichnis Adolfsson LE, Nestorson JO, Scheer JH (2017) Extensive soft tissue lesions in redislocated after simple elbow dislocations. J Shoulder Elbow Surg 26(7): 1294–1297 Coonrad RW, Roush TF, Major NM, Basamania CJ (2005) The drop sign, a radiographic warning sign of elbow instability. J Shoulder Elbow Surg 14: 312–317 Dexel J, Kasten P (2013) Technik der Ellenbogenarthrosko­ pie. Arthroskopie 26: 174–180 Hollinger B, Dehlinger F, Franke S (2014) Diagnostic and treatment of elbow instability. Obere Extremität 2014; 9: 147–155 Osborne G, Cotterill P (1966) Recurrent dislocation of the elbow. J Bone Joint Surg Br 1966; 48: 340–346 Siebenlist S, Biberthaler P (2013) Acute soft tissue injuries of the elbow. Trauma Berufskrankh 17 (Suppl 1): 132–139 Vester H, Siebenlist S, Imhoff AB, Lenich A (2014) Arthro­ scopy of the elbow: diagnostic and therapeutic ­approaches. Orthopäde 43: 943–956

7

79

Radiale Instabilität C. Schoch, M. Geyer

8.1

Ätiologie  – 80

8.2

Indikation  – 80

8.3

Operationsprinzip/Instrumente  – 80

8.4

Operationsvorbereitung  – 82

8.4.1 8.4.2

Anamnese und klinische ­Untersuchung  – 82 Bildgebung  – 82

8.5

Operationstechnik  – 82

8.6

Nachbehandlung  – 88

Literatur  – 89

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_8

8

8

80

C. Schoch und M. Geyer

8.1

Ätiologie

Die posterolaterale Ellenbogeninstabilität kann Folge einer isolierten varisierenden oder hyper­ extendierenden Verletzung sein, aber auch als ­Residuum nach konservativ therapierter Ellen­ bogenluxation verbleiben. Auch nach operativer Versorgung einer Makroinstabilität kann eine postero­laterale Rotationsinstabilität (PLRI) ver­ bleiben. Auch das Entstehen einer chronischen Instabilität ohne Makrotrauma ist möglich: Durch repetitive (Mikro-)Traumatisierungen in prädesti­ nierenden Sportarten oder bei beruflicher Exposi­ tion kann es zu einer Elongation oder Verletzung des pos­terolateralen Kapsel-Band-SehnenansatzKomplexes kommen, die ebenso in der PLRI e­ ndet. Während zur Inzidenz der akuten Ellenbogen­ instabilität mit 6–13 Fällen/100.000 Einwohner/ Jahr (Josefsson et al. 1986) genaue Zahlen vorlie­ gen, kann die Zahl der jährlich auftretenden iso­ lierten radialen Instabilitäten, akut wie chronisch, nicht benannt werden. Die Autoren gehen von einer ähnlich hohen Zahl an okkulten Instabilitä­ ten aus, die im klinischen Alltag aufgrund der Schmerzsymptomatik an den Sehnenansätzen ge­ lenknah der „chronischen Epikondylitis“ zugeord­ net werden (Geyer et al. 2013). Die chronische laterale Instabilität kann in der klinischen Untersuchung und in der Bildgebung relativ diskret ausfallen, in Narkose unter Verlust des Muskeltonus und vor allem bei arthroskopi­ scher Instabilitätsprüfung umso eindrücklicher erscheinen. Es ist daher bei unklaren Schmerzzu­ ständen des lateralen Ellenbogens eine diagnosti­ sche Arthroskopie zu empfehlen. 8.2

Indikation

Bei der lateralen Instabilität dient die Arthrosko­ pie zum einen dem Nachweis und der Graduie­ rung der Instabilitätsrichtung, zum anderen kön­ nen Begleitpathologien wie Chondromalazien oder eine rupturierte Plika mit therapiert werden. Eine Stabilitätsprüfung mittels Pivot-Shift nach O’Driscoll beim wachen Patient und bei entspre­ chendem Weichteilmantel auch beim schlafenden Patienten ist nicht immer sicher durchführbar (O’Driscoll et al. 1991). Sonografisch wurden mittlerweile die ersten Tests am Leichenpräparat publiziert, im klinischen Alltag ist dies jedoch noch nicht angekommen (Camp et al. 2016).

Radiologisch lässt sich die PLRI im biplanaren Röntgenbild ebenso allenfalls vermuten. Die Bild­ wandlerkontrolle mit in 45Grad flektiertem und kraftvoll supinierten Ellenbogen zeigt gegebenen­ falls die Subluxation (Eygendaal et al. 2002). Im direkt offenen Vorgehen nach erfolgtem Bild­ wandlernachweis der Instabilität können trotz im­ mer besserer MRT-Bildgebung Knorpelschäden und andere intraartikuläre Begleitpathologien – die ebenso wie die Instabilität lateralen Ellen­ bogenschmerz auslösen – übersehen werden und entgehen somit der Therapie. Die Arthroskopie stellt daher bei lateraler Instabilität ein diagnosti­ sches und therapeutisches Mittel für die Entschei­ dungsfindung zur adäquaten Therapie dar. Die nach positiver Diagnostik durchzuführende Stabi­ lisierung ist aktuell ein offenes Vorgehen mit Bandplastik aus Trizepssehne oder Grazilissehne. Einzelne Arbeitsgruppen berichten im akuten Fall von arthroskopisch-assistierter Bandrefixation (O’Brien u. Savoie 2014) oder Bandraffungen (VanRiet 2015). Im chronischen Fall ist jedoch ­sicher die Bandrekonstruktion mit autologem Sehnen-Graft der Goldstandard. 8.3

Operationsprinzip/Instrumente

Die Arthroskopie dient zum einem dem Aus­ schluss und der Therapie anderer Begleitpatholo­ gien, zum anderen vor allem der Diagnostik der Instabilitätsrichtung. Hierfür ist mindestens eine dorsale und dorsolaterale Arthroskopie mit Test­ instrument (Wechselstab) durchzuführen. Hierbei wird versucht mit einem Wechselstab die Stabilität der einzelnen Gelenkpartner gegeneinander abso­ lut und relativ zu evaluieren. Zur Dokumentation kommen: 55Die absolute Aufdehnbarkeit in mm und 55das Gefühl am Ende des Bewegungsaus­ maßes, ob ein Bandanschlag vorhanden ist oder nicht. Hier wird, angelehnt an O’Driscoll, eine Gra­ duierung in 3 Instabiltätsgrade durchgeführt (O’Driscoll et al. 1992). Getestet wird die Eingän­ gigkeit des Wechselstabs von dorsal zwischen ­Olekranon und Humerus bei 90-Grad-hängen­ dem Arm. Durch den Wechselstab wird das Ellen­ bogengelenk in die rotatorische posterolaterale Instabilität der Ulna gegenüber dem Humerus gedrängt (PLRI), bei instabilen Gelenken kommt

81 Radiale Instabilität

a

b

c

d

..Abb. 8.1a–d  Mögliche Begleitpathologien: a Plika, b Knorpelschaden Radiuskopf (pathognomonisch am Ra­

diuskopfrand), c Knorpelschaden zentral mit Mikro­frak­tu­ rierung, d pathognomonische Osteophyten am ­Koronoid

es zur Subluxation des Koronoids nach dorsal. Ge­ gebenenfalls kann der Wechselstab von dorsal über die Koronoidspitze geschoben werden oder quer durch das Gelenk zwischen Ulna und Hume­ rus geschoben werden („drive through sign“). Ebenso kann die Stabilität des proximalen ­Radioulnargelenks und die reine Varus-/Valgus­ instabilität evaluiert werden. Bei einer Rotation entsprechend dem „Pinzettengriff “ lässt sich die Dorsalisierung des Radiuskopfes gegenüber dem Kapitulum beurteilen. Hier zeigen sich bei aus­ gedehnten Instabilitätsbefunden arthroskopisch gut erkennbare, pathognomonische Knorpelaro­ sionen am Radiuskopfrand. Eventuelle Begleit­ pathologien wie Synoviahypertrophie oder Chon­ dromalazie können mit Débridement behandelt werden (. Abb. 8.1). Folgendes Instrumentarium wird für die ­arthroskopische Stabilitätsprüfung (mit thera­ peutischer Option) benötigt: 55Vakuummatratze oder Halterungen zur Seit­ lagerung des Patienten

55Armhalter zur Auslagerung des Arms 55Tourniquet (optional) 55Steriler Hautmarker 55Sterile 20-ml-Spritze und Punktionskanüle (zur Gelenkinsufflation) 55Stichskalpell (Nr. 11) 55Inflow-Kanüle 55Standard-4-mm-Arthroskop mit 30-GradOptik mit Trokar, Trokarhülse und Licht­ quelle 55Wechselstab 4mm 55Shaver (z.B. 3,5mm) 55Nahtmaterial für den Verschluss der Portale Soll eine LUCL(Laterales-ulnares-kollateralesLigament)-Bandplastik durchgeführt werden, werden folgende Instrumente zusätzlich benötigt: 55Armlagerungstisch/Bänkchen 55Normales Skalpell (Nr. 20) 55Scharfe Haken, Langenbeck-Haken, kleine Hohmann-Haken 55Präparierschere

8

82

C. Schoch und M. Geyer

55Bohrdraht zum Überbohren mit 5-mm-Bohrer 55Bizeps-Button für ulnare Fixation (alternativ Tenodeseschraube) 554,75-mm-Peek-Tenodeseschraube (alternativ z.B. SwiveLok-4,75-mm-Peek) mit entsprechendem Schraubendreher 552-mal hochstabiler Nahtfaden (z. B. FibreWire Nr.2/FibreLoop) zur ­Bandarmierung 552,5-mm-Bohrer (für transossäre Nähte, ­alternativ knotenfreier Anker) 550er,1er und 2er resorbierbare Nähte (z. B. Vicryl) zum Wundverschluss

8

8.4

Operationsvorbereitung

8.4.1

Anamnese und klinische ­Untersuchung

55Unfallmechanismus sofern vorhanden, Schmerzanamnese 55Voroperationen (anteriore Transposition des N.ulnaris), Vorinfiltrationen 55Haut-Weichteil-Verhältnisse (offene Wunden, Schwellung/Hämatom, vorbestehende ­Narben) 55Stabilitätstestung im wachen Zustand (meist Apprehension) und in Narkose (mediale/late­ rale Aufklappbarkeit, posterolaterale Rota­ tionsinstabilität, Luxationstendenz) 8.4.2

Bildgebung

Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen stellen die Grundlage der bildgebenden Diagnostik dar. Hier können das „drop sign“ oder a.-p.-Gelenkinkon­ gruenzen erkannt werden. Die Kernspintomografie zeigt in der chroni­ schen Instabilität nicht nur die Verletzung der ­Ligamente und gegebenenfalls den begleitenden Extensorendefekt, die bei einer entsprechenden Schädigung als direktes Instabilitätszeichen ge­ wertet werden können, vielmehr kann die Wei­ tung des Gelenkspaltes auf die jeweilige Instabili­ tätsrichtung hindeuten. Die dorsale Subluxations­ stellung des Radiusköpfchens im MRT weist auf eine PLRI hin. Das Drop Sign zeigt sich im MRT deutlich ge­ nauer und deutet auf eine posterolaterale Subluxa­

tionsstellung hin mit einer Inkongruenz der Ulna in der Trochlea. Diese Fehlstellung der Gelenk­ partner ist sowohl in der sagittalen, als auch in der axialen Schicht zu erkennen. Eine Beurteilung des Extensorenansatzes ist ebenso möglich. Bei langfristig bestehenden Insta­ bilitäten kommt es nicht nur klinisch zu Ansatzbe­ schwerden der Extensoren, sondern auch im MRT lassen sich nicht selten Degenerationen nachwei­ sen und deuten auf vermehrten muskulären Stabi­ lisierungsversuch mit konsekutiver Gewebeermü­ dung und Teilruptur hin. Ebenso zeigen sich bei langem Krankheitsver­ lauf am Olekranon entsprechend der Instabilitäts­ richtung abstützende Osteophyten (Cain et al. 2003). 8.5

Operationstechnik

Im Weiteren wird der stabilitätsprüfende Rund­ gang dargelegt. Die . Abb. 8.2, . Abb. 8.3 und . Abb. 8.4 zeigen die 3 verschiedene Ausprägungs­ grade der PLRI. Mögliche Begleitbefunde wie ­Plika, Chondromalazie, freie Gelenkkörper (FGK) können diagnostiziert und therapiert werden (. Abb. 8.1). In seltenen Fällen zeigt sich eine ausgeprägte Instabiltiät des proximalen radioulnaren Gelenks (PRUG; . Abb. 8.5). Im Nachgang wird exemplarisch die offene Bandplastik erläutert und in . Abb. 8.6 dargestellt. Der Eingriff wird in Allgemeinanästhesie und in Seitenlage des Patienten durchgeführt. Die betroffene Extremität wird an einem Armhalter in 90-Grad-Flexion ausgelagert. Hierbei muss sich der Operateur präoperativ vergewissern, dass die Lagerung einen ausreichenden Bewegungs­ radius des zu operierenden Armes erlaubt und insbesondere keine Beugehindernisse vorliegen. Ebenso ist die konsequente Polsterung des nicht zu operierenden Armes zu kontrollieren (N.radi­ alis!). Perioperativ sollte eine i.v.-Antibiose er­ folgen. Nach Anlegen einer Blutsperre/-leere mit 250mmHg Druck, sterilem Abwaschen und Ab­ decken, werden die zur arthroskopischen Orien­ tierung wichtigen anatomische Landmarken (Ole­ kranonspitze, Radiuskopf, Kapitulum, Trochlea, N.ulnaris) angezeichnet. Im Anschluss erfolgt die Gelenkinsufflation mit 20–30 ml NaCl-Lösung über das dorsale „Soft-Spot-Portal“ und die An­

83 Radiale Instabilität

a

b

c

d

..Abb. 8.2a–d  PLRI 1°, Aufdehnbarkeit 10mm, kein Anschlag, g luxierbares Koro­ noid von dorsal, h Extensorenschaden von intraartikulär (i.a.)

8

86

C. Schoch und M. Geyer

..Abb. 8.5  Instabilität im proximalen Radioulnargelenk (PRUG)

8

Rotation eingebracht werden (Pinzettengriff), so­ dass unter Sicht die Translation des Radiuskopfes erkennbar wird. Abschließend wird der Trokar zwischen Humerus und Ulna in Richtung Koro­ noidspitze vorgeschoben. Ist ein „Einhängen“ am Koronoid möglich oder lässt sich der Gelenkspalt weit (>10mm) und ohne festen Anschlag aufdeh­ nen, so wird eine Grad-3-Instabilität dokumen­ tiert. Ist ein Aufdehnen nur bis ca. 5mm möglich und ist die Spitze des Trokars nicht über das Koro­ noid schiebbar, sprechen wir von einer Grad-2-In­ stabilität, unter 5mm von einem stabilen Ellenbo­ gen (Grad-1-Instabilität). Nun wird das Kamera­ portal gewechselt, die einliegende Spülkanüle kann als Optik-Sleeve genutzt werden. Varusstress kann auf den medialen Gelenkanteil durchgeführt werden, um somit eine ulnare Instabilität oder Kombinationen auszuschließen. Die Etablierung eines anteromedialen Portals in Ulnarisnähe ist im Rahmen der reinen Instabilitätsdiagnostik nicht zwingend notwendig. Die 2.- und 3.-gradige Instabilität sollte mittels einer Bandplastik versorgt werden: Hierfür wird das Arthroskopiematerial entfernt, der Arm waa­ gerecht auf einem Armtischchen gelagert. Die dor­ salen Zugänge dienen als Leitlinie für den offenen Zugang. Dieser erfolgt unter Einbeziehung der Portale bogenförmig von etwa Höhe Radiuskopf nach proximal hinter dem Epikondylus zum Tri­ zeps hin. Nach Durchtrennen des Subkutangewe­ bes wird die Unterarmfaszie dargestellt und längs gespalten. Die Faszie wird dann sorgsam nach ventral über die Extensorengruppe hinaus mobili­ siert, sodass der gemeinsame Ansatz zur Darstel­ lung kommt. Die Extensoren werden nun von

dorsal des Epikondylus vom M. anconeus kom­ mend nach ventral subperiostal abgelöst und im Kocher-Intervall mobilisiert. Der Epikondylus wird elektrothermisch denerviert und mit dem Luer angefrischt. Im eigenen Vorgehen wird ein ca. 7mm breiter und 6cm langer Trizepsstreifen aus dem zentralen Drittel entnommen, der Hebe­ defekt Seit-zu-Seit verschlossen und die Sehne an einem Ende mit Bunnel-Nähten mit FibreWire armiert. Als Revisions- oder Alternativtransplan­ tat bieten sich Palmarissehne oder Grazilissehne an. Nun erfolgt die Positionierung des Transplan­ tates. Ulnar wird im Kocher-Intervall das Lig. anu­ lare dargestellt, am distalen Ansatz erfolgt dann die erste Bohrung in die Fläche der Ulna. Hier wird ein mit den Fäden der Bandarmierung verse­ hener Bizeps-Button (Fa. Arthrex, Naples, USA) eingebracht und geflippt, das Band hierüber ein­ gezogen und fixiert. Die Fäden werden lang belassen, sodass hier­ mit eine Isometriemessung humeral möglich ist. Hierfür wird am Insertionspunkt des LUCL ein Bohrdraht eingebracht und über das Fadenmodell die korrekte Isometrie nochmals überprüft, der Draht dann mit dem 5-mm-Bohrer überbohrt. Auf diese Bohrung erfolgt von dorsal eine Ziel­ bohrung für eine transossäre Naht, eine zusätzli­ che Bohrung wird am proximaleren Epikondylus angelegt. Nun wird das Gelenk reponiert, das Transplantat abgelängt und das proximale Ende mit FibreWire-Bunnel-Nähten armiert, das Trans­ plantat nun in die Bohrung eingezogen und unter maximaler Anspannung mit einer Tenodese­ schraube (Peek, 4,75mm, Fa. Arthrex) fixiert. Die Restfäden werden transossär ausgezogen und die abgelösten Extensoren wieder refixiert. Hierbei muss großes Augenmerk darauf gelegt werden, dass die Unterarmfaszie nicht mitfixiert wird, um ein Gleiten der Schichten zu gewährleisten. Das Kocher-Intervall wird verschlossen, der M.anco­ neus gegen die Extensoren genäht, sodass die ­Fadenknoten gedeckt sind. Die Unterarmfaszie wird ebenso vernäht, hiernach erfolgt der schicht­ weise Wundverschluss. Abschließend erfolgt eine elastokompressive Wickelung und eine Oberarm­ gipsschiene wird angelegt.

87 Radiale Instabilität

a

b

c

d

e

f

h

i

..Abb. 8.6a–o  Standardablauf einer Bandplastik des ­lateralen ulnaren kollateralen Ligaments (LUCL). a Zugang, b Spalten der Unterarmfaszie, c Zugang Kocher-Intervall mit subperiostalem Auslösen vom M.anconeus her, d Tri­ zeps­sehnenentnahme, e Bohrung ulnar, Höhe Ansatz dis­ tales Lig. anulare, f Einbringen des Fixations-Buttons, g Iso­ metriepunkt humeral, h Isometriemessung mit humeral

g

eingebrachtem Bohrdraht, i humerales Ablängen und ­Armieren, j Anlegen der transossären Refixationsfäden, k LUCL-Fixation mit 4,75-mm-Peek-Tenodeseschraube, l Extensorenrefixation m Kocher-Intervall-Verschluss und Adaptation M.anconeus gegen Extensoren, n Verschluss der Unterarmfaszie, o Post-OP-Röntgenbild

8

88

C. Schoch und M. Geyer

j

k

l

m

n

o

8

..Abb. 8.6j–o (Fortsetzung)

8.6

Nachbehandlung

In der Schmerztherapie hat sich ein perioperativer interskalenärer Schmerzkatheter bewährt, gerade die ersten 48 h sind stark schmerzhaft (Schoch 2014). Eine postoperative radiologische Kontrolle sollte erfolgen. . Abb. 8.7 zeigt die regelrechte postoperative Kontrolle mit verschiedenen Fixati­ onsmaterialien/optionen. Nach 3–5 Tagen der Wechsel auf eine bewe­ gungslimitierende Orthese (z. B. EpicoRom, Fa Medi, Bayreuth) als Schutz für insgesamt 4 Wo­ chen. Anfangs erfolgt Lymphdrainage und passive Mobilisation. Nach Ausheilen der Flexoren kann nach ca. 6Wochen mit zunehmender Kräftigung

begonnen werden. Freies Bewegungsausmaß und gute Belastbarkeit sind ca. 3Monate nach der Ope­ ration zu erwarten. k kTipps und Tricks

55Die Arthroskopie ist der diagnostische Schlüssel zur Instabilitätsgraduierung. 55Eine Isometriemessung vor Bandrefixation ist obligat, um keine durch das Band hervorge­ rufene Beuge- oder Streckhemmung hervor­ zurufen. 55Der Gelenkschluss sollte durch die Lagerung bereits erfolgen, sodass eine Refixation des Bandtransplantates in maximaler Spannung erfolgen kann.

89 Radiale Instabilität

..Abb. 8.7a,b Fixations­ varianten. a Button-Button, b Tenodeseschraube-Teno­ deseschraube (Titan ulnar, Peek humeral)

a

55Wurde das Band zu kurz entnommen, um eine Einzugslänge von mindestens 10mm zu gewährleisten, ist die stabile Fixation über eine Tenodeseschraube gefährdet. Hier sollte dann eine zusätzliche Sicherung über Aus­ zugsnähte mit den Armierungsfäden mit But­ ton-Augmentation erwogen werden. 55Ist das entnommene Transplantat zu lang, wird keine Spannung aufbaubar sein. 55Ist das Transplantat zu groß im Durchmesser, wird ebenso ein Einziehen nicht adäquat möglich sein bzw. gegebenenfalls die Teno­ deseschraube nicht greifen. Ist das Transplan­ tat nicht reduzierbar, ist bei eben passender Bohrung eine Auszugsnaht und Button-Aug­ mentation denkbar.

Literatur Cain EL Jr., Dugas JR, Wolf RS,Andrews JR (2003) Elbow injuries in throwing athletes: a current concepts review Am J Sports Med 31(4): 621–635 Camp CL, O’Driscoll SW, Wempe MK, Smith J (2016) The sonographic posterolateral rotatory stress test for elbow instability: a cadaveric validation study. PM R: 1934–1482(16)30193–30199 Eygendaal D et al. (2002) Biomechanical evaluation of the elbow using roentgen stereophotogrammetric analy­ sis. Clin Orthop Rel Res 396:100–105 Geyer M, Schoch C, Harnoss T (2013) Therapiemöglichkei­ ten der chronischen ligamentären Ellbogeninstabilität. Arthroskopie 26 (3): 197–206 Josefsson et al. (1986) Incidence of elbow dislocation. Acta Orthop Scand 57(6): 537–538 O’Brien MJ, Savoie FH 3rd. (2014) Arthroscopic and open management of posterolateral rotatory instability of the elbow. Sports Med Arthrosc 22(3): 194–200 O’Driscoll SW, Bell DF, Morrey BF (1991) Posterolateral rotatory instability of the elbow. J Bone Joint Surg Am 73(3): 440–446

b

O’Driscoll SW, Morrey BF, Korinek S, An KN (1992) Elbow subluxation and dislocation: a spectrum of instability. Clin Orthop Rel Res 280: 186–197 Schoch C (2014). Learning curve in Ellbogen-Arthroskopie und LUCL-Bandplastik – eine persönliche Studie. ­Lecture Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenk­ chirurgie (AGA), Jahreskongress Innsbruck 2014 VanRiet RP (2015) Arthroscopic LUCL augmentation.­ ­Lecture International Advanced Course on Elbow Surgery (IAECS) Madrid 2015

8

91

Chronische ulnare ­Instabilität K. J. Burkhart, M. M. Schneider, B. Hollinger

9.1

Pathologie  – 92

9.2

Indikation   – 92

9.3

Operationsprinzip/Instrumente  – 93

9.3.1 9.3.2

Prinzip  – 93 Instrumente  – 94

9.4

Operationsvorbereitung   – 94

9.5

Operationstechnik  – 94

9.6

Postoperative Maßnahmen  – 98

Literatur  – 99

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_9

9

9

92

K. J. Burkhart et al.

9.1

Pathologie

9.2

Die chronische ulnare Instabilität kann zum einen durch ein akutes Valgustrauma ohne adäquate Therapie oder durch multiple repetitive Mikrotraumata entstehen. Gerade der letztere Mechanismus ist typisch für Überkopf- und Wurfsportler, bei denen mitunter extreme Valguskräfte auf den Ellenbogen wirken. Bei einem Baseballwurf und Tennisaufschlag treten Valguskräfte von über 60Nm auf. Die Belastbarkeit des medialen Kollateralbandes (MCL) liegt biomechanischen Studien zufolge aber nur bei 33Nm (Callaway et al. 1997). Diese Diskrepanz muss von der Flexoren-/Pronatorengruppe kompensiert werden. Wenn die Belastung jedoch die Kompensationskapazität der Muskulatur übersteigt, kommt es durch die repetitiven Belastungen zur allmählichen MCL-Insuffizienz (. Abb. 9.1; Chen et al. 2001). Diese wiederum erlaubt ein vermehrtes ulnares Aufklappen des Gelenks unter Valgusstress mit steigenden Zugkräften auf den ulnaren Weichteilen, zunehmendem Anschlagen des Olekranons an der medialen Wand der Fossa olecrani und steigenden Kompressionskräften im radialen Kompartiment (Chen et al. 2001). Dadurch kommt es zu den ­typischen Pathologien des Werferellenbogens: 55Posteromediale Osteophyten an Olekranon und Fossa olecrani 55Humeroradiale Arthrose 55Freie Gelenkkörper 55Beugekontraktur 55Gegebenenfalls Ulnarisneuropathie

Indikation

Die Indikation zur Arthroskopie kann auf der ­einen Seite zur Diagnosesicherung und Erhebung des Gelenkstatus im Rahmen der chronischen ­ulnaren Instabilität gestellt werden. Zum anderen kann die Arthroskopie effektiv in der Behandlung mechanischer Konflikte des Werferellenbogens eingesetzt werden. Die Indikation muss hier anhand klinischer und radiologischer Befunde sehr differenziert gestellt und gegenüber einer MCLBandplastik abgewogen werden: Es muss entschieden werden, ob die Instabilität oder die mechanischen Konflikte im Vordergrund stehen. Beklagt der Patient Beschwerden ähnlich einer ulnaren Epicondylitis mit klinisch auslösbarer Valgusinstabilität und im CT/MRT fehlenden posteromedialen Osteophyten, radialen Knorpelschäden und freien Gelenkkörpern, ist eher die Bandplastik indiziert. Steht dagegen eher ein mechanisches Impingement im Vordergrund mit typischen klinischen Befunden wie Hyperextensionsschmerz, Streckdefizit und Blockadephänomenen sowie mit den entsprechenden radiologischen Befunden­ (. Abb. 9.2), sollte zunächst ein arthroskopisches Débridement durchgeführt werden. Sollten trotz adäquatem Débridement Beschwerden zurückbleiben, die auf die Instabilität zurückzuführen sind, kann sekundär eine MCL-Plastik erforderlich werden, sofern der Knorpelstatus akzeptabel ist.

..Abb. 9.1 Pathophysiologie des Werferellenbogens

Zugkräfte

Osteophyten an der ulnaren Olekranonspitze und der ulnaren Fossa olecrani

Radiokapitale Kompression

Knorpelschäden radiohumeral durch die erhöhten Kompressionskräfte

93 Chronische ulnare ­Instabilität

..Abb. 9.2  30Jahre alter Tennisspieler mit klinisch vor­ herrschendem Impingement. Im konventionellen Röntgen zeigen sich beginnende degenerative Veränderungen. Erst im MRT wird das Ausmaß klar mit Osteophyten der

Fossa olecrani und coronoidea sowie der Koronoidspitze. Weiterhin zeigen sich die radiohumeralen Knorpelschäden deutlich

k kTipps

9.3

Operationsprinzip/Instrumente

9.3.1

Prinzip

55Indikation zur Arthroskopie (ASK) ggf. im Rahmen der Instabilitätsdiagnostik 55Indikation zur medialen Bandplastik bei 55Valgusinstabilität mit ulnarer Schmerzsymptomatik ohne Streckhemmung, ­Osteophyten und freie Gelenkkörper 55Indikation zum ASK-Débridement bei 55Streckhemmung 55Osteophyten des ulnaren Olekranons und der medialen Fossa olecrani 55Freien Gelenkkörpern 55Bandplastik gegebenenfalls sekundär nach Rekonvaleszenz nach ASK-Débridement

Das Gelenkdébridement mit Beseitigung mechanischer Hindernisse wird bei der chronischen ulnaren Instabilität eingesetzt, um die freie Beweglichkeit zu gewährleisten und den Impingementschmerz zu beheben.

9

94

K. J. Burkhart et al.

9.3.2

Instrumente

554-mm-30-Grad-Winkeloptik 554-mm-Wechselstab 55Scharfer Löffel 55Meißel 55Fasszange 554-mm-Shaver, ggf. Akromionizer 9.4

9

Operationsvorbereitung

Im eigenen Vorgehen wird die Seitenlage mit Armhalter bevorzugt. Der betroffene Arm sollte so gelagert werden, dass Extension und Flexion frei möglich sind. Single-Shot-Antibiose ca. 30min vor dem Hautschnitt. Eine unsterile Blutsperre wird angelegt und als Blutleere nach Aus­ wickeln mit einer Esmarch-Binde aktiviert. Steriles Abwaschen und Abdecken mittels Lochtuch. Anzeichnen der Landmarken und Portale: 55Olekranon 55N.ulnaris

a ..Abb. 9.3a,b  Das Arthroskop wird über das hohe dor­ soradiale Portal eingebracht. Blick auf den ulnaren Anteil des Humeroulnargelenkes (a). Der Wechselstab wird über das transtrizipitale Portal eingeführt, um den Grad der Aufklappbarkeit zwischen Olekranon und Trochlea am medialen Gelenkspalt zu messen. Dabei dient der maxi­ mal 4mm dicke Wechselstab als Referenz. Bei einem sta­ bilen Gelenk lässt sich der Wechselstab nicht in den Ge­

55Ulnarer und radialer (Epi-)Condylus 55Radiuskopf 55Anteroradiales Portal 55Hohes dorsoradiales Portal 55Tiefes dorsoradiales Portal 55Transtrizipitales Portal 55(Das anteroulnare Portal wird im eigenen Vorgehen in Inside-out-Technik angelegt.) Vor dem Hautschnitt wird ein Team-Time-Out durchgeführt. Auffüllen des mit 20ml Kochsalz­ lösung über den dorsalen Soft-Spot. 9.5

Operationstechnik

Die Operationstechnik ist in den . Abb. 9.3, . Abb. 9.4, . Abb. 9.5, . Abb. 9.6, . Abb. 9.7, . Abb. 9.8, . Abb. 9.9, . Abb. 9.10, . Abb. 9.11 dargestellt.

b lenkspalt einbringen. Bei diesem Test darf kein übermäßi­ ger Druck aufgebracht werden. Der Knorpel darf hierbei nicht verletzt werden. Ist das Gelenk ulnar instabil, lässt sich der Wechselstab ohne Kraftaufwendung zwischen Trochlea und Olekranon einbringen. Im vorliegenden Fall zeigt sich eine Aufklappbarkeit von 4mm, da sich der Wechselstab bis zu dicksten Stelle einbringen lässt (b)

95 Chronische ulnare ­Instabilität

a ..Abb. 9.4a,b  Über dieselbe Kameraeinstellung wird der posteromediale Osteophyt des Olekranons dargestellt (a). Dieser wird mit einem Meißel oder einem Shaver ab­ getragen. Hierzu bringt der Assistent in aller Regel den ­Ellenbogen in Extension, damit der Osteophyt mit dem Meißel oder Shaver gut erreicht werden kann. Es ist dar­

a ..Abb. 9.5a,b  Über dieselbe Kameraeinstellung wird der posteromediale Osteophyt der Fossa olecrani darge­ stellt (a). Dieser wird mit einem scharfen Löffel, Meißel

b auf zu achten, dass die ursprüngliche Anatomie möglichst wiederhergestellt wird (b). Eine Überkorrektur ist kontra­ produktiv, da bei erneuter Valgusbelastung der Stress auf das mediale Kollateralband (MCL) zusätzlich erhöht wird, da die stabilisierende Funktion des Olekranons beein­ trächtigt wird

b oder Shaver abgetragen (b), um die anatomische Form der Fossa wiederherzustellen

9

96

K. J. Burkhart et al.

a

9

..Abb. 9.6a,b  Das Arthroskop ist weiterhin über das hohe dorsoradiale Portal einbracht. Es wurde entlang des lateralen humeroulnaren Gelenkspaltes in Richtung des Radiuskopfes geschwenkt. Der Blick auf den Radiuskopf ist durch die Plica, Synovitis und einen freien Gelenkkör­

a ..Abb. 9.7a,b  Am dorsalen Capitulum zeigt sich eine Chondromalazie (a). Das Areal wird mit Shaver und Thermo­ sonde geglättet (b). Am Radiuskopf sind nun die kor­res­ pondierenden Knorpelschäden sichtbar. Diese Knorpel­

b per versperrt (a). Es wird ein tiefes dorsoradiales Portal angelegt, über das mit einem Shaver die Plica und synovi­ tisches Gewebe abgetragen werden können. Mit einem Nukleotom wird der freie Gelenkkörper reseziert (b)

b schäden entstehen durch die erhöhten Kompressions­ kräfte, die durch das vermehrte Valgusspiel bei insuffi­zien­ tem MCL im radialen Kompartiment auftreten

97 Chronische ulnare ­Instabilität

a ..Abb. 9.8a,b  Blick auf das humeroradiale Gelenk, mit der Kamera im hohen dorsoradialen Portal (a). Die Plica ist regelrecht reseziert. Es gibt keine Anteile mehr, die in das Gelenk einschlagen. Bei der Resektion der Plica ist darauf zu achten, dass die Kapsel lateral nicht verletzt wird, da

a ..Abb. 9.9a,b  Beginn der anterioren Kapselektomie (a). Blick über die Kamera von anteroradial. Der Shaver wurde über das in Inside-out-Technik angelegte anteroulnare ­Portal ins Gelenk eingebracht. Die Kapselektomie wird an­ teroulnar proximal begonnen, da hier der Abstand zu den neurovaskulären Strukturen am größten ist. Sobald die Grenze zwischen Kapsel und M.brachialis etabliert ist,

b hier Anteile des LCL in der Kapsel verlaufen. Das Gelenk­ débridement auf der dorsalen Seite ist abgeschlossen. Das Débridement wird nun ventral fortgesetzt. Blick auf das Humeroradialgelenk von ventral (b)

b kann die Kapsel selektiv ohne Verletzung des M.brachialis und der neurovaskulären Strukturen komplett reseziert werden (b). Es ist essenziell, immer eine gute Übersicht über das Gelenk zu haben und nie ohne direkte Sicht auf den Shaver zu arbeiten. Bei schlechter Übersicht kann die An­ lage eines Hilfsportals zum Einsatz eines Retraktors hilf­ reich sein

9

98

K. J. Burkhart et al.

..Abb. 9.10  Resektion des anteroulnaren Koronoidspitzenosteophyten. Blick über die Kamera von anteroradial. Der Akromionizer ist über das anteroulnare Portal eingebracht

9

..Abb. 9.11  Resektion des Osteophyten der Fossa coronoidea. Blick über die Kamera von anteroradial. Der Akromio­ nizer ist über das anteroulnare Portal eingebracht

9.6

Postoperative Maßnahmen

Steriler Verband mit elastokompressiver Wickelung. k kNachbehandlung

Nach dem arthroskopischen Débridement kann der Ellenbogen frühfunktionell nachbehandelt werden. Abschwellende Maßnahmen werden in den ersten Tagen und Wochen nach Bedarf angewandt. Ziel ist die schnelle Wiedererlangung der freien Beweglichkeit. k kTipps und Tricks

55Wichtig ist die Indikationsstellung mit Unterscheidung der Indikation zur medialen Bandplastik bzw. dem arthroskopischen Débridement.

55Es sollte eine ausreichende Erfahrung mit der ASK des Ellenbogens bestehen. Die normale Anatomie muss bekannt sein, damit die oft kleinen Osteophyten adäquat erkannt und ­reseziert werden können. 55Das Olekranon und die Fossa olecrani müssen anatomisch remodelliert werden. Eine Überkorrektur ist gerade für den Wurf-/Über­ kopfathleten kontraindiziert, da dies die ­stabilisierende Funktion des Olekranons schwächt und die Belastung des MCL weiter erhöht. 55Das gesamte Gelenk sollte inspiziert werden, um sicher alle freien Gelenkkörper aufzu­ finden. 55Die oben dargestellte Technik, bei der die ­anteriore Kapsulektomie vor der Osteophyten­ abtragung empfohlen wird, ist eher für den

99 Chronische ulnare I­nstabilität

fortgeschrittenen Ellenbogenarthroskopeur praktikabel. Die Kapsulektomie erleichtert häufig die Übersicht, kann aber auch zu ­einem Kollaps des Gelenkes mit deutlicher Verschlechterung des Gelenkes führen. Dann muss ein Retraktor eingesetzt werden. Alternativ kann die Osteophytenabtragung auch vor der Kapsulektomie erfolgen, was gerade für den Anfänger meist einfacher und sicherer ist, da die Kapsel zunächst als Trennschicht zu den neurovaskulären Strukturen erhalten bleibt.

Literatur Callaway GH, Field LD, Deng XH, Torzilli PA, O’Brien SJ, Altchek DW et al. (1997) Biomechanical evaluation of the medial collateral ligament of the elbow. J Bone Joint Surg Am 79(8): 1223–1231 Chen FS, Rokito AS, Jobe FW (2001) Medial elbow problems in the overhead-throwing athlete. J Am Acad Ortho­ paedic Surg 9(2): 99–113

9

101

Arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose K. Wegmann, M. Hackl, L. P. Müller

10.1

Pathologie  – 102

10.2

Indikation  – 103

10.3

Operationsprinzip/Instrumente  – 104

10.4

Operationsvorbereitung   – 105

10.5

Operationstechnik  – 105

10.6

Postoperative Maßnahmen  – 110

Literatur  – 110

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_10

10

10

102

K. Wegmann et al.

10.1

Pathologie

Die Ellenbogenarthrose kann eine schmerzhafte Erkrankung sein, die die Funktionalität und damit die Lebensqualität der gesamten betroffenen Ex­ tremität signifikant einschränkt. Auch wenn ange­ nommen wird, dass der Ellenbogen im Vergleich zum Knie- oder dem Hüftgelenk viel geringeren Lasten ausgesetzt ist, treten – wenn auch selten – primäre arthrotische Veränderungen auf. Wesent­ lich häufiger sind jedoch die sekundären post­ traumatischen Arthrosen des Ellenbogens. Neben den posttraumatischen, können auch sekundäre Arthrosen des Ellenbogens auf Grund von infek­ tiösen, rheumatischen und osteonekrotischen Veränderungen entstehen. Im Folgenden werden die Diagnostik und arthroskopische Therapie der primären und posttraumatischen Arthrose darge­ stellt. Die primäre Ellenbogenarthrose ist mit 2–3 % der arthrotischen Veränderungen des Ellenbogens selten. Sie manifestiert sich initial zumeist im ulnohumeralen Gelenk bei durch Sport oder Ar­ beit, aber auch durch die Mobilität verbunden mit einem Rollstuhl oder Krücken, körperlich stark belasteten Patienten. Typischerweise findet sie sich in der dominanten Extremität von Männern mit einem Alter von 40–50 Jahren. Das ulnohume­ rale Gelenk weist eine hohe knöcherne Kongruenz auf. In maximaler Extension und Flexion kann es zum abrupten Anschlag der knöchernen Struktu­ ren kommen. So zeigt sich eine primäre Arthrose nicht selten initial durch Osteophytenbildung der Olekranonspitze bzw. der Koronoidspitze. Bei­ spiele hierfür sind Kampfsportler die durch for­ cierte Extension beim Schlag einer entsprechen­ den Hyperextension ausgesetzt sind. Übermäßige Flexion hingegen findet sich z. B. bei Kraftsport­ lern oder Torhütern. Ein weiteres Beispiel ist der Gerüstbauer oder Monteur, der häufig schwere Lasten über Kopf aufnehmen und abfangen muss. Im weiteren Verlauf der Erkrankung bleibt das ulnohumerale Gelenk abgesehen von den Osteo­ phyten des Olekranons und des Koronoids erhal­ ten. Die Arthrose erstreckt sich dann zunächst auf den radialen Gelenkabschnitt, wobei eine isolierte primäre Arthrose des radiohumeralen Gelenkes seltener vorzufinden ist. Wenn, dann tritt sie in der Regel am Radiuskopf unterhalb einer hyper­ trophen Plica posterolateralis auf. Bei der fortge­ schrittenen Arthrose sind sowohl das radiale als auch das ulnare Kompartiment betroffen. Zur

konkreten Genese der primären Arthrose beste­ hen multiple Erklärungsansätze, im Detail konnte die Ätiologie jedoch noch nicht abschließend ver­ standen werden. In Verbindung mit einer mecha­ nischen Be- und Überlastung des Knorpels wird vermutlich eine komplexe Kaskade zwischen Ent­ zündungsmediatoren und nozizeptiver Stimula­ tion ausgelöst, was zur fortschreitenden Destruk­ tion der Gelenkflächen und zu Schmerzen führt (Dimitroulas et al. 2014). Bei der sekundären, posttraumatischen Arth­ rose, die deutlich häufiger ist als die primäre Form, besteht in der Regel ein traumatischer Knorpel­ schaden bzw. eine Inkongruenz der Gelenkflä­ chen. Der Gelenkknorpel ist geschwächt, wodurch die Arthrose Anstoß erhält. Die verschiedenen Ellenbogenfrakturen variieren in dem Risiko, mit einer sekundären Arthrose einherzugehen. Die Arbeitsgruppe um Guitton analysierte retrospek­ tiv 139 Patienten nach Ellenbogentrauma, um die unterschiedlichen Risiken zu quantifizieren (Guitton et al. 2010). Sie identifizierten den Frak­ turtyp als unabhängigen Risikofaktor für die Ent­ wicklung einer posttraumatischen Ellenbogen­ arthrose. Insbesondere Frakturen des distalen Humerus und Luxationsfrakturen wiesen eine hohe Wahrscheinlichkeit auf. Bis zu 80 % der Pati­ enten mit distaler Humerusfraktur scheinen eine sekundäre Arthrose zu erleiden (Doornberg et al. 2007). Männliche Patienten sind sowohl bei der pri­ mären als auch bei der sekundären Ellenbogen­ arthrose deutlich häufiger betroffen. Die primäre Arthrose befällt in über 80 % der Fälle zuerst die dominante Extremität, ein beidseitiger Befall fin­ det sich in bis zu 60 %. Die Beschwerden der Be­ troffenen treten in der Regel gemäß den struk­ turell vornehmlich befallenen Regionen auf. So können die Osteophyten des Olekranons und der Koronoidspitze zu Schmerzen und Krepitations­ gefühl in Extension bzw. Flexion führen. Die radio­humerale Arthrose schmerzt typischerweise bei mechanischer Kompression des radialen ­Gelenkes in Verbindung mit Rotation. Letztlich ist die klinische Manifestation der Ellenbogen­ arthrose jedoch nicht immer komplementär zur bildgebenden Darstellung des Gelenkschadens. Abhängig von der nativ radiologischen Darstel­ lung, wurden die primäre Arthrose (nach Hastings und Rettig) und die posttraumatische Arthrose (nach Broberg und Morrey) mit steigender Aus­ prägung in 3 Schweregrade eingeteilt (Amini et al.

103 Arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose

2015). Es sind jedoch bildgebend schwere Formen mit ausgeprägter Gelenkspaltverschmälerung und Osteophytenbildung mit nur mäßigen klinischen Beschwerden vorzufinden. Durch lose Gelenkkör­ per kann es zu Einklemmungserscheinungen und einschießenden Schmerzen kommen. Liegt bei dem Betroffenen ein Schmerz über den gesamten Bewegungsumfang und nicht nur bei endgradiger Beugung bzw. Streckung vor, kann dies auf eine fortgeschrittene Destruktion der zentralen Ge­ lenkflächen radiohumeral bzw. ulnohumeral hin­ deuten. Ebenso wird für die Ellenbogenarthrose ein gestörtes Bewegungsmuster im Hinblick auf die Rotationsachse diskutiert. Miyake und Kolle­ gen untersuchten das Bewegungsmuster des Ellen­ bogens an Patienten mit primärer Arthrose an­ hand von CT-Daten (Miyake et al. 2013). Es zeigte sich, dass Patienten mit radiohumeraler Arthrose einen stärkeren Valguswinkel während Flexion aufweisen als gesunde Ellenbogen. Dies unter­ streicht einmal mehr die Relevanz der degenerati­ ven Pathologie der Arthrose, die durch eine derar­ tige Fehlstellung und damit einhergehender Belas­ tungsspitzen einen selbstverstärkenden Charakter besitzt. Häufig haben Patienten mit Ellenbogen­ar­ throse eine begleitende Symptomatik seitens des N. ulnaris (Kato et al. 2002). Beim gesunden Ellen­ bogen konnte nachgewiesen werden, dass die ­Flexion den Druck im Sulcus ulnaris durch eine Verengung um ca. 45 % ansteigen lässt (Gelber­ man et al. 1998). Kawanishi und Kollegen berich­ teten 2014 einen Zusammenhang zwischen der Struktur der distalen, medialen Humerusosteo­ phyten und dem Auftreten einer Ulnarissympto­ matik (Kawanishi et al. 2014). So scheint eine ­direkte mechanische Irritation des Nerven durch Osteophyten ursächlich zu sein. Der N. ulnaris und die versorgten Gebiete müssen somit unbe­ dingt ebenso der klinischen Untersuchung unter­ zogen werden. Ein weiteres charakteristisches Symptom der Ellenbogenarthrose ist die Steife. Auf Grund der sich bildenden Osteophyten kann es zur mechani­ schen Bewegungseinschränkung kommen. Nach Adams und Kollegen findet sich häufig eine Ein­ schränkung der Extension, die sich nicht selten als schmerzhaftes Extensionsdefizit darstellt (Adams et al. 2008). Hier spielen insbesondere Osteophy­ ten der Olekranonspitze bzw. der Fossa olecrani bei der Limitierung der Extension eine Rolle. Die Flexion kann durch Osteophyten der Fossa coro­

noidea, des Processus coronoideus bzw. der Fossa radialis behindert werden. Darüber hinaus kön­ nen krankhafte Veränderungen der dorsalen und ventralen Gelenkkapsel ebenso zur Bewegungs­ einschränkung mit Flexions- beziehungsweise Ex­ tensionsdefizit führen. 10.2

Indikation

Die Therapie der Ellenbogenarthrose reicht von der konservativen Behandlung mit Krankengym­ nastik sowie der Verwendung von Quengelschie­ nen und „Continuous Passive Motion“ (CPM), bis hin zum Gelenkersatz. Sollte eine relevante Ge­ lenksteife über 6 Monate trotz konservativer Be­ handlung persistieren, ist eine operative Therapie indiziert. Der prothetische Ersatz leistet gute Schmerzreduktion und Beweglichkeitsgewinn, geht jedoch zu Kosten einer begrenzten Haltbar­ keit bzw. anstehenden Wechseloperationen. Vor der prothetischen Versorgung lohnen sich somit Eingriffe, die auf das Débridement des Gelenks abzielen und den Ersatz hinauszögern. Die Indika­ tion zur OP muss jedoch auf den Patienten abge­ stimmt sein. So kann eine Entfernung von Osteo­ phyten zu einer Destabilisierung des Gelenkes führen und einen degenerativen Prozess, der auf dem Boden einer chronischen Instabilität angesto­ ßen worden war, zusätzlich beschleunigen. Offene Verfahren zum Débridement des Ellen­ bogens bei Arthrose wurden mehrfach beschrie­ ben, in klinischen Studien konnten erfolgreiche Resultate mit Schmerzreduktion und verbesserter Beweglichkeit berichtet werden (Oka et al. 1998, Tsuge u. Mizuseki 1994, Vingerhoeds et al. 2004, Wada et al. 2004). Die arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose hat sich in den vergan­ genen Jahren entwickelt und etabliert (Liu et al. 2012, MacLean et al. 2013, O‹Driscoll 1995, ­Ogilvie-Harris et al. 1995, Redden u. Stanley 1993). Cohen und Kollegen verglichen 2000 das Outcome von 44 Patienten, wovon 18 einer offe­ nen und 26 einem arthroskopischen Débridement unterzogen worden waren (Cohen et al. 2000). Die Autoren fanden eine bessere Reduktion des Fle­ xionsdefizites durch das offene Vorgehen, darüber hinaus zeigten sich keine signifikanten Unter­ schiede zwischen den beiden Verfahren. In einer prospektiven Studie zur arthroskopischen Arthro­ lyse zeigten Cefo und Eygendaal eine Verbesse­ rung des Bewegungsumfanges von 99° auf 125°,

10

104

10

K. Wegmann et al.

bei einer geringen Komplikationsrate (Cefo u. ­Eygendaal 2011). Beim arthroskopischen Gelenkdébridement besteht jedoch die Gefahr der iatrogenen Nerven­ schädigung. In der Literatur existieren hierzu eine Vielzahl von Fallberichten bzw. Fallserien (Dumonski et al. 2006, Gupta u. Sunil Tm 2004, Haapaniemi et al. 1999, Hahn u. Grossman 1998, Kelly et al. 2001, Nelson et al. 2014, Ruch u. ­Poehling 1997, Thomas et al. 1987), die entspre­ chende Schädigungen einzelner oder sogar meh­ rerer peripherer Nerven am Ellenbogen schildern. Die präzise Kenntnis der Anatomie und ein ­standardisiertes operatives Vorgehen sind unum­ gänglich, um die Sicherheit der Prozedur zu ­optimieren. Generell muss bedacht werden, dass posttraumatische Arthrosen bzw. voroperierte Gelenke auf Grund der Vernarbungen ein deutlich höheres Risiko der iatrogenen Nervenschädigung mit sich bringen und somit der arthroskopischen Therapie nur bedingt bzw. nur bei entsprechender ­Erfahrung zugänglich sind. Es ist wie bei allen an­ deren arthroskopischen Eingriffen essenziell, komplementäre offene Verfahren zu beherrschen, um bei frustraner Arthroskopie konvertieren zu können. 10.3

Operationsprinzip/Instrumente

Die Operation zielt zum einen auf die Entfernung der konfliktierenden Osteophyten ab (Adams et al. 2008). Die relevanten Osteophyten finden sich in der Regel an den mechanisch exponierten, promi­ nenten Punkten wie der Olekranonspitze, der ­Koronoidspitze sowie an den korrespondierenden Bereichen der Fossa olecrani und der Fossa coro­ noidea. Des Weiteren finden sich Osteophyten in der Fossa radialis, die durch repetitives Anschla­ gen des Radiuskopfes hervorgerufen werden. Da­ rüber hinaus weist der arthrotische Ellenbogen nicht selten osteophytäre Randanbauten der radia­ len und ulnaren Olekranonkante auf. Diese kön­ nen ebenso wie Olekranonspitzenosteophyten ein Extensions-Hemmnis darstellen. Mittels Shaver oder arthroskopischen Zangen, aber auch mittels Meißel können sämtliche Osteophyten reseziert werden. Es bleibt aber zu bedenken, dass das Er­ reichen der Osteophyten mit dem chirurgischen Instrumentarium äußerst anspruchsvoll sein kann. Insbesondere das Débridement im ulnaren Rezessus ist komplex und mit der unmittelbaren

Gefahr der iatrogenen Schädigung des N. ulnaris verknüpft. Als zusätzliche Schmerzgeneratoren sollten freie Gelenkkörper entfernt werden, die ein Ein­ klemmen und Blockieren mit einschießenden Schmerzen verursachen können. Die Knorpel­ therapie bei der degenerativen Schädigung ist ­limitiert. Das Glätten von überstehenden Knorpellefzen bzw. Auffaserungen kann zur Schmerzreduktion beitragen. Die Mikrofrakturierung als Therapie von Knorpelläsionen wird seit vielen Jahren durchgeführt. Es bestehen Nachweise für die Wirksamkeit insbesondere am Kniegelenk, die aber eine begrenzte Dauer der Schmerzreduktion sehen (Goyal et al. 2013, Lubowitz 2015). Eine weitere Maßnahme im Rahmen des arthroskopi­ schen Débridements ist die Behandlung der Steife. Zu Teilen erfolgt dies bereits durch die Entfernung der Osteophyten, die durch den Anschlag nicht nur Schmerzgeneratoren, sondern natürlich auch Bewegungshemmnisse darstellen. Aber auch die Resektion der Gelenkkapsel ventral sowie dorsal dient der Verbesserung der Beweglichkeit. Die Neurolyse des N. ulnaris sollte bei entspre­ chenden Beschwerden vor dem Eingriff offen bzw. endoskopisch erfolgen. Die Durchführung emp­ fiehlt sich vor der Arthroskopie, da die Lokalisa­ tion des Nerven das Débridement im medialen Rezessus erleichtert. Des Weiteren ist die Neuro­ lyse einfacher durchzuführen, bevor die Schwel­ lung der Weichteile durch die Arthroskopieflüs­ sigkeit eingetreten ist. Im Folgenden wird nicht detailliert auf die Kapsulektomie bzw. Kapsulo­ tomie eingegangen, da diese im Kapitel Arthro­ fibrose abgehandelt wird. Zum Standardinstrumentarium des arthro­ skopischen Débridements sollte gehören: 55Vakuummatratze, alternativ Sakrum- und Symphysenstützen 55Armschale/Armstütze 55Tücher, ggf. Wärmedecke, Plexuskissen 55Blutsperre (die Verwendung einer Blutsperre ist möglich, jedoch nicht zwingend not­ wendig) 55Steriler Hautmarker 55Luer-Lock Spritze, Punktionskanüle (z. B. 20 G) 55Skalpell Nr. 11 55Präparierschere 55Spitze Inflow-Kanüle 55Trokarhülse mit stumpfem Trokar

105 Arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose

55Arthroskopieturm 55 mit Kamera und Videoprozessor, Dokumen­ tationseinheit, Rollpumpe, Kaltlichtquelle, Optik 55Shaver-Einheit mit z. B. 3,5 Weichteilshaver und 4,0 Knochenfräse 55Diathermie 55Feine Meißel (0,6–2,0 cm breit), leichter Hammer 55Arthroskopische Zangen (Fasszange, arthro­ skopische Schere, Punches z. B. 45° rechts/ links), Rongeur (Wirbelsäulensieb) 55Elevatorium z. B. 4 mm und 8 mm 55K-Drähte 1,6–2,0 55Gebogene Ahle in z. B. 30°, 40°, 60° 553/0 nichtresorbierbare Naht 55Gegebenenfalls Anlage Extensions-/Flexions­ schiene Kunststoffgips, alternativ Quengel­ orthese 10.4

Operationsvorbereitung

Präoperativ müssen neben der üblichen Anamne­ se die folgenden Punkte unbedingt abgeklärt sein: 55Hautzustand im OP-Gebiet 55Vorbestehende Inzisionen/Narben 55Knöcherne Deformierungen, pathologische Inkongruenz posttraumatisch, Pseudarthro­ sen, knöcherne Defekte (CT!) 55 Status des N. ulnaris: Hier ist es unausweich­ lich, zu wissen, ob Voroperationen erfolgt sind oder gar eine Transposition durchgeführt worden ist (bei fraglicher Lokalisation des Nerven nach Voroperationen sollte sicher­ heitshalber eine Exploration mit Lokalisation in Betracht gezogen werden. Cave: Bezug in chirurgischer Aufklärung!) Auch externe OP-Berichte können in Zusammenhang mit der Position des N. ulnaris fehlerhaft sein und den revidierenden Operateur fehlleiten. 55Gelenkstabilität? 55Vorhandene Implantate/Osteosynthesemate­ rial (Hersteller, Status, Lage) 55Heterotope Ossifikationen Der Eingriff erfolgt im eigenen Vorgehen in Sei­ tenlage. Die Seitenlage wird in der Regel vom wa­ chen Patienten nicht auf Dauer toleriert, weshalb der Eingriff in Allgemeinnarkose durchgeführt wird. Eine additive Plexusnarkose ist angeraten, insbesondere bei Eingriffen, die eine rasche post­

operative Beübung (Therapie der Steife) notwen­ dig machen. Der Patient wird in einer Vakuum­ matratze auf der gesunden Seite gelagert. Der zu operierende Arm wird in eine Armschale (z. B. Ontario-Armhalterung) gelegt, eine weitere Fixierung erfolgt nicht, um die Extremität intra­ operativ bewegen zu können. Alternativ kann der Patient ohne Vakuummatratze, unter Zuhilfe­ nahme von Sakrum- und Symphysenstützen sta­ bilisiert ­werden. Es ist größte Sorgfalt darauf zu verwenden, den Patienten trocken zu lagern, um die Entstehung von Verbrennungen zu verhindern. Des Weiteren gilt es, die gesunde Extremität entspannt und ohne Druck zu lagern, die Verwendung eines Plexuskis­ sens auf der in Seitenlage unten liegenden Seite ist wünschenswert. Vor dem Schließen einer Blut­ sperre sollte eine perioperative Antibiose verab­ reicht worden sein. 10.5

Operationstechnik

Nach Anzeichnen der anatomischen Landmarken erfolgt das Auffüllen des Gelenkes mit steriler Kochsalzlösung (20–30 ml. Cave: Bei degenerati­ ven Veränderungen, Steife etc. kann das Volumen deutlich herabgesetzt sein). Beim gesunden Ge­ lenk verteilt sich die Flüssigkeit nach Injektion im dorsalen oder ventralen Kompartiment im gesam­ ten Gelenk. Beim arthrotischen Gelenk mit Osteo­ phyten und Steife kann es sein dass die Kommuni­ kation der Räume gestört ist. Im eigenen Zugang erfolgt das Anlegen der Spülkanüle durch das pro­ ximale anterolaterale Portal. Ist ein optimaler Spül­ effekt vor der Kamera notwendig, kann die Flüs­ sigkeitszufuhr ebenso über den Trokar erfolgen. Wir beginnen die Arthroskopie dorsal über das hoch-posterolaterale Portal und das transtrizi­ pitale Portal. Die Portale können im Laufe der Prozedur beliebig gewechselt werden, um die Ein­ sicht bzw. den Angriffswinkel der Instrumente zu optimieren. Des Weiteren ist es unter strenger Be­ achtung der neurovaskulären Strukturen möglich, Hilfsportale anzulegen. Dorsal wird beim arthro­ tischen Ellenbogen in der Regel eine Synovialitis und eine fibrotische Verwachsung gefunden. Um die Osteophyten und freien Gelenkkörper visuali­ sieren zu können, sollten diese weichteiligen Ver­ wachsungen reseziert werden. Wir beginnen mit der Kamera im hoch-posterolateralen Portal und dem Shaver transtriziptal. Mit der Shaver-Öffnung

10

106

K. Wegmann et al.

..Abb. 10.1 Verwachsungen in der Fossa (FO) mit freien Gelenkkörpern (FGK) und Osteophyten (OS)

..Abb. 10.2  Resektion der Verwachsungen und der ­Synovialitis

..Abb. 10.3  Am Fossaboden kann der solide Osteophyt (FO) isoliert werden

..Abb. 10.4  Mit der Knochenfräse wird der Osteophyt reseziert

nach lateral gewandt, werden die Verwachsungen reseziert. Beginnend an der radialen Begrenzung der Fossa wird nach kranial und dann von dort nach medial fortgefahren (. Abb. 10.1, . Abb. 10.2, . Abb. 10.3). Jeweils, wenn die Be­ grenzung dargestellt ist, wird von dort nach zen­ tral auf den Fossaboden zugearbeitet. Es ist unbe­ dingt größte Aufmerksamkeit auf den Schutz des N. ulnaris zu legen. Der Nerv muss im ulnaren Rezessus unmittelbar medial der Gelenkkapsel er­ wartet werden. Nachdem die Weichteile reseziert sind, können hierdurch freigelegte Osteophyten bzw. freie Gelenkkörper reseziert oder geborgen werden (. Abb. 10.4, . Abb. 10.5).

Finden sich osteophytäre Anbauten des Ole­ kranons, werden diese mit der Fräse oder dem Meißel entfernt (. Abb. 10.6, . Abb. 10.7, . Abb. 10.8). An der medialen Olekranonkante muss wie­ derum mit äußerster Vorsicht vorgegangen wer­ den, um den N. ulnaris nicht zu gefährden. Treten hierbei Schwierigkeiten auf, empfiehlt es sich, den N. ulnaris darzustellen bzw. offen vorzugehen. Diese beiden Erweiterungen der Operation müs­ sen dringend in der Aufklärung vermerkt sein und der Patient muss entsprechend informiert worden sein. Nach Abschluss des dorsalen Débridements erfolgt der Schwenk der Kamera in den radiohu­

10

107 Arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose

..Abb. 10.5  Im Anschluss wird der Fossaboden mit der Diathermie von verbliebenen Weichteilen befreit. F Fossa, RB radiale Begrenzung der Fossa

..Abb. 10.7  Mit dem Meißel (M) wird der Osteophyt (OP) vom medialen Olekranon (O) getrennt

a

a

b

b

..Abb. 10.6a,b  a Die radiale Begrenzung (RB) der Fossa olecrani (FO) wird von einem flügelartig auslaufenden Osteophyten des lateralen Olekranons (LO) überragt. b Medial bietet sich ein komplementäres Bild. MB mediale Begrenzung der Fossa, MO mediales Olekranon

..Abb. 10.8a,b  a Nach Bergen des Fragmentes (F) mit der Greifzange (GZ) und nach Glätten mit dem Shaver zeigt sich der mediale Epikondylus (ME) mit der Trochlea bei flektiertem Ellenbogen befreit (b)

10

108

K. Wegmann et al.

..Abb. 10.9  Blick vom hoch-posterolateralen Portal auf den Radiuskopf (RK), das Kapitulum (C), die Incisura radialis ulnae (IR) und den posterioren Anteil des Lig. anulare (LA) in einem linken Ellenbogen. Erst nach dem Weichteildébridement mit dem Shaver erhält man Einsicht auf die deutlich arthrotisch veränderten knöchernen Strukturen

10

meralen Gelenkabschnitt. Nachdem die Kamera in das sogenannte „Dreiländereck“ zwischen Ra­ diuskopf, Olekranon und Kapitulum eingebracht worden ist, wird unter Sicht ein tiefes posterolate­ rales Portal im Soft-Spot angelegt. Hierdurch kann nun der Shaver bzw. die Diathermie eingebracht werden. Natürlich ist es nach Belieben möglich, die Portale mit Sicht und Arbeitsinstrument zu wechseln bzw. bei Bedarf Hilfsportale anzulegen. Hier erfolgt ebenso ein Débridement der Synovia­ litis bzw. der fibrotischen Vernarbungen. Bei einer fortgeschrittenen Arthrose, insbesondere bei se­ kundärer Arthrose und stattgehabter Osteosyn­ these des Radiuskopfes, trifft man hier auf eine kräftige Narbenbildung (. Abb. 10.9). Freie Ge­

a ..Abb. 10.10a,b  a Zwischen Kapitulum (C), Olekranon (von FGK verdeckt) und Radiuskopf (RK) ist ein freier Ge-

lenkkörper werden von Weichteilen befreit und geborgen (. Abb. 10.10). Liegt eine lokal begrenzte Arthrose vor, kann eine Anbohrung des Defektes am Radiuskopf oder am Kapitulum mit Eröffnung des subchondralen Markraumes im Sinne einer Mikrofrakturierung die Generation von Faserknorpel ermöglichen. Hierzu werden kleine Bohrungen (z. B. K-Draht 1,6 mm oder gebogene Ahle) im Abstand von 3–4 mm im Bereich des Defektes angebracht, bis sich Tröpfchen von spongiösem Fettgewebe entleeren. Bei abgeschalteter Flüssigkeitszufuhr kann bei suffizienter Eröffnung darüber hinaus ein Blut­ austritt beobachtet werden. Bei fortgeschrittener Degeneration des Radiuskopfes mit klinischem Nachweis eines radialen Ellenbogenschmerzes ist dessen Resektion eine mögliche Therapieoption (Menth-Chiari et al. 2001). Die Indikation muss jedoch streng gestellt werden, da beschleunigte ulnohumerale Degeneration sowie eine Valgusde­ kompensation nach der Radiuskopfresektion be­ obachtet worden sind. Die Resektion des Radius­ kopfes ist arthroskopisch möglich und geht mit einer reduzierten Zugangsmorbidität und ver­ gleichbarer OP-Zeit einher, insbesondere da der Rückzug bei der offenen Resektion aufwendiger ist. Zur OP-Technik s. . Abb. 10.11, . Abb. 10.12 und . Abb. 10.13. Im eigenen Vorgehen wird nach dem operati­ ven Vorgehen eine Drainage eingelegt, wenn aus­ gedehnt Knochenfläche eröffnet worden ist und damit das Risiko eines Hämatoms erhöht ist. Nach der Hautnaht der Portale (mit z. B. 3/0 Einzel­ knopf) erfolgt die Anlage eines sterilen Wundver­ bands und eine elastokompressive Wickelung. Hat präoperativ eine Steife vorgelegen, wird eine ­extendierende bzw. flektierende Orthese angelegt.

b lenkkörper (FGK) eingeklemmt. b Dieser wird mit der Fasszange geborgen

109 Arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose

a

b

..Abb. 10.11a, b  a Vor der Resektion wird die komplette arthrotische Degeneration des Radiuskopfes (RK) und des Capitulum humeri (C) bestätigt. b Die Resektion beginnen wir am ulnaren Rand des Radiuskopfes (RK) in Neu­ tralstellung. Ulnar grenzt die Incisura radialis der Ulna

an (IR). Im eigenen Vorgehen bevorzugen wir die Ver­wen­ dung einer ovalen Fräse, im Gegensatz zur runden Fräse, da so eine größere Fläche simultan gefräst wird und die Prozedur dadurch beschleunigt wird

..Abb. 10.12  Sukzessive wird in horizontalen Bewegungen der Radiuskopf reseziert. Durch Rotation des Unter­ armes können die anterioren Bereiche in den Arbeitsbereich des Shavers gebracht werden. Die häufig randständig mit dem Shaver nicht gut greifbare knorpelige Wand des Halses wird mit Punches oder Fasszangen entfernt. C Capitulum humeri, IR Incisura radialis ulnae, RK Radiuskopf

..Abb. 10.13  Mit dem Tasthaken wird der Unterrand der Incisura radialis (IR) palpiert. Im eigenen Vorgehen wird die Resektion auf knapp oberhalb dieser Höhe nivelliert. Abschließend sollte eine sehr gründliche Spülung erfolgen, um die massiv anfallenden Fragmente bestmöglich zu bergen. IR Incisura radialis ulnae, R Radius, LA Lig. anulare, VGK ventrales Gelenkkompartiment

10

110

K. Wegmann et al.

10.6

Postoperative Maßnahmen

Besteht in der Vorgeschichte ein Hinweis für hete­ rotope Ossifikationen, führen wir eine Prophylaxe mit Indometacin durch. Eine Kühlung erfolgt ma­ ximal während der ersten 48 h nach dem Eingriff. Hochlagerung und Lymphdrainage beginnen di­ rekt nach Operation. Die Schmerztherapie erfolgt nach dem WHO-Stufenschema. Die Unterstüt­ zung der Schmerztherapie mit einer präoperativ angelegten Plexusblockade (z. B. mit Ropivacain) ist empfehlenswert. k kNachbehandlung

10

Wurde eine Ellenbogensteife behandelt, wird die entsprechende krankengymnastische Beübung begonnen. Gelegentlich setzen wir zur Unterstüt­ zung Quengelorthesen ein. In der Regel wird die Vollbelastung freigegeben. Wurde ausgedehnt Knochen reseziert und ist somit eine Destabilisie­ rung möglich, wird die Extremität für 12 Wochen von Belastungen ausgeschlossen. k kTipps und Tricks

55Bei der Indikationsstellung muss die Erwar­ tung des Patienten genau evaluiert werden. Das Débridement stellt eine symptomatische Behandlungsoption dar, jedoch keine kausale Therapie. 55Die Blutsperre führt in unseren Augen zu verminderter Blutung während des Eingriffs, was eine bessere Übersicht erlaubt, insbeson­ dere wenn beim Débridement wiederholt spongiöser Knochen eröffnet wird. Zwingend notwendig ist ihr Einsatz aber nicht. 55Beim Arbeiten mit hochfrequenten Geräten, insbesondere bei der Resektion des Radius­ kopfes, fällt in kurzer Zeit eine große Menge Debris an, was die Sicht blockieren kann. Es ist notwendig, mit abwechselnden Saug- und Spülmanövern die Sicht aufrecht zu halten. 55Beim Greifen von kleinen freien Gelenkkör­ pern kann es hilfreich sein, den Wasserzufluss zu stoppen, um die Bewegung der Fragmente zu stoppen. 55Der Pumpendruck sollte stets so niedrig wie möglich gehalten werden, um die Schwellung der Weichteile zu minimieren.

Literatur Adams JE, Wolff LH, 3rd, Merten SM, Steinmann SP (2008) Osteoarthritis of the elbow: results of arthroscopic osteophyte resection and capsulectomy. J Shoulder Elbow Surg 17 (1):126–131. doi:10.1016/j. jse.2007.04.005 Amini MH, Sykes JB, Olson ST, Smith RA, Mauck BM, Azar FM, Throckmorton TW (2015) Reliability testing of two classification systems for osteoarthritis and post-traumatic arthritis of the elbow. J Shoulder Elbow Surg 24 (3):353–357. doi:10.1016/j.jse.2014.10.015 Cefo I, Eygendaal D (2011) Arthroscopic arthrolysis for posttraumatic elbow stiffness. J Shoulder Elbow Surg 20 (3):434–439. doi:10.1016/j.jse.2010.11.018 Cohen AP, Redden JF, Stanley D (2000) Treatment of osteoarthritis of the elbow: a comparison of open and arthro­scopic debridement. Arthroscopy 16 (7):701–706 Dimitroulas T, Duarte RV, Behura A, Kitas GD, Raphael JH (2014) Neuropathic pain in osteoarthritis: a review of pathophysiological mechanisms and implications for treatment. Seminars in arthritis and rheumatism 44 (2):145–154. doi:10.1016/j.semarthrit.2014.05.011 Doornberg JN, van Duijn PJ, Linzel D, Ring DC, Zurakowski D, Marti RK, Kloen P (2007) Surgical treatment of intraarticular fractures of the distal part of the humerus. Functional outcome after twelve to thirty years. J Bone Joint Surg Am 89 (7):1524–1532. doi:10.2106/ JBJS.F.00369 Dumonski ML, Arciero RA, Mazzocca AD (2006) Ulnar nerve palsy after elbow arthroscopy. Arthroscopy 22 (5):577 e571–573. doi:10.1016/j.arthro.2005.12.049 Gelberman RH, Yamaguchi K, Hollstien SB, Winn SS, Heidenreich FP, Jr., Bindra RR, Hsieh P, Silva MJ (1998) Changes in interstitial pressure and cross-sectional area of the cubital tunnel and of the ulnar nerve with flexion of the elbow. An experimental study in human cadavera. J Bone Joint Surg Am 80 (4):492–501 Goyal D, Keyhani S, Lee EH, Hui JH (2013) Evidence-based status of microfracture technique: a systematic review of level I and II studies. Arthroscopy 29 (9):1579–1588. doi:10.1016/j.arthro.2013.05.027 Guitton TG, Zurakowski D, van Dijk NC, Ring D (2010) Incidence and risk factors for the development of radiographic arthrosis after traumatic elbow injuries. J Hand Surg Am 35 (12):1976–1980. doi:10.1016/j. jhsa.2010.08.010 Gupta A, Sunil Tm T (2004) Complete division of the posterior interosseous nerve after elbow arthroscopy: a case report. J Shoulder Elbow Surg 13 (5):566–567. doi:10.1016/S1058274604000503 Haapaniemi T, Berggren M, Adolfsson L (1999) Complete transection of the median and radial nerves during arthroscopic release of post-traumatic elbow contracture. Arthroscopy 15 (7):784–787 Hahn M, Grossman JA (1998) Ulnar nerve laceration as a result of elbow arthroscopy. J Hand Surg Br 23 (1):109 Kato H, Hirayama T, Minami A, Iwasaki N, Hirachi K (2002) Cubital tunnel syndrome associated with medial elbow Ganglia and osteoarthritis of the elbow. J Bone Joint Surg Am 84-A (8):1413–1419

111 Arthroskopische Therapie der Ellenbogenarthrose

Kawanishi Y, Miyake J, Omori S, Murase T, Shimada K (2014) The association between cubital tunnel morphology and ulnar neuropathy in patients with elbow osteoarthritis. J Shoulder Elbow Surg 23 (7):938–945. doi:10.1016/j.jse.2014.01.047 Kelly EW, Morrey BF, O’Driscoll SW (2001) Complications of elbow arthroscopy. J Bone Joint Surg Am 83-A (1):25–34 Liu YJ, Wang JL, Li HF, Qi W, Wang N (2012) [Efficacies ofar­ thro­scopic debridement and olecranon fossa plasty in the treatment of osteoarthritis and posterior elbowim­ pingement]. Zhonghua Yi Xue Za Zhi 92 (27):1913–1915 Lubowitz JH (2015) Arthroscopic microfracture may not be superior to arthroscopic debridement, but abrasionar­ throplasty results are good, although not great. Arthro­ scopy 31 (3):506. doi:10.1016/j.arthro.2015.01.004 MacLean SB, Oni T, Crawford LA, Deshmukh SC (2013) Medium-term results of arthroscopic debridement and capsulectomy for the treatment of elbow osteoarthritis. J Shoulder Elbow Surg 22 (5):653–657. doi:10.1016/j. jse.2013.01.030 Menth-Chiari WA, Ruch DS, Poehling GG (2001) Arthro­ scopic excision of the radial head: Clinical outcome in 12 patients with post-traumatic arthritis after fracture of the radial head or rheumatoid arthritis. Arthroscopy 17 (9):918–923. doi:10.1053/jars.2001.28929 Miyake J, Shimada K, Moritomo H, Kataoka T, Murase T, Sugamoto K (2013) Kinematic changes in elbow osteoarthritis: in vivo and 3-dimensional analysis using computed tomographic data. J Hand Surg Am 38 (5):957–964. doi:10.1016/j.jhsa.2013.02.006 Nelson GN, Wu T, Galatz LM, Yamaguchi K, Keener JD (2014) Elbow arthroscopy: early complications and associated risk factors. J Shoulder Elbow Surg 23 (2):273–278. doi:10.1016/j.jse.2013.09.026 O’Driscoll SW (1995) Arthroscopic treatment for osteoarthri­ tis of the elbow. Orthop Clin North Am 26 (4):691–706 Ogilvie-Harris DJ, Gordon R, MacKay M (1995) Arthroscopic treatment for posterior impingement in degenerative arthritis of the elbow. Arthroscopy 11 (4):437–443 Oka Y, Ohta K, Saitoh I (1998) Debridement arthroplasty for osteoarthritis of the elbow. Clin Orthop Relat Res (351):127–134 Redden JF, Stanley D (1993) Arthroscopic fenestration of the olecranon fossa in the treatment of osteoarthritis of the elbow. Arthroscopy 9 (1):14–16 Ruch DS, Poehling GG (1997) Anterior interosseus nerve injury following elbow arthroscopy. Arthroscopy 13 (6):756–758 Thomas MA, Fast A, Shapiro D (1987) Radial nerve damage as a complication of elbow arthroscopy. Clin Orthop Relat Res (215):130–131 Tsuge K, Mizuseki T (1994) Debridement arthroplasty for advanced primary osteoarthritis of the elbow. Results of a new technique used for 29 elbows. J Bone Joint Surg Br 76 (4):641–646 Vingerhoeds B, Degreef I, De Smet L (2004) Debridement arthroplasty for osteoarthritis of the elbow (Outerbridge-Kashiwagi procedure). Acta orthopaedica Belgica 70 (4):306–310 Wada T, Isogai S, Ishii S, Yamash*ta T (2004) Debridement arthroplasty for primary osteoarthritis of the elbow. J Bone Joint Surg Am 86-A (2):233–241

10

113

Arthrofibrose S. Greiner

11.1

Pathologie  – 114

11.2

Indikation  – 114

11.3

Operationsprinzip/Instrumente  – 115

11.4

Operationsvorbereitung  – 116

11.5

Operationstechnik  – 116

11.6

Postoperative Maßnahmen   – 119

Literatur  – 119

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_11

11

11

114

S. Greiner

11.1

Pathologie

Posttraumatische Bewegungseinschränkungen ge­ hören zu den häufigsten Komplikationen nach ­Ellenbogenverletzungen oder Eingriffen. Der Ver­ lust der vollen Beugefähigkeit im Bereich des Ellen­ bogens führt zu Einschränkungen bei Tätigkei­ ten des alltäglichen Lebens wie der körper­lichen Hygiene, der Nahrungsaufnahme oder des Telefo­ nierens. Eine Einschränkung der Extension kann zu Problemen beim Erreichen oder Positionieren von Gegenständen führen (Murray et al. 2011). In einer Studie an 25 Patienten konnte gezeigt werden, dass bei posttraumatischen Bewegungs­ einschränkungen im Bereich des Ellenbogenge­ lenkes noch bis zu einem Jahr nach dem auslösen­ den Ereignis eine Verbesserung des Bewegungs­ umfangs eintritt. In der Studie mussten lediglich 12 % der Patienten aufgrund einer verbleibenden Steife operativ behandelt werden. Die Autoren konnten jedoch zeigen, dass eine Stagnation in der Verbesserung des Bewegungsumfangs 3 Monate nach dem Trauma ein Hinweis auf eine drohende, therapierefraktäre Arthrofibrose zu werten ist (Myden et al. 2011). Kay teilt die posttraumatische Ellenbogen­ steife anhand der betroffenen Komponenten in 5 unterschiedliche Entitäten ein (Kay 1998): 55Weichteilkontraktur 55Weichteilkontraktur mit Ossifikationen 55Nichtdislozierte artikuläre Fraktur mit Weichteilkontrakturen 55Dislozierte intraartikuläre Fraktur mit Weich­ teilkontrakturen 55Posttraumatische knöcherne Blockaden Die Einteilung nach Morrey richtet sich dagegen eher nach der anatomischen Region, die zur Kon­ traktur führt; unterschieden wird in intrinsische und extrinsische Ellenbogensteife (Morrey 1990): 55Intrinsische Faktoren (intraartikuläre Verän­ derungen) 55Freie Gelenkkörper 55Synovitis 55Intraartikuläre Blockaden 55Arthrose 55Extrinsische Faktoren (extraartikuläre Ver­ änderungen) 55Haut-/Weichteilkontrakturen 55Kapselkontraktur 55Bänderkontrakturen 55Heterotope Ossifikationen

55Kombination intrinsischer und extrinsischer Faktoren Bei der primären Arthrofibrose handelt es sich um eine massive Bindegewebsbildung und genera­ lisierte Narbenbildung des Kapselgewebes des Ellen­bogengelenks, deren Entstehung bisher noch nicht eindeutig geklärt ist. Sowohl zelluläre (er­ höhte Anzahl an Myofibroblasten) als auch die extrazelluläre Matrix (erhöhtes Kollagen, dysorga­ nisierte Fasern, Kollagen-Cross-linking, vermin­ derte Proteoglykane, erhöhte Matrix-Metallopro­ teinasen (MMP) und verminderte Gewebeinhibi­ toren der MMP betreffenden Komponenten wer­ den als mögliche Ursache gesehen, die zu einer Kapselkontraktur führen (Monument et al. 2013, Charalambous et al. 2012). Aktuell wird eher von einem gestörten Remo­ delling im Rahmen der physiologischen Wund­ heilung ausgegangen. Es kommt zu einer Dysregu­ lation zwischen Mastzellen und Myofibroblasten, und Neuropeptiden (Ketotifen, Substanz P) zu der Fibrose führt (Hildebrand 2013). Das heißt, das Gleichgewicht zwischen pro- und antiinflamma­ torischen Zytokinen gerät zugunsten der antiin­ flammatorischer Zytokinreaktionen durcheinan­ der und es kommt in der Folge zu einer gestörten Wundheilung mit übermäßiger Narbenbildung und irreversibler Gewebsfibrose. 11.2

Indikation

Prinzipiell sollte in der Behandlung bei der Ellen­ bogengelenksarthrofibrose die konservative The­ rapie am Anfang stehen. Im Vordergrund stehen hier eine entsprechende analgetische Therapie in Kombination mit der schmerzadaptierten physio­ therapeutischen Mobilisation des Gelenkes, wobei eine forcierte und repetitive Mobilisation kontra­ indiziert ist, da hierdurch das bestehende Krank­ heitsbild ggf. auch verstärkt werden könnte und dadurch im Gegenteil in Tierexperimenten die Bildung von heterotopen Ossifikationen begüns­ tigt wird (Lindenhovius et al. 2007). Eine fehlgeschlagene konservative Therapie stellt daher die Hauptursache zur Indikationsstel­ lung einer operativen Intervention dar. Der Zeit­ raum, in dem diese konservative Therapie durch­ geführt wird, ist jedoch bisher in der Literatur äußerst unterschiedlich beschrieben, eine Stagna­ tion der Bewegungsverbesserung über einen Zeit­

115 Arthrofibrose

Behandlungskonzept Anamnese Untersuchung Bildgebung

Gelenkoberfläche Behandlungsbedürftig

Nicht Behandlungsbedürftig

Osteokapsuläre Arthroplastik Resektion HO IE

Komplexe Steife

Einfache Steife

Laterale Säule Mediale Säule

Arthroskopische OCA

extrakapsulär

Korrekturosteotomie

intrakapsulär

– Interpositionsarthroplastik – Ellenbogen TEP

..Abb. 11.1 Behandlungskonzept; HO heterotope Ossifikationen, IE Implantatentfernung, TEP Totalendoprothese, OCA osteokapsuläre Arthroplastik

raum von 3 Monaten stellt aber einen Indikator für einen therapierefraktären Verlauf dar (Myden et al. JSES 2011). Morrey zufolge reicht ein Bewe­ gungsumfang von 100° (0–30–130° nach der Neu­ tral-Null-Methode) in Bezug auf Extension und Flexion und je 50° Pronation und Supination zur Abdeckung von 90% der Aktivitäten des täglichen Lebens aus (Morrey 1990). Jedoch ist zu berück­ sichtigen, dass für viele spezielle Tätigkeiten, so­ wohl im beruflichen als auch im Freizeitbereich, ein eingeschränkter Bewegungsumfang von 100° ein deutliches Hindernis darstellt und mit deut­ lichen Einbußen der Leistungsfähigkeit verbun­ den ist. Grundsätzlich richtet sich die Behandlungs­ strategie nach den Symptomen und den Anforde­ rungen des Patienten, seinem Aktivitätslevel und der zugrunde liegenden Ursache der Kontraktur. Die Therapiemöglichkeiten reichen von der rein konservativen Therapie über die offenen und ­arthroskopischen Arthrolysetechniken, Interposi­ tionsarthroplastiken, den teilweisen oder kom­ pletten endoprothetischen Gelenkersatz bis zur Distraktionsarthroplastik (Charalambous et al. 2012, Everding et al. 2013).

Voraussetzung zur Durchführung einer arth­ roskopischen Arthrolyse ist eine primär intraarti­ kuläre Pathologie im Sinne einer Kapselfibrose ohne höhergradige posttraumatische intraartiku­ läre Gelenkschädigung (. Abb. 11.1). Die einfache vorrangig intraartikuläre Steife stellt hierbei die Hauptindikation für die arthroskopische Ellen­ bogengelenksarthrolyse dar. 11.3

Operationsprinzip/Instrumente

Das Operationsprinzip beinhaltet zunächst die Resektion von knöchernen Blockaden (Osteo­ phyten, freie Gelenkkörper) im dorsalen und im ventralen Kompartiment. Weiterhin muss je nach Ausprägung der kapsulären Kontraktur eine Kap­ sulektomie der ventralen und/oder dorsalen Ge­ lenkkapsel erfolgen um ein entsprechendes Ope­ rationsergebnis zu generieren. Weiterhin emp­ fiehlt sich eine Mikrofrakturierung von Bereichen mit geschädigtem Gelenkknorpel. Aufgefaserter und aufgebrochener Knorpel sollte in seinen Randbereichen geglättet werden, um einen stabi­ len Randwall zu bilden.

11

116

S. Greiner

Zur Durchführung einer Ellenbogengelenks­ arthrolyse werden neben dem arthroskopischen Standardinstrumenten kleine Meißel, Retrak­ toren, Pfrieme unterschiedlicher Biegung zur eventuellen Mikrofrakturierung, Küretten sowie eine kleine Präparierschere benötigt. 11.4

Operationsvorbereitung

Unterschiedliche Lagerungen kommen zur Durchführung einer arthroskopischen Ellenbo­ gengelenksoperation mit Kapsel-Release in Frage. Aus Sicht des Autors hat sich die Seitenlagerung über einen flexiblen Armhalter als am besten be­ währt. Hierbei kann sowohl die volle Flexion als auch die volle Extension des Ellenbogens während der Operation überprüft werden. 55CT-präoperativ: N. radialis, Osteophyten, freie Gelenkkörper (FGK) 55Skalenuskatheter 55Blutsperre 55Postoperative Nachbehandlung sichern

11

11.5

Operationstechnik

Grundsätzlich ist ein dorsoventrales Vorgehen zu empfehlen, da in beiden Kompartimenten unter­ schiedliche Entitäten behandlungsbedürftig sind. Zugänge dorsal: 55Posterolateral 55Posterozentral 55Soft-Spot, hier ggf. ein hohes und ein tieferes Soft-Spot-Portal, insbesondere bei einer ­Osteochondrosis dissecans des Capitulum humeri 55Offene Neurolyse des N. ulnaris. Gegebenen­ falls Release des posterioren Bündels des ­medialen Kollateralbandes (pMCL) Zugänge ventral: Anteroradial, anteroulnar, zu­ sätzliche Retraktorenportale, um die Sicht zu ver­ bessern und Weichteilstrukturen zu schonen. Folgende Interventionen sollten bei entspre­ chender Pathologie dorsal durchgeführt werden (. Abb. 11.2): 55Synovitis: Synovektomie mit dem Shaver bzw. dem Elektrokauter 55Osteophyten/FGK: Entfernung von Osteo­ phyten mit dem Meißel und Entfernung von freien Gelenkkörpern

55Kapsel (. Abb. 11.3): Dorsales Kapsel-Release, wobei im ulnaren Rezessus der N. ulnaris zu beachten ist Test Bewegungsumfang (ROM; keine Manipulati­ on): Nach Abschluss der dorsalen Intervention erfolgt zunächst ein Test des erreichten Bewe­ gungsumfanges. Eine forcierte Manipulation soll­ te jedoch unterlassen werden. Dies kann auch noch unter arthroskopischer Sicht über das poste­ rolaterale Portal erfolgen, um ein eventuell ver­ bliebenes knöchernes Impingement durch osteo­ phytäre Anbauten zu vermeiden. Nun erfolgt der Wechsel in das ventrale Kom­ partiment. Der Autor geht hier zunächst über das anteroradiale Portal mit der Kamera in das Gelenk hinein. Ventral: 55Synovitis: Synovektomie mit dem Shaver und dem Elektrokauter. 55Osteophyten/FGK ulnare Seite: Bei Sicht von radial erfolgt nun zunächst die Entfernung von osteophytären Anbauten und freien Ge­ lenkkörpern des ulnaren Gelenkbereiches. 55Kapsel (. Abb. 11.4): Danach wird die ulnare Kapsel befreit. Dies kann durch zunächst eine Inzision der Kapsel mit einer kleinen Präpa­ rierschere erfolgen. Dann werden die Kapsel­ ränder mit dem Shaver entfernt. 55Osteophyten/FGK radiale Seite: Nun erfolgt der Wechsel der Optik auf ein anteroulnares Portal. Über das anteroradiale Portal werden die verbliebenen Osteophyten und etwaige freie Gelenkörper entfernt. 55Kapsel (. Abb. 11.5): Nun erfolgt korrespon­ dierend zur Vorgehensweise ulnar die ab­ schließende Entfernung der radialen Kapsel. Hier sollte unbedingt der tiefe Ast des N. ra­ dialis geschont werden, der sich ventral des Radiuskopfes unter dem radialen Rand des Brachialis befindet. Abschließend wird erneut die Beweglichkeit ge­ testet. Eine forcierte Manipulation sollte nicht er­ folgen! 55Verbleibendes Flexionsdefizit: ggf. offenes Release pMCL 55Verbleibendes Extensionsdefizit: Kontrolle komplettes ventrales Release? 55Knöchernes Impingement dorsal?

117 Arthrofibrose

a

b

c

d

..Abb. 11.2a–d  Maßnahmen im dorsalen Kompartiment. a Osteophytäre Anbauten in der Fossa olecrani und am Olekranon bei Sicht von posterolateral. b Abtragung der Osteophyten in der Fossa mit der Fräse, c in leichter

Streckung Abtragung der Olekranonosteophyten mit dem Meißel. d Z. n. Abtragung der Olekranonosteophyten und der Osteophyten in der Fossa olecrani

k kTipps

Allgemein: große Zugänge: besser Flüssigkeits­ extravasion als Weichteilödem Immer folgende Regeln beachten: 55Sicht: Nur bei sicherer Sicht operieren. 55Arbeitsplatz: Wichtig ist, dass ausreichend Raum für die Operationsschritte vorhanden ist. Das Einbringen von Retraktoren ist hier sehr hilfreich! 55Neurovaskuläre Strukturen beachten. ..Abb. 11.3  Nach Entfernung der dorsalen Kapsel liegt der N. ulnaris direkt am medialen Trizepsrand

11

118

S. Greiner

a

b

c

d

11

..Abb. 11.4a–d  a Sicht vom anteroradialen Portal, es zeigt sich die deutlich verdickte Kapsel. Über einen Wechselstab (Retraktor) wird diese offen gehalten, um Raum für das ventrale Kapsel-Release zu schaffen. b Die Kapsel

wird über das anteroulnare Portal mit einer Präparier­ schere eingeschnitten. c Unter der Kapsel zeigt sich der M. brachialis. d Die Kapselränder können nun mit dem Shaver entfernt werden

119 Arthrofibrose

11.6

a

Postoperative Maßnahmen

Der Autor empfiehlt unabhängig von dem präope­ rativ bestehenden Bewegungsumfang die Anlage einer ventralen Schiene in voller Extension. Hier­ durch kommt es zu einer Kompression des ventra­ len Kompartimentes und dadurch zur Reduktion von Einblutungen. Die Schiene wird tagsüber für die Beübung des Ellenbogens abgelegt und die ers­ ten 10 Nächte postoperativ wieder angelegt. 55Continuous Passive Motion (CPM) 55Physiotherapie 55Gegebenenfalls Bracing (Verspannung) mit verstellbaren Schienen, um das Gelenk in der maximalen Flexion oder Extension für einige Zeit zu halten. 55Frühzeitige Kontrolle/Intervention 55Gegebenenfalls HO(heterotope Ossifikationen)-Prophylaxe

Literatur

b

c ..Abb. 11.5a–c a Wechsel der Optik auf das antero­ ulnare Portal und Komplettierung des Kapsel-Release von radial. b Z. n. komplettem ventralen Release mit freiliegendem M. brachialis. c Zieht man den M. brachialis nach ulnar, zeigt sich unter seinem radialen Rand der tiefe Ast des N. radialis

Charalambous, CP, Morrey BF (2012) Posttraumatic Elbow Stiffness. J Bone Joint Surg 94(15): 1428–1437. doi: 10.2106/JBJS.K.00711 Cheung K, Walley KC, Rozental TD (2015) Management of complications of Dupuytren contracture. Hand Clinics 31 (2): 345–354 Everding N, Maschke S, Hoyen H, Evans P (2013) Prevention and treatment of elbow stiffness: a 5-year update. J Hand Surg Am 38(12): 2496–2507 Hildebrand KA, (2013) Posttraumatic elbow joint contractures: defining pathologic capsular mechanisms and potential future treatment paradigms. J Hand Surg Am 38(11): 2227–2233 Kay NR (1998) Surgery of the elbow. Arnold, London Lindenhovius ALC, Jupiter JB (2007) The Posttraumatic Stiff Elbow: a review of the literature. J Hand Surg Am 32(10): 1605–1623 Monument MJ, Hart DA, Salo PT, Befus AD, Hildebrand KA (2013) Posttraumatic elbow contractures: targeting neuroinflammatory fibrogenic mechanisms. J Orthop Sci 18 (6): 869–877 Morrey BF (1990) Post-traumatic contracture of the elbow. Operative treatment, including distraction arthro­ plasty. J Bone Joint Surg Am 72(4): 601–618 Murray MR, Saltzman MD, Gryzlo SM, Terry MA, Woodward CC, Nuber GW (2011) Efficacy of preoperative home use of 2% chlorhexidine gluconate cloth before shoulder surgery. J Shoulder Elbow Surg 20(6): 928–933. doi: 10.1016/j.jse.2011.02.018 Myden C, Hildebrand K (2011) Elbow joint contracture after traumatic injury. J Shoulder Elbow Surg 20(1): 39–44

11

121

Endoskopische Neurolyse und Nerventransposition des N.ulnaris A. Lenich

12.1

Einleitung  – 122

12.2

Pathologie  – 122

12.3

Diagnostik  – 122

12.3.1 12.3.2 12.3.3

Anamnese  – 122 Klinische Evaluation  – 122 Bildgebende Diagnostik  – 122

12.4

Operationsindikationen  – 123

12.5

Operationsprinzip/­Instrumente 

12.6

Operationsvorbereitung  – 124

12.7

Operationstechnik  – 124

12.7.1 12.7.2

Komplikationen   – 125 Ergebnisse  – 125

12.8

Postoperative Maßnahmen  – 126

Literaturverzeichnis  – 126

– 123

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_12

12

122

A. Lenich

12.1

Einleitung

Durch seine exponierte Lage ist der N.ulnaris prädisponiert für Verletzungen. Oft sind die sekundären Folgen wie eingeschränkte Beweglichkeit des Ellenbogengelenks oder fortgeleitete Schmerzen erst bei genauer klinischer Untersuchung und Diagnostik als N.ulnaris-assoziiert zu erkennen. Die N.-ulnaris-Pathologien können in intrinsische und extrinsische differenziert werden. Mit Ausnahme der Schwellung des Nerven als intrinsische Ursache sind nur die extrinsischen Ursachen einer endoskopischen Therapie zugänglich und werden hier beschrieben (Eberlin et al. 2017). 12.2

12

Pathologie

Bei Flexion des Ellenbogens um 90 ° kommt es zu einer Verminderung des Raumes um den Nerv im Bereich des Sulcus ulnaris mit einer Reduktion des Durchmessers um 50%. Extrinsischen Patholo­ gien des N.-ulnaris-Syndroms wie Hämatome, Narbenzügel, Osteophyten oder intrinsische Ursachen, die zu einer Schwellung des Nerven im ­Bereich der Durchtrittspunkte und Engstellen führen, begrenzen die Beweglichkeit durch den Volumenzuwachs. Bedingt durch die Enge kommt es zu einer reflektorischen Anspannung der antagonistischen Muskulatur, was in einer Verminderung des Bewegungsumfanges des Ellenbogen­ gelenks mündet (Eberlin et al. 2017). Die Nervenleitgeschwindigkeit wird standardmäßig bei gestrecktem Arm gemessen und ver­ ändert sich bei dieser pathologischen Form der N.-ulnaris-Einengung nicht merklich. Erst bei Nervenschädigungen oder einer Messung in ­Ellenbogenflexion und Schulterabduktion können reduzierte Messergebnisse dokumentiert werden. 12.3

Diagnostik

12.3.1

Anamnese

Eine Traumaanamnese mit gezieltem Erfragen von Verletzungen des Ellenbogens ist zu erheben. Parästhesien des Klein- und ulnarseitigem Ringfingers und/oder Kraftverlust im Hypothenarbereich sind zu erfragen.

12.3.2

Klinische Evaluation

Durch seinen teilweise sehr oberflächlichen Verlauf kann der N. ulnaris im Bereich des Ellen­ bogens an einigen Stellen einer direkten Palpation zugänglich sein. Beim Durchbewegen des Ellenbogens kann ein springender/schnappender Nerv auffallen. Sensible Defizite im Kleinfinger und ulnarseitigen Ringfinger werden mittels SpitzStumpf-Diskriminierung erhoben. Das Hoffmann-Tinel-Zeichen kann im Bereich des Sulcus ulnaris und der Loge de Guyon geprüft werden. 12.3.3

Bildgebende Diagnostik

k kSonografie

Die Ultraschalluntersuchung des N. ulnaris erlaubt eine statische wie dynamische Untersuchung. Die meisten Engstellen und Durchtrittspunkte lassen sich gut darstellen. Der Nerv kann bei statischer Untersuchungstechnik durch Engstellen sanduhrförmige Formen annehmen. Bei einer dynamischen Untersuchung ist durch einen fixierten Nerv das fehlende Gleitverhalten auf­ fällig. k kKonventionelle Röntgendiagnostik

Zur bildgebenden Untersuchung ist die Röntgendarstellung des Ellenbogengelenkes in a.-p. und lateral der Standard. Eine Sulcus-ulnaris-Zielaufnahme kann ossäre Veränderungen wie Engstellen durch osteophytäre Anbauten und andere Veränderungen aufzeigen. k kSchnittbilddiagnostik

Die CT-Untersuchung des Ellenbogengelenks ist bei Verdacht auf ossäre Veränderungen im Bereich des Sulcus ulnaris indiziert, um diese präoperativ genau zu lokalisieren. Mittels MRT kann der Verlauf des Nerven und seine begleitenden Weichteilstrukturen dargestellt werden. Einengungen durch Schwellungen, Tumoren, Narbenzüge und Hämatome sowie Abweichungen des normalen Verlaufes können zur Darstellung kommen.

123 Endoskopische Neurolyse und Nerventransposition des N.ulnaris

12.4

Operationsindikationen

Eine Operationsindikation zur endoskopischen Dekompression des N.ulnaris besteht bei extrinsischer Einengung durch fibröses Gewebe, Hämatome oder Faszienlücken (Morse et al. 2014, Toirac et al. 2017).

Schlauch für Sauger

Shaver

12.5

Operationsprinzip/­ Instrumente

Zu unterscheiden gilt es die offene von der endoskopischen Neurolyse. Für die offene Neurolyse kann ein chirurgisches Standardsieb verwendet werden. Die endoskopische Neurolyse hat den Vorteil der geringen Hautschnittlänge. Für die endoskopische Neurolyse werden ein paar spezielle Instrumente benötigt, um eine subkutane Tunnelung (Kornzange/Spekulum) und die endoskopische Dekompression (spezieller Nerventrokar für die Optik/lange feine Präparationsschere) des Nerven zu ermöglichen (. Abb. 12.1, . Abb. 12.2).

4-mm-Optik mit Schlauch zur Wasserzufuhr

Normierter Wechselstab zur Vermessung der Instabilität

Trokar mit Kanüle

Optikkabel

Sterilisierte Schutzhülle für die Optik

a

Septum intermusculum mediale M. biceps M. brachialis Struthers Ligament N. ulnaris b

M. triceps

..Abb. 12.2a,b  Instrumente für die endoskopische Neurolyse. b Instrumente von links nach rechts: Spekulum, Trokar mit Weichteilrahmen, Kornzange (Fa. Storz oder Fa. Wolf )

N. ulnaris Faszie des M. flexor digitalis superior

2 Köpfe des M. flexor ulnaris

..Abb. 12.1  Physiologische Engstellen im Verlauf des N.ulnaris in der Nähe des Ellenbogengelenks

12

124

12.6

A. Lenich

Operationsvorbereitung

Voroperationen und Verletzungen sind zu beachten, insbesondere vorangegangene Dekompressionsversuche. Der Patient ist auf die aufwendige Nachbehandlung hinzuweisen. Von der Anästhesie wird präoperativ ein Plexuskatheter angelegt der aber erst postoperativ nach der Sicherstellung der Nervenfunktionen befahren wird. Bei einer isolierten Nervendekompression wird der Patient auf dem Rücken mit ausgelagertem Arm auf dem Handtisch gelegt. Eine Blut­ sperre wird angelegt, ist aber nicht unbedingt erforderlich.

12

12.7

Die endoskopische Neurolyse des N. ulnaris ­beginnt mit einem medialen Hautschnitt im Bereich des Sulcus ulnaris am Ellenbogen. Nach der ­Nervendarstellung im Sulkusbereich wird mit der Kornzange ein subkutaner Tunnel nach proximalund distal im vermuteten Nervenverlauf ge­ schaffen. Dieser Tunnel wird mit dem Spekulum ­erweitert und dient als Arbeitsraum für das nun ­eingeschobene Endoskop. Mit der Präparations­ scherewird unter endoskopischer Sicht der Nerv nach proximal und distal freigelegt, bis alle Eng­ stellen gespalten sind (. Abb. 12.3, . Abb. 12.4, . Abb. 12.5).

a

a

b

b

c

c

..Abb. 12.3a–c Zugang

Operationstechnik

..Abb. 12.4a–c  Endoskopische Präparation nach distal

125 Endoskopische Neurolyse und Nerventransposition des N.ulnaris

a

b

c

d

e

f

..Abb. 12.5a–f  Endoskopische Präparation nach proximal

Der Wundverschluss erfolgt subkutan und intrakutan mit resorbierbarem Nahtmaterial. 12.7.1

Komplikationen

Die Patienten sind auf folgende postoperativen Komplikationen hinzuweisen (Prommersberger et al. 2011, Hamdi et al. 2010, Kelly et al. 2001): 55Irreparable Nervenläsion 55Temporäre Parästhesien 55Zunehmende Bewegungseinschränkung des Ellenbogens 55Allgemeine chirurgische Komplikationen

12.7.2

Ergebnisse

Die Untersuchung der endoskopischen versus der offenen Neurolyse des N.ulnaris von der Arbeitsgruppe um Fowler zeigt eine Überlegenheit der endoskopischen Technik (Toirac et al. 2017).

12

126

12.8

A. Lenich

Postoperative Maßnahmen

55Nach Beendigen der Narkose sofortige Überprüfung des N.-ulnaris-Versorgungsgebietes. Erst nach sicherer Evaluation der Neurologie darf der Schmerzkatheter mit Lokalanästhetikum befahren werden. 55Mobilisationstherapie wie nach einer operativen Arthrolyse, für 6Wochen intensive Physiotherapie und Beübung auf der patientengesteuerten Motorschiene (CPM) unter analgetischer Therapie mit gegebenenfalls wiederholter Schmerzkatheteranlage (. Abb. 12.6, Lindenhovius et al. 2009).

12

..Abb. 12.6  Postoperative Mobilisation mit der patien­ tengesteuerten Motorschiene (CPM)

Literaturverzeichnis Eberlin KR, Marjoua Y, Jupiter JB (2017) Compressive neuro­ pathy of the ulnar nerve: a perspective on history and current controversies. J Hand Surg Am 42(6): 464–469. doi: 10.1016/j Hamdi MF, Aloui I, Allagui M (2010) Ulnar nerve com­ pression at the elbow and heterotropic ossification: a report of five cases. Neurochirurgie 56: 340–343 Kelly EW, Morrey BF, O’Driscoll SW (2001) Complications of elbow arthroscopy. J Bone Joint Surg Am 83-A: 25–34 Lindenhovius AL, van de Luijtgaarden K, Ring D et al. (2009) Open elbow contracture release: postoperative manage­ment with and without continuous passive motion. J Hand Surg Am 34A: 858–865 Morse LP, McGuire DT, Bain GI (2014) Endoscopic ulnar nerve release and transposition. Tech Hand Up Extrem Surg 18(1): 10–14 Prommersberger KJ, Mühldorfer M, Schoonhoven J van (2011) Neurologische Komplikationen bei Ellenbogen­ steife. Orthopäde Savoie FH 3rd, Nunley PD, Field LD (1999) Arthroscopic management of the arthritic elbow: indications, tech­ nique, and results. J Shoulder Elbow Surg 8(3): 214–219 Toirac A, Giugale JM, Fowler JR (2017) Open versus endo­ scopic cubital tunnel in situ decompression: a system­ atic review of outcomes and complications. Hand (N Y) 12(3): 229–235

127

Endoskopisch-assistierte Refixation der distalen ­Bizepssehne S. Reuter, A. Lenich

13.1

Pathologie/Indikation  – 128

13.2

Operationsprinzip/Instrumente  – 128

13.3

Operationsvorbereitungen  – 128

13.4

Operationstechnik  – 129

13.5

Postoperative Maßnahmen  – 131

13.6

Zusammenfassung  – 131

Literatur  – 132

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_13

13

13

128

S. Reuter und A. Lenich

13.1

Pathologie/Indikation

Ein Großteil der distalen Bizepssehnenrupturen steht in einem direkten Zusammenhang mit ­einem akuten Unfall (Klonz et al. 2003). Die Kombina­ tion aus einer plötzlich exzentrischen Kraftein­ wirkung auf den aktiv flektierten Ellenbogen ist häufig die Ursache einer Sehnenruptur (Hegel­ maier et al. 1992, Chillemi et al. 2007). Die Inzi­ denz der distalen Bizepsehnenruptur wird mit 1,2 Rupturen auf 100.000 Einwohner pro Jahr angege­ ben (Morrey et al. 2014). Betroffen sind vor allem Männer im Alter zwischen 30 und 60 Jahren, wo­ bei sich ein gehäuftes Auftreten in der 4. und 5. Lebensdekade feststellen lässt (Morrey et al. 2014). Die Indikation für eine Operation besteht bei Patienten mit einer akuten Komplett- oder Par­ tialruptur mit signifikantem Kraftverlust für die Supinations- und Flexionsbewegung im Ellen­ bogengelenk. Die operative Reinsertion der Sehne an der Tuberositas radii stellt derzeit das Standard­ verfahren dar (Chillemi et al. 2007, Bak et al. 1992). Es besteht der eindeutige Konsensus der Überlegenheit der operativen Therapie gegenüber der konservativen Therapie zur Wiedererlangung der Flexions- und vor allem Supinationskraft im Ellenbogengelenk (Morrey et al. 2014, Nesterenko et al. 2010, Chillemi et al. 2007). In den letzten Jahren wurden verschiedene operative Techniken im Hinblick auf eine opti­ male Refixation mit guten funktionellen Ergeb­ nissen beschrieben. Dennoch werden sowohl der operative Zugang (Single-incision-Technik vs. Double-incision-Technik) als auch die Refixa­ tionsmethode (Fadenanker, Endobutton, trans­ ossäre Nähte, Interferenzschraube) im Hinblick auf die optimale Wiederherstellung der Kraft und der Minimierung von Komplikationen kontrovers diskutiert (Hartman et al. 2007, Watson et al. 2014, Hasan et al. 2012). Eine häufig berichtete Komplikation des vor­ deren Single-incision-Zuganges ist die transiente oder persistierende Irritation des N. cutaneus ­antebrachii lateralis durch Hakenzug oder eine direkte Kompression während der Operation ­ (Shields et al. 2015, Grewal et al. 2012). Zur Mini­ mierung dieser Komplikation wurden bereits ­endoskopisch-assistierte Techniken zur Refixa­ tion der distalen Bizepssehne vorgestellt (Gregory et al. 2009, Sharma und MacKay 2005). Biomecha­ nische Untersuchungen konnten zeigen, dass die exakte anatomische Reinsertion der distalen

­ izepssehne entscheidend ist und Abweichungen B von wenigen Millimetern eine erheblichen Reduk­ tion der Supinationskraft zur Folge haben können (Hutchinson et al. 2008, Bain et al. 2000). Eine in­ traoperative exakte Sicht auf die Tuberositas ­radii ist daher essenziell zur Implantatplatzierung, was durch die endoskopische Einsicht erleichtert wer­ den kann. 13.2

Operationsprinzip/Instrumente

In der hier vorgestellten Technik erfolgt die Rein­ sertion der distalen Bizepsehne an der Tuberositas radii mittels intramedullärem Fixationsplättchen durch ein minimalinvasives, endoskopisch-assis­ tiertes Vorgehen. Dabei erfolgen das Aufsuchen des Sehnenstumpfes und die Präparation der Tu­ berositas radii mit Positionierung der Bohrlöcher unter endoskopischer Kontrolle. Der Sehnen­ stumpf wird anschließend über 2 Fixationsplätt­ chen anatomisch intramedullär in der Tuberositas radii refixiert. k kInstrumentarium

552-mal Bizepsbutton zur intramedullären ­Fixierung (Fa. Arthrex, Naples, FL, USA) 552-mal Fibre Wire 2.0 (Fa. Arthrex, Naples, FL, USA) 552-mal 2,4-mm-Zielbohrdraht 55Bohrer 3,2 mm (Fa. Acumed Ltd, Hempshire, UK) 55Gewebeschutzhülse 3,5 mm 55Nervenpräparationsaufsatz für die Endo­ skopiekamera 13.3

Operationsvorbereitungen

Zunächst erfolgt die symptomspezifische Anam­ nese mit Erhebung des Unfallherganges, der ­Beschwerdesymptomatik, vorangegangener Be­ schwerden und bereits erfolgter Operationen am Ellenbogen. Im Rahmen der symptomspezifischen Untersuchung wird auf eine Proximalisierung des Muskelbauches des M. biceps brachii sowie ein Hämatom in der Ellenbeuge geachtet. In der Mus­ kelfunktionsprüfung im Seitenvergleich zeigt sich häufig eine reduzierte Kraft bei Supination sowie ein positiver Hook-Test. Der präoperative neuro­ vaskuläre Status wird dokumentiert. Eine Rönt­ genaufnahme des Ellenbogens in 2 Ebenen (a.-p.

129 Endoskopisch-assistierte Refixation der distalen Bizepssehne

und lateral) sowie eine MRT­Untersuchung zur Beurteilung des Ausmaßes der Sehnenschädigung (partiell vs. komplett), der Läsionshöhe, der Seh­ nenqualität und der Beurteilung der Retraktion des Sehnenstumpfs komplettieren die präopera­ tive Diagnostik. In der Patientenaufklärung wird auf das Risiko von intraoperativen Nervenverletzungen (N. radia­ lis, N. medianus, N. musculocutaneus), Gefäßver­ letzungen und verbleibenden Funktionsstörungen hingewiesen. Auch die Bildung von heterotopen Ossifikationen und eine Reruptur der Sehne stel­ len mögliche Komplikationen dar. Neben der Fehlplatzierung der Fixationssysteme kann es zum Ausbruch, zu einer Lockerung oder zur Disloka­ tion dieser Systeme kommen. Der Eingriff erfolgt in Rückenlagerung in Allgemeinnarkose. Die zu operierende Extremität wird auf einem röntgen­ durchlässigen Armtisch in Ellenbogenstreckung und Supinationsstellung des Unterarms gelagert. Eine Blutsperre mit 280 mmHg wird angelegt. 13.4

. Abb. 13.1

Zugang ulnarseitige Ellenbeuge

Operationstechnik

Der Zugang erfolgt über eine Inzision unmittelbar distal der Ellenbeuge ulnarseitig (. Abb. 13.1). Als Leitstruktur dient der mediale Rand des M. brachioradialis. Der N. cutaneus antebrachii lateralis (des N. musculocutaneus) muss in seinem Verlauf auf der Faszie des M. brachioradialis ge­ schont werden. Die Inzision der Faszie erfolgt un­ mittelbar medial des M. brachioradialis. Anschließend wird mit dem Endoskop (mit Nervenpräparationsaufsatz) der meist nach proxi­ mal eingeschlagene Sehnenstumpf aufgesucht (. Abb. 13.2). Die Lösung von Adhäsionen kann nun unter Sicht durchgeführt werden. Die Palpa­ tion der Tuberositas radii erfolgt bei flektiertem und supinierten Ellenbogengelenk. Die Tuberosi­ tas radii wird unter endoskopischer Darstellung freipräpariert (. Abb. 13.3). Der Sehnenstumpf wird mit nichtresorbierba­ rem Nahtmaterial (z. B. FiberWire, Fa.Arthrex) mit am distalen Ende beginnender aufsteigender und am gegenüberliegenden Sehnenrand wieder absteigender Krakow­Naht angeschlungen. Die Fadenenden sollen am distalen Sehnenende zu lie­ gen kommen. Es werden je 2 Fadenpaare am Seh­ nenstumpf vorgelegt (. Abb. 13.4). Die Fadenpaare werden mit jeweils einem Bizepsbutton bestückt (. Abb. 13.5).

. Abb. 13.2 Eingehen mit dem Endoskop (mit Nervenpräparationsaufsatz)

. Abb. 13.3

Präparation der Tuberositas radii

In maximaler Supinationsstellung des Unter­ arms werden nun 2 Zielbohrdrähte in der Tubero­ sitas radii platziert und die korrekte Lage der Bohrdrähte wird anschließend radiologisch kont­ rolliert (. Abb. 13.6). Nun wird eine Bohrhülse über dem Zieldraht platziert und der Zieldraht entfernt. Mit dem 3,2­mm­Bohrer wird dann mo­ nokortikal bis zur Gegenkortikalis gebohrt.

13

130

S. Reuter und A. Lenich

a . Abb. 13.4 denpaaren

Anschlingen des Sehnenstumpfes mit 2 Fa-

b . Abb. 13.7a,b Einführen der beiden Bizepsbuttons in die Bohrlöcher und subkortikales Verkippen

13

. Abb. 13.5 tons

Bestücken der Fadenpaare mit 2 Bizepsbut-

Nacheinander werden 2 Bizepsbuttons in das jeweilige Bohrloch eingeführt und mit einem ledi­ gen Draht bis zum Verkippen subkortikal vorge­ schoben (. Abb. 13.7). Durch Zug an den freien Fäden wird sichergestellt, dass beide Buttons int­ ramedullär subkortikal des anterioren Kortex ver­ kippt („geflippt“) sind. Anschließend werden die Fadenenden beider Bizepsbuttons verknotet. Abschließend wird die Implantatlage radiolo­ gisch in 2 Ebenen kontrolliert und die freie passive Beweglichkeit des Gelenkes geprüft (. Abb. 13.8).

. Abb. 13.6 Radiologische Kontrolle der Zieldrahtpositionierung in der Tuberositas radii

131 Endoskopisch-assistierte Refixation der distalen ­Bizepssehne

k kTipps und Tricks

Bei der tiefen Präparation und Bohrkanalanlage sollte auf eine maximale Supinationsstellung des Unterarmes geachtet werden, um eine anatomi­ sche Reinsertion der Sehne zu erzielen. Zudem sollte nach Anlage der Bohrkanäle ausgiebig ge­ spült werden, um heterotopen Ossifikationen vor­ zubeugen. Die Rami recurrentes der Vv. perforan­ tes müssen zur Verhinderung von Blutungen sorg­ fältig ligiert werden. Um die Ausrissstabilität der Verankerungssysteme nicht zu gefährden, sollte kein ausgedehntes Débridement im Bereich der Kortikalis erfolgen. a

13.6

b ..Abb. 13.8a,b  Radiologische Abschlusskontrolle

13.5

Postoperative Maßnahmen

Es erfolgt eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit freier passiver Mobilisation. Eine Epico ROM® Orthese (Fa. Medi, Bay­ reuth, Deutschland) wird für insgesamt 6 Wochen getragen. In der Orthese wird die Extension auf 20° für 4 Wochen limitiert. Im Zeitraum der ersten 2 Wochen postoperativ ist zudem keine aktive Pro-/Supination erlaubt. Sportliche Maximalbelastung und schweres körperliches Arbeiten ist nach 12 Wochen wieder möglich. Aktive Bizepsaktivitäten mit Gewichten >5 kg sollen für 6 Wochen vermieden werden.

Zusammenfassung

55Operationsziel: Endoskopisch-assistierte ­Refixation der distalen Bizepssehne an der Tuberositas radii mit 2 intramedullär sub­ kortikal platzierten Buttons. 55Indikationen: Akute Komplett- oder Partial­ rupturen der distalen Bizepssehne mit signi­ fikantem Kraftverlust für Supination und ­Flexion im Ellenbogengelenk. 55Operationstechnik: Hautschnitt unmittelbar distal der Ellenbeuge ulnarseitig und Einge­ hen mit dem Endoskop. Aufsuchen des Seh­ nenstumpfes und endoskopische Darstellung der Tuberositas radii. 55Anschlingen des Sehnenstumpfes mit 2 Fa­ denpaaren, die anschließend mit 2 Buttons bestückt werden. Nach Platzierung von 2 Zielbohrdrähten in der Tuberositas radii und Überbohren werden die Buttons subkortikal platziert und intramedullär verkippt. 55Weiterbehandlung: Tragen einer Ellenbogen­ orthese für 6 Wochen. In der Orthese wird die Extension auf 20 ° für 4 Wochen limitiert. Im Zeitraum der ersten 2 Wochen postopera­ tiv ist zudem keine aktive Pro-/Supination er­ laubt.

13

132

S. Reuter und A. Lenich

Literatur

13

Bain GI, Prem H, Heptinstall RJ, Verhellen R, Paix D (2000) Repair of distal bizeps tendon rupture: a new technique using the Endobutton. J Shoulder Elbow Surg/ Am Shoulder Elbow Surg 9 (2): 120–126 Bak K, Haugegaard LM, Petersen OC (1992) Complete restoration of supination and flexion strength after surgical treatment of distal bizeps tendon rupture by the BoydAndersson method. Ugeskrift Laeger 154 (10): 629–631 Chillemi C, Marinelli M, De Cupis V (2007) Rupture of the distal bizeps brachii tendon: conservative treatment versus anatomic reinsertion – clinical and radiological evaluation after 2 years. Arch Orthopaedic Trauma Surg 127 (8): 705–708. doi: 10.1007/s00402–007– 0326–7 Gregory T, Roure P, Fontes D (2009) Repair of distal bizeps tendon rupture using a suture anchor: description of a new endoscopic procedure. Am J Sports Med 37 (3): 506–511. doi: 10.1177/0363546508326985 Grewal R, Athwal GS, MacDermid JC, Faber KJ, Drosdowech DS, El-Hawary R, King GJ (2012) Single versus doubleincision technique for the repair of acute distal bizeps tendon ruptures: a randomized clinical trial. J Bone Joint Surg Am Vol 94 (13): 1166–1174. doi: 10.2106/ JBJS.K.00436 Hartman MW, Merten SM, Steinmann SP (2007) Mini-open 2-incision technique for repair of distal bizeps tendon ruptures. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 16 (5): 616–620. doi: 10.1016/j.jse.2006.10.021 Hasan SA, Cordell CL, Rauls RB, Bailey MS, Sahu D, Suva LJ (2012) Two-incision versus one-incision repair for distal bizeps tendon rupture: a cadaveric study. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 21 (7): 935–941. doi: 10.1016/j.jse.2011.04.027 Hegelmaier C, Schramm W, Lange P (1992) Distal bizeps tendon rupture. Therapy and forensic insurance evaluation. Unfallchirurg 95 (1): 9–16 Hutchinson HL, Gloystein D, Gillespie M (2008) Distal bizeps tendon insertion: an anatomic study. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 17 (2): 342–346. doi: 10.1016/j.jse.2007.05.005 Klonz A, Loitz D, Reilmann H (2003) Proximal and distal ruptures of the bizeps brachii tendon. Unfallchirurg 106 (9): 755–763 Morrey ME, Abdel MP, Sanchez-Sotelo J, Morrey BF (2014) Primary repair of retracted distal bizeps tendon ruptures in extreme flexion. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 23 (5): 679–685. doi: 10.1016/j. jse.2013.12.030 Nesterenko S, Domire ZJ, Morrey BF, Sanchez-Sotelo J (2010) Elbow strength and endurance in patients with a ruptured distal bizeps tendon. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 19 (2): 184–189. doi: 10.1016/j. jse.2009.06.001 Sharma S, MacKay G (2005) Endoscopic repair of distal bizeps tendon using an EndoButton. Arthroscopy 21 (7): 897. doi: 10.1016/j.arthro.2005.04.001

Shields E, Olsen JR, Williams RB, Rouse L, Maloney M, ­Voloshin I (2015) Distal bizeps brachii tendon repairs: a single-incision technique using a cortical button with interference screw versus a double-incision technique using suture fixation through bone tunnels. ­ Am J Sports Med 43(5): 1072–1076. doi: 10.1177/0363546515570465 Watson JN, Moretti VM, Schwindel L, Hutchinson MR (2014) Repair techniques for acute distal bizeps tendon ruptures: a systematic review. J Bone Joint Surg Am Vol 96 (24): 2086–2090. doi: 10.2106/JBJS.M.00481

133

Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung L. P. Müller, M. Hackl, K. Wegmann, G. S. Athwal

14.1

Pathologie  – 134

14.1.1 14.1.2 14.1.3

Frontale Abscherfrakturen des distalen Humerus  – 134 Koronoidfrakturen  – 134 Radiuskopffrakturen  – 134

14.2

Indikation  – 135

14.3

Operationsprinzip/Instrumente  – 135

14.4

Operationsvorbereitung  – 136

14.5

Operationstechnik  – 136

14.5.1 14.5.2 14.5.3

Abscherfrakturen des Kapitulums  – 137 Koronoidfrakturen  – 140 Radiuskopffrakturen   – 144

14.6

Postoperative Maßnahmen  – 146

Literatur  – 147

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_14

14

134

L. P. Müller et al.

14.1

Pathologie

Etwa 5–8 % aller Frakturen des Erwachsenen betreffen das Ellenbogengelenk (Resnick u. Kang 1997). Bleibende Beschwerden sind dabei nicht selten und insbesondere Luxations- sowie distale Humerusfrakturen gehen häufig mit einer sekundären Arthrose einher (Doornberg et al. 2007, ­Guitton et al. 2010, Herbertsson et al. 2004). 14.1.1

Frontale Abscherfrakturen des distalen Humerus

Frontale Abscherfrakturen des Kapitulums be­ ziehungsweise der Trochlea (AO Typ 13 B3) sind in manchen Fällen einer arthroskopisch gestützten Osteosynthese zugängig und wurden von Dubberley et al. subklassifiziert (Dubberley et al. 2006): 55Dubberley Typ I – Einfache Abscherfraktur des Kapitulums mit oder ohne Beteiligung der lateralen Trochleakante 55Dubberley Typ II – Einfache Abscherfraktur des Kapitulums und der Trochlea 55Dubberley Typ III – Mehrfragmentäre ­Abscherfraktur von Kapitulum und Trochlea

14

In Abhängigkeit des Vorhandenseins einer dorsalen Trümmerzone handelt es sich um eine A-Fraktur (keine dorsale Trümmerzone) oder B-Fraktur (dorsale Trümmerzone). Frakturen des distalen Humerus werden in­ der Regel operativ versorgt. Die Ergebnisse nach konservativer Therapie sind zumeist unzufriedenstellend, weshalb diese Behandlungsform dem multimorbiden, geriatrischen Patienten mit niedrigem funktionellen Anspruch vorbehalten bleibt (Aitken et al. 2015, Nauth et al. 2011, Ries et al. 2014). 14.1.2

Koronoidfrakturen

Der Processus coronoideus trägt wesentlich zur Stabilität des Ellenbogengelenks bei. Über das ­Tuberculum subliminus dient er dem anterioren Bündel des medialen Kollateralbands als Ansatzpunkt und spielt so eine wichtige Rolle für die ­Valgusstabilität (O’Driscoll et al. 2003). Darüber hinaus stabilisiert er das Ellenbogengelenk gegen Varusbelastungen und limitiert die posterolaterale

Rotation (Hartzler et al. 2014, Schneeberger et al. 2004). Isolierte Frakturen des Koronoids sind selten, häufig treten sie als Begleitpathologien auf. Regan und Morrey klassifizierten die Koronoidfrakturen in 3 Typen (Regan u. Morrey 1989): 55Regan/Morrey Typ I – Fraktur der Koronoidspitze 55Regan/Morrey Typ II – Fraktur von 50 % des Koronoids Insbesondere die Typ-II-Fraktur wurde von O’Driscoll subklassifizert (O’Driscoll et al. 2003): 55O’Driscoll Typ II.1 – Isolierte Querfraktur 55O’Driscoll Typ II.2 – Fraktur mit Beteiligung der anteromedialen Facette 55O’Driscoll Typ II.3 – Fraktur mit Beteiligung des Tuberculum subliminus Typ-I-Frakturen können konservativ behandelt werden. Entscheidet man sich im Rahmen der operativen Behandlung von Begleitpathologien für eine Adressierung des Koronoidfragments, so kann dieses indirekt über ein Anschlingen der ventralen Kapsel refixiert werden. Bei Typ-IIFrakturen – insbesondere O’Driscoll Typ II.2 und II.3 – und Typ-III-Frakturen ist in der Regel die operative Intervention mit Schrauben- oder Plattenosteosynthese indiziert. 14.1.3

Radiuskopffrakturen

Frakturen des Radiuskopfes stellen die häufigste knöcherne Ellenbogenverletzung bei Erwachsenen dar (Johnston 1962, Kaas et al. 2010). Sie resultieren in der Regel aus einem Sturz auf den pronierten Arm und gehen nicht selten mit relevanten Begleitverletzungen der Kollateralbänder, der Membrana interossea und/oder des Processus ­coronoideus einher (Fitzpatrick et al. 2012, Ita­ mura et al. 2005, McGinley et al. 2014, Trousdale et al. 1992). Die Fraktureinteilung erfolgt anhand der von Johnston modifizierten Mason-Klassifikation (Johnston 1962): 55Mason I – einfache, undislozierte Fraktur (2 mm Dislokation) 55Mason III – mehrfragmentäre Fraktur 55Mason IV – Luxationsfraktur

135 Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung

Während nichtdislozierte Frakturen der konservativen Therapie zugeführt werden, ist ein engmaschiges Monitoring nötig, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen (Burkhart et al. 2015). Bei dislozierten Frakturen ist in der Regel die Osteosynthese indiziert, die mit kanülierten, kopflosen Kompressionsschrauben oder bei Beteiligung des Radiushalses mit anatomisch präformierten, winkelstabilen Platten erfolgt. Die alleinige Resektion in der Akutsituation ist aufgrund der multiplen Begleitpathologien möglichst nicht durchzuführen. Bei nichtrekonstruierbaren Frakturen ist daher aus unserer Sicht der endoprothetische Ersatz zu präferieren (Beingessner et al. 2004). 14.2

Indikation

Die arthroskopisch gestützte Osteosynthese erlaubt – entgegen dem offenen Vorgehen, bei welchem jeweils nur Teile des Gelenks eingesehen und somit Begleitverletzungen unentdeckt bleiben können – eine dezidierte Beurteilung assoziierter Pathologien, insbesondere des Gelenkknorpels und des Kapsel-Band-Apparats. Zudem kann die korrekte Frakturreposition und Positionierung des Osteosynthesematerials arthroskopisch verifiziert werden, was den Bedarf an intraoperativer Durchleuchtung reduziert. Das minimalinvasive Vorgehen bietet darüber hinaus den Vorteil der geringeren Zugangsmorbidität und kann dadurch potenziell das Risiko für Pseudarthrose, postoperative Arthrofibrose oder heterotope Ossifikation reduzieren (Mehdian u. McKee 2000, Shukla et al. 2015). Folgende Frakturtypen eignen sich zur arthroskopisch gestützten Osteosynthese: 55B3-Frakturen des distalen Humerus ohne relevante Trümmerzone (Dubberley IA, IIA) 55Koronoidfrakturen ohne relevante Trümmerzone (Regan/Morrey I–III; O’Driscoll II.1, II.2) 55Dislozierte Radiuskopffrakturen ohne relevante Trümmerzone (Mason II) Die bisher vorhandene Literatur beschränkt sich auf einzelne Fallberichte und Fallserien mit guten klinischen Ergebnissen (Adams et al. 2007, Fink Barnes et al. 2015, Hardy et al. 2002, Hausman et al. 2008, Kuriyama et al. 2010, Michels et al. 2007, Mitani et al. 2009, Rolla et al. 2006). Die größte Fallserie publizierten Michels et al. im Jahre 2007,

die bei 14 Patienten mit einer Mason-II-Fraktur eine arthroskopisch gestützte Osteosynthese durchführten (Michels et al. 2007). Nach durchschnittlich 5,5 Jahren wiesen die Patienten einen mittleren Broberg-/Morrey-Score von 97,6 Punkten auf mit 11 exzellenten und 3 guten Ergebnissen (Michels et al. 2007). 14.3

Operationsprinzip/ Instrumente

Nach arthroskopisch gestützter, anatomischer Reposition kann die Fraktur mithilfe von KirschnerDrähten temporär fixiert werden, ehe die defini­ tive Osteosynthese mit kanülierten Schrauben ­erfolgt. Die Verwendung selbstbohrender und selbstschneidender Schrauben ist zu bevorzugen, um die Anzahl der Operationsschritte zu reduzieren. Zur sicheren Vermeidung neurovaskulärer Komplikationen werden Abscherfrakturen des Kapitulums und Frakturen des Koronoids retrograd verschraubt. Darüber hinaus kann so bei Abscherfrakturen des distalen Humerus die iatrogene Knorpelschädigung minimiert werden. Idealerweise werden mindestens 2 Schrauben platziert, um eine suffiziente Rotationsstabilität zu gewährleisten. Insbesondere bei kleineren Fragmenten wird jedoch in der Regel bereits mit einer Teilgewindeschraube durch eine entsprechende Inter­ digitation der Fragmente eine suffiziente Osteosynthese erreicht. Folgendes Instrumentarium wird für die arthroskopisch gestützte Frakturversorgung benötigt: 55Vakuummatratze oder entsprechende gepolsterte Stützen zur Seitlagerung des Patienten 55London-Ontario-Armhalter zur Auslagerung des zu operierenden Arms 55Blutsperremanschette (optional) 55Steriler Hautmarker 55Sterile 20-ml-Spritze und Punktionskanüle (zur Gelenkinsufflation) 55Einmalskalpell (Nr. 11) 55Inflow-Kanüle 55Standard 4-mm-Arthroskop mit 30-GradOptik mit Trokar, Trokarhülse und Licht­ quelle 55Wechselstab 55Tasthaken 55Arthroskopischer Shaver (z. B. 3,5 mm), ggf. Knochenfräse (z. B. 4,0 mm) 55Gebogene und gerade Küretten

14

136

L. P. Müller et al.

55Diathermie 55Arthroskopische Fasszange 55Zahnarzthaken 55Mittelgroße, spitze und stumpfe Repositionszangen mit großem Offset 55Gegebenenfalls Bohr-Zielgerät (z. B. A-2096, Fa. Medartis, . Abb. 14.3d) 55Gegebenenfalls Tip-to-tip-Navigation (Fa. Brainlab) für Koronoid- und Kapitulumfrakturen 55K-Drähte (Durchmesser 0,8 mm und 1,1 mm) 55Kanülierter Spiralbohrer (z. B. A-3736, A-3836, Fa. Medartis) mit Gewebeschutz­ hülse 55Kanülierte, selbstschneidende, kopflose Kompressionsschrauben (z. B. CCS, Fa. Medartis, Durchmesser 2,2 mm und 3,0 mm, Länge bis 40 mm; Fa. Biotech, Durchmesser 1,7 mm) 55Gegebenenfalls CleverHook (Fa. Mitek), ­FiberWire 2-0 (Fa. Arthrex) und Suture ­Passer (Fa. Arthrex) bei Lasso-Loop-Refixa­ tion des Koronoids 55C-Bogen 55Nahtmaterial (z. B. 3/0, nichtresorbierbar, monofil) für den Verschluss der Portale 14.4

Operationsvorbereitung

k kAnamnese und klinische Untersuchung

14

55Unfallmechanismus 55Voroperationen (anteriore Transposition des N. ulnaris?) 55Haut-Weichteil-Verhältnisse (offene Wunden, Schwellung/Hämatom, vorbestehende ­Narben) 55Stabilitätstestung in Narkose (mediale/laterale Aufklappbarkeit? Posterolaterale Rotations­ instabilität? Luxationstendenz?) k kBildgebung

Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen stellen die Grundlage der bildgebenden Diagnostik dar. Zur operativen Planung wird eine Computertomografie mit 3D-Rekonstruktion durchgeführt. Trümmerzonen oder mehrfragmentäre Frakturen, relevante Begleitpathologien oder eine Beteiligung des Radiushalses bei Radiuskopffrakturen lassen sich mittels CT detailliert beurteilen und sind entscheidend für die Indikation bzw. Kontraindika­ tion der arthroskopisch gestützten Osteosynthese.

Darüber hinaus erlaubt das CT eine genaue Lokalisation und Größeneinschätzung der Fragmente. So kann bereits präoperativ die Schraubenlänge bemessen und der Positionierungswinkel bzw. der Ein-/Austrittspunkt der Schrauben geplant werden. 14.5

Operationstechnik

Der Eingriff wird in Allgemeinanästhesie und in Seitenlage des Patienten durchgeführt. Die betroffene obere Extremität wird an einem London-­ Ontario-Armhalter in 90-Grad-Flexion ausgelagert. Hierbei muss sich der Operateur präoperativ vergewissern, dass die Lagerung einen ausreichenden Bewegungsradius des zu operierenden Armes erlaubt und insbesondere keine Beugehindernisse vorliegen. Nach 3-maligem Abwaschen und sterilem Abdecken mit einem Extremitätentuch erfolgt im eigenen Vorgehen die Anlage einer Blutleere (250 mmHg). Zuvor werden relevante, anatomische Landmarken (Olekranonspitze, Radiuskopf, Kapitulum, Trochlea, N. ulnaris) eingezeichnet und sich vergewissert, dass mindestens 20 min vor Anlage der Blutleere eine prophylaktische i.v.-Antibiose verabreicht wurde. Im Anschluss erfolgt die Gelenkinsufflation mit 20–30 ml NaCl-Lösung über das „Soft-Spot-Portal“ und die Anlage eines anterolateralen Spülportals. Das Auffüllen des Gelenks kann durch den Hämarthros nur begrenzt möglich sein. Zur Vermeidung postoperativer Komplikationen ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, den Zulaufdruck so gering wie möglich zu halten (20 bis maximal 30 mmHg). Über die nicht selten rupturierte Gelenkkapsel verteilt sich die Spülflüssigkeit bei hohem Zulaufdruck schnell im umliegenden Weichteilgewebe. Dies kann einerseits mit zunehmender Weichteilschwellung die Arthroskopie durch Kompression von außen erschweren und andererseits zu einem postoperativen Kompartmentsyndrom führen. Die Hautinzisionen sollten daher etwas größer angelegt werden, um einen regelrechten Abfluss der Flüssigkeit aus den Portalen zu gewährleisten. Vor Frakturversorgung erfolgt zunächst ein diagnostischer Rundgang, um Begleitpathologien zu entdecken und entsprechend in das therapeutische Vorgehen einzuschließen. Der Bildwandler wird von der Fußseite des Patienten eingebracht und von der sterilen Abdeckung bedeckt. So kann intraoperativ durch-

137 Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung

leuchtet werden, ohne den Operateur zu behindern. 14.5.1

Abscherfrakturen des Kapitulums

Zur arthroskopisch gestützten Osteosynthese von koronaren Abscherfrakturen des distalen Humerus (. Abb. 14.1, . Abb. 14.2) beginnt die Arthroskopie im posterioren Kompartiment. Das Frakturhämatom kann so ausgeräumt und die Fraktur über das hoch-posterolaterale Portal dargestellt werden. Über ein zusätzliches posterolaterales Soft-Spot-Portal wird das Frakturbett mithilfe ­eines Shavers und gebogenen Küretten débridiert. Ist das Débridement abgeschlossen, wird in den ventralen Gelenkabschnitt gewechselt. Durch Extension des Ellenbogens in Supination und unter Varusstress kann versucht werden, die Fraktur geschlossen zu reponieren. Gelingt dies nicht, muss das Fragment arthroskopisch reponiert werden. Die Kamera wird über ein anteromediales Portal eingebracht, um die Fraktur darzustellen. Über ein möglichst proximales anterolaterales Portal kann der Wechselstab proximal des Fragments platziert werden, um dieses zu reponieren. Die Reposition kann dann mit einem Zahnarzthaken oder einer Repositionszange optimiert und gehalten werden. Der Ellenbogen wird mindestens 90-Grad-flektiert, um die Reposition durch radiokapitellare Kompression zu unterstützen. Im nächsten Schritt können retrograd vom dorsalen Kapitulum ausgehend 2–3 K-Drähte – je nach Größe des Fragments – in 90° zur Frakturlinie eingebracht und die Reposition und K-DrahtLage fakultativ mittels Bildwandler kontrolliert werden. Um Fehlbohrungen mit iatrogener Knor-

pelschädigung zu vermeiden, empfiehlt sich die Verwendung eines Zielgeräts (z. B. A-2096, Fa. Medartis) oder eine Tip-to-tip-Navigation mit­ hilfe eines 3D-Navigationssystems (z. B. Firma Brainlab). Dabei werden die Bohrbüchse zur ­Bohrung des K-Drahts und ein Pointer, der am gewünschten Austrittspunkts des Drahts positioniert wird, kalibriert und von der Navigations­ einheit 3-dimensional im Raum erkannt. So kann der Operateur den K-Draht navigiert in Richtung des Pointers vorbohren, indem er sich an der Bildschirmanzeige orientiert. Eine zusätzliche Strahlenbelastung durch CT-Referenzierung ist nicht notwendig. Die Verwendung eines Längenmessers entfällt, da die Lage des jeweiligen K-Drahts arthroskopisch dargestellt und die Schraubenlänge an dessen Eindringtiefe bemessen werden kann. Die kanülierten, selbstschneidenden Teilgewindeschrauben werden von posterior eingebracht und die Kirschner-Drähte im Anschluss entfernt, um die Osteosynthese abzuschließen. Es empfiehlt sich, die Reposition beim Eindrehen der Schrauben von anterior über eine Repositionszange, ­einen Zahnarzthaken oder einen Wechselstab zu stabilisieren, um eine Fragmentdislokation nach anterior durch die Schraubenspitze zu vermeiden.Da der Eintrittspunkt der Schrauben in der Regel in Extension nicht mit dem Radiuskopf kommuniziert, ist die Verwendung von kopf­ losenKompressionsschrauben nicht zwingend er­ for­derlich. Die korrekte Frakturreposition wird abschließend arthroskopisch und mithilfe des Bildwandlers verifiziert und dokumentiert. Durch passives Durchbewegen des Ellenbogens muss ein dorsales Schraubenimpingement ausgeschlossen werden.

14

138

L. P. Müller et al.

a

14

b

c

d

e

f

..Abb. 14.1a–f  Präoperative Bildgebung einer 17-jährigen Patientin mit Dubberley-IA-Fraktur nach einem Sturz auf den linken ausgestreckten Arm. a,b Konventionelles

Röntgen in 2 Ebenen, c–f sagittale und 3D-Rekonstruktion mit Darstellung des nach proximal dislozierten, osteochondralen Fragments

139 Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung

a

b

c

d

e

f

g

..Abb. 14.2a–h  Intraoperativer Befund in der Ansicht von anteromedial mit einem anterolateralen Arbeitsportal. a Débridiertes Frakturbett (FB) des Kapitulums (CAP). Der Radiuskopf (RK) ist intakt. b Das Kapitulumfragment (F) wird mit einer von anterolateral eingebrachten Repositionszange (RZ) reponiert. c Einbringen der K-Drähte von dorsal retrograd in das reponierte Fragment. d Das Fragment (F) zeigt sich anatomisch reponiert, der Frakturspalt (Pfeile) ist nur noch schwer abzugrenzen. Das Gelenk wird flektiert, damit der Radiuskopf (RK) die Reposition stützt.

h Nachdem bereits ein K-Draht (K) vorgebohrt ist, wird weiter lateral parallel dazu ein zweiter K-Draht platziert (*). e Die Bildwandlerkontrolle im seitlichen Strahlengang zeigt die regelrechte Platzierung der K-Drähte. f Nach Einbringen der Zugschrauben wurden die K-Drähte entfernt. Das Fragment (F) zeigt sich weiterhin anatomisch reponiert, der Frakturspalt (Pfeile) ist kaum zu erkennen (* proximales Radioulnargelenk). g,h Abschließende Bildwandlerkontrolle in 2 Ebenen. A Arthroskop, B Bohrer, C C-Bogen, CAP Kapitulum, RK Radiuskopf TRO Trochlea, WS Wechselstab

14

140

L. P. Müller et al.

14.5.2

Koronoidfrakturen

Koronoidfrakturen (. Abb. 14.3, . Abb. 14.4, . Abb. 14.5, . Abb. 14.6, . Abb. 14.7) können ­arthroskopisch mithilfe von Zugschrauben oder – insbesondere bei kleinen Fragmenten – mit ­einer „Lasso-Loop-Technik“ versorgt werden. Die Fraktur wird über ein anterolaterales Portal dargestellt und ein anteromediales Arbeitsportal wird

angelegt. Mit einem Shaver und geraden oder ­gebogenen Küretten kann das Frakturbett vom Hämatom befreit werden. Läuft die Fraktur weit nach medial im Sinne einer O’Driscoll-Typ-II.3Fraktur aus, so muss frühzeitig ein offenes Vorgehen in Erwägung gezogen werden, da der N. ulnaris unmittelbar dorsal des Tuberculum subliminus verläuft und so im Rahmen der arthroskopischen Frakturreposition und Osteosynthese in Mitlei-

a

b

c

d

e

f

g

14

..Abb. 14.3a–g  30-jähriger männlicher Patient mit ­Terrible-Triad-Verletzung rechts: Präoperative Bildgebung und intraoperativer Befund. a Präoperatives CT mit Darstellung der Regan-/Morrey-II-Fraktur (Pfeile) und der mehr­ fragmentären Radiuskopffraktur (Mason III). b Intraoperativer Befund: Das Arthroskop befindet sich im anterolateralen Portal. Das Koronoidfragment (KF) ist nach distal ­disloziert. Dahinter stellt sich das Frakturbett (FB) mit ­Hämatom dar. c Reposition des Fragments (KF) mit einer über das anteromediale Portal eingebrachten Repositions­ zange (RZ). Die Fraktur (Pfeile) zeigt sich anatomisch re­po­ niert. d Blick von dorsal auf den Ellenbogen. Das Arthro­ skop ist im anterolateralen Portal. Die Repositionszange

(RZ) dient als Zielgerät für die retrograde Bohrung (B) des K-Drahts von der dorsalen Ulnakortikalis ausgehend. Sie sitzt mit einem Ende auf der dorsalen Ulnakante auf, mit dem anderen über das anteromediale Portal auf dem Koronoidfragment. e Retrogrades Einbringen des K-Drahts (KD) in den lateralen Anteil des Fragments (KF). f Einbringen der kanülierten Kompressionsschraube (Pfeil) über den K-Draht (KD). g Darstellung der regelrecht einliegenden Kompressionsschraube (Pfeil) nach Entfernung des K-Drahts. KF Koronoidfragment, OS Olekranon­ spitze, RK Radiuskopf, RZ Repositionszange, S Shaver, TRO Trochlea

141 Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung

..Abb. 14.4  Röntgenkontrolle 6 Monate postoperativ mit Konsolidierung der Fraktur und regelrechter Implantatlage

denschaft gezogen werden könnte. Da die Koronoidfraktur eine häufige Begleiterscheinung einer dorsalen Ellenbogenluxation darstellt, muss gezielt nach zusätzlichen osteochondralen Läsionen oder freien Gelenkkörpern, typischerweise im Bereich der Trochlearinne, des Radiuskopfes oder des dorsalen Kapitulums (Osborne-Cotterill-Lä­ sion; Osborne u. Cotterill 1966), gefahndet werden. Darüber hinaus muss die Gelenkstabilität beurteilt und in Abhängigkeit des Befunds eine additive Kollateralbandstabilisierung erwogen werden. Zur temporären Reposition des Koronoidfragments eignen sich mittelgroße, spitze Repositionszangen mit großem Offset, die am einen Ende an der dorsalen Ulnakante und am anderen Ende über das anteromediale Portal von ventral auf das Fragment aufgebracht werden können. Je nach Größe des Fragments werden möglichst 2 KDrähte retrograd von der dorsalen Ulnakante aus eingebracht, um die Fraktur zu stabilisieren. Um Fehlbohrungen zu vermeiden, empfiehlt sich auch

..Abb. 14.5a,b  30-jährige Patientin mit Koronoidfraktur im Rahmen einer Ellenbogenluxation links. a Initiales Röntgenbild in luxiertem Zustand. b Sagittale Schnittbilder nach Reposition mit intaktem Radiuskopf und ­Regan-/Morrey-II-Fraktur des Koronoids

a

b

14

142

L. P. Müller et al.

a

b

d

e

c

14

f ..Abb. 14.6a–f  Durchführung der Koronoidrefixierung mit Lasso-Loop-Technik. a Blick von posterolateral über das hochposterolaterale Portal. Über das posterolaterale Soft-Spot-Portal wurde ein Wechselstab (WS) eingebracht, der problemlos bis nach medial vorgeschoben werden kann. Das Gelenk klafft deutlich auf und ist sowohl medial als auch posterolateral instabil. b Blick in das ventrale ­Gelenkkompartiment über ein anterolaterales Portal. Das Frakturbett (FB) wird mit dem Shaver (S) gereinigt. Das Koronoidfragment (KF) ist nach ventral disloziert. c Anlage eines retrograden 2,6 mm Bohrlochs (B) am lateralen Rand der Fraktur über Tip-to-tip-Navigation. Der Pointer (P) liegt

im anterolateralen Portal. d Anlegen eines Bohrlochs (B) am medialen Frakturrand (äquivalent zu c). e Anschlingen der ventralen Kapsel (VK) mittels CleverHook. Dieser wird anterolateral eingeführt und ist mit einem FiberWire (FW) beladen. f Links: Mit einer Fasszange wird der FiberWire (FW) in die Öse eines Suture Passers gelegt und so nach dorsal durch die Bohrlöcher ausgeleitet. Rechts: Fertig ausgeleiteter FiberWire am lateralen (oben) und medialen (unten) Frakturrand. FB Frakturbett, IR Incisura radialis ­ulnae, KF Koronoidfragment, P Pointer, PC Processus coronoideus. RK Radiuskopf, TRO Trochlea

143 Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung

a

b

..Abb. 14.7a,b  Röntgenkontrolle in 2 Ebenen 6 Wochen postoperativ. Regelrechte Artikulationsverhältnisse und Implantatlage. Die ulnaren Bohrlöcher sind in der seitlichen Projektion noch sichtbar (b)

hier die Verwendung eines Zielgeräts oder einer Tip-to-tip-Navigation. Um das Risiko einer intraartikulären Fehllage zu minimieren, sollte der KDraht streng horizontal oder leicht aufsteigend gebohrt werden. Bei Bohrung des lateralen KDrahts muss das proximale Radioulnargelenk berücksichtigt werden. Eine Bildwandlerkontrolle ist hier selten notwendig, da die Frakturreposition und die Positionierung der K-Drähte arthroskopisch beurteilt werden kann. Die in der Regel sehr harte dorsale Kortikalis der Ulna muss im nächsten Schritt mit einem kanülierten Spiralbohrer aufgebohrt werden, ehe die Kompressionsschrauben eingebracht werden können. Die Länge der Schrauben kann erneut an-

hand der Eindringtiefe des K-Drahts bemessen oder bei Verwendung eines Zielgeräts direkt an diesem abgelesen werden. Aufgrund der exponierten Lage der dorsalen Ulnakante verwenden wir kopflose Kompressionsschrauben, die entsprechend versenkt werden, um postoperativ eine Weichteilirritation zu vermeiden. Insbesondere bei kleinen Fragmenten ist es nicht immer möglich, 2 Schrauben zu platzieren. Durch den Kompressionseffekt der Schraube und die entsprechende Verzahnung der Fragmente reicht hier häufig eine Schraube aus. Um eine Rotation des Fragments beim Eindrehen der Schraube zu vermeiden, sollte zumindest temporär ein zweiter KDraht eingebracht werden oder das Fragment alternativ mit einem Zahnarzthaken oder einer Repositionszange stabilisiert werden. Alternativ kann bei kleinen, transversen Fragmenten die Lasso-Loop-Technik zum Einsatz kommen. Dabei werden mittels Tip-to-tip-Navigation oder mithilfe eines Zielgeräts am medialen und lateralen Rand der Fraktur retrograde Bohrungen von der dorsalen Ulnakante ausgehend durchgeführt. Über das anteromediale Portal wird mit einem CleverHook eingegangen und ein FiberWire 2-0 in Form einer horizontalen Matratzennaht durch die dem Koronoidfragment angrenzende Kapsel geschlungen. Mit Hilfe eines Suture Passers werden die jeweiligen Fadenenden durch das mediale beziehungsweise laterale Bohrloch nach dorsal geshuttlet. Durch vorsichtigen, abwechselnden Zug an den Fadenenden kann so die Fraktur reponiert werden. Bei Fehlrotation des Fragments kann dieses mit einer Fasszange gegriffen und stabilisiert werden, während die Fadenenden gespannt werden. Ist die Fraktur regelrecht reponiert, kann der FiberWire über der dorsalen Ulnakortikalis verknotet werden, um die Osteosynthese abzuschließen.

14

144

L. P. Müller et al.

14.5.3

14

Radiuskopffrakturen

Radiuskopffrakturen (. Abb. 14.8, . Abb. 14.9, . Abb. 14.10) gehen in einer Vielzahl der Fälle mit relevanten Verletzungen umliegender Bandstrukturen einher (Itamura et al. 2005). Daher ist es unabdingbar, die Gelenkstabilität im Rahmen des diagnostischen Rundgangs sorgsam zu prüfen und gegebenenfalls im Anschluss an die Osteosynthese eine Refixation des medialen und/oder lateralen Kollateralbands durchzuführen. Im posterioren Gelenkabschnitt muss auf freie Gelenkkörper in der Fossa olecrani und – wie bereits oben erwähnt – im Bereich des dorsalen Kapitulums (Osborne-Cotterill-Läsion; Osborne u. Cotterill 1966) geachtet werden. Sollte sich die Fraktur, anders als in der präoperativen Bildgebung zu erahnen, als mehrfragmentär erweisen, muss frühzeitig der Wechsel zum offenen Vorgehen in Betracht gezogen werden. Die in der Regel anterior gelegenen Kantenfragmente des Radiuskopfes lassen sich zwar allein über das hoch-posterolaterale und das posterolaterale Soft-Spot-Portal einsehen, eine bessere Exposition erreicht man jedoch zumeist über das ventrale Gelenkkompartiment. Das Arthroskop wird über ein anteromediales Portal eingebracht und das Frakturhämatom vorsichtig mit Shaver oder Küretten über das anterolaterale Portal abgetragen, um die Fraktur darzustellen. Das Fragment kann über das anterolaterale Portal mit einem Zahnarzthaken reponiert und die Reposition mit einer spitzen Repositionszange temporär gehalten werden. Über das posterolaterale Portal werden im Anschluss 2 K-Drähte eingebracht. Der Unterarm wird dabei so rotiert, dass der Frakturspalt senkrecht zur Bohrrichtung verläuft. Die Frakturreposition wird arthroskopisch kontrolliert und die Schraubenlänge über die Eindringtiefe der K-Drähte bestimmt. Da die Schrauben frakturbedingt häufig außerhalb der „safe zone“ platziert werden müssen, sollten kopflose Kompressionsschrauben verwendet werden, die an beiden Enden sicher unter Knorpelniveau zu liegen kommen. Um dies zu gewährleisten, sollte die jeweilige Schraube etwa 4 mm kürzer als gemessen gewählt werden, um ein Überstehen der Schraube mit entsprechendem radioulnaren Impingement auszuschließen. Bei kleinen Fragmenten kann es äquivalent zu Koronoidfrakturen ausreichen, nur eine Kompressionsschraube zu platzieren, um eine ausreichende Rotationsstabilität durch Interdigita-

a

b ..Abb. 14.8a,b  Präoperatives Röntgen und 3D-CT-Rekonstruktion einer Mason-II-Fraktur links

tion der Fragmente zu erreichen. Abschließend sollte die korrekte Schraubenlage und die adäquate Frakturreposition arthroskopisch und mittels Bildwandler verifiziert werden. Durch vollständige Pronation und Supination muss ein radioulnares Impingement durch Schrauben oder Gelenkstufen ausgeschlossen werden.

145 Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung

a

d

b

c

..Abb. 14.9a–d  Intraoperativer Befund. a Ansicht von ventral über ein anteromediales Portal. Das Radiuskopffragment (RKF) ist nach distal disloziert. b Der Frakturspalt (FS) wird mit einem Tasthaken (TH) über das anterolaterale Portal gesäubert und ausgetastet. c Nach Débridement des Frakturspalts wird das Fragment (RKF) anatomisch ­reponiert und mit einer Repositionszange (RZ) temporär fixiert. d Die beiden Enden der Repositionszange (RZ) umfassen den Radiuskopf über das anterolaterale und das posterolaterale Portal. Das Arthroskop befindet sich im anteromedialen Portal. Über das posterolaterale Portal wird ein 0,8-mm-K-Draht vorgebohrt (B), ehe darüber eine kanülierte, kopflose Kompressionsschraube eingebracht wird. CAP Kapitulum, FB Frakturbett, RK Radiuskopf, RKF Radiuskopffragment

14

146

L. P. Müller et al.

14.6

a

Postoperative Maßnahmen

Der operierte Arm wird unmittelbar nach der Operation elastokompressiv gewickelt und abschwellende Maßnahmen (Kühlen und Hochlagern) werden durchgeführt. Bestand intraoperativ eine relevante Instabilität, wird zum Schutz der rekonstruierten Stabilisatoren nach Abschluss der Operation eine Bewegungsschiene (z. B. Donjoy X-Act ROM Elbow, Fa. DJO Global oder Epico ROM, Fa. medi) angelegt und in 90-Grad-Flexion fest gestellt. Die Schmerztherapie erfolgt mit einem nichtsteroidalen Antirheumatikum (z. B. Ibuprofen oder Diclofenac) und gegebenenfalls additiv mit einem niedrigpotenten Opioid gemäß WHO-Stufenschema. Manuelle Lymphdrainage und Physiotherapie erfolgen ab dem ersten postoperativen Tag. Sofern eine Wunddrainage eingelegt wurde, wird diese am zweiten postoperativen Tag entfernt. k kNachbehandlung

b

14

Die Nachbehandlung wird abhängig vom Verletzungsmuster durchgeführt. Kapitulumfrakturen werden in der Regel frei nachbehandelt. Bei Radius­ kopf- und Koronoidfrakturen wird im ­Regelfall eine 6-wöchige Orthesenbehandlung mit 20-Grad-Streckdefizit für 4 Wochen zum Schutz des Kollateralbandapparats durchgeführt. Umwendbewegungen sollten über 6 Wochen nur in 90-Grad-Flexion durchgeführt werden, um eine posterolaterale Subluxation des Radiuskopfes zu vermeiden. Nach 6 Wochen wird im Anschluss an eine radiologische Stellungskontrolle (Röntgen in 2 Ebenen) mit der vorsichtigen Aufbelastung begonnen. k kTipps und Tricks

c ..Abb. 14.10a–c  Intra- und postoperative Bildgebung. a Intraoperative Bildwandlerkontrolle des einliegenden K-Drahts. b,c Postoperatives Röntgen in 2 Ebenen. Die Fraktur zeigt sich anatomisch reponiert bei regelrecht ­einliegender Kompressionsschraube

55Der Zulaufdruck sollte möglichst niedrig (ca. 20 mmHg) und die Hautinzisionen ausreichend groß sein, um postoperative Komplikationen durch Weichteilschwellung zu vermeiden (Kompartmentsyndrom). 55Nach Begleitpathologien muss gezielt gefahndet und insbesondere eine ligamentäre Gelenkinstabilität als solche erkannt und zusätzlich behandelt werden. 55Zielgeräte oder eine Tip-to-tip-Navigation sind hilfreich bei der Anlage der Bohr­ löcher. 55Der Einsatz selbstbohrender und selbst­ schnei­dender Schrauben reduziert dieArbeits­

147 Arthroskopisch gestützte Frakturversorgung

schritte und so die Gefahr eines Repositionsverlusts vor Abschluss der Osteosynthese 55Die jeweilige Schraubenlänge kann präoperativ im CT bemessen werden. 55Insbesondere bei kleinen Fragmenten kann eine singuläre Kompressionsschraube im Zentrum des Fragments ausreichen, um durch Verzahnung der Fragmente eine aus­reichende Rotationsstabilität zu gewähr­leisten. 55Der Bildwandler wird unter der sterilen ­Abdeckung von der Fußseite des Patienten eingebracht. So kann intraoperativ in 2 Ebenen durchleuchtet werden, ohne den Operateur einzuschränken.

Literatur Adams JE, Merten SM, Steinmann SP (2007) Arthroscopicassisted treatment of coronoid fractures. Arthroscopy 23 (10):1060–1065. doi:10.1016/j.arthro.2007.05.017 Aitken SA, Jenkins PJ, Rymaszewski L (2015) Revisiting the ‘bag of bones’: functional outcome after the conservative management of a fracture of the distal humerus. J Bone Joint Surg 97-B (8):1132–1138. doi:10.1302/0301–620X.97B8.35410 Beingessner DM, Dunning CE, Gordon KD, Johnson JA, King GJ (2004) The effect of radial head excision and arthroplasty on elbow kinematics and stability. J Bone Joint Surg Am 86-A (8):1730–1739 Burkhart KJ, Franke S, Wegmann K, Ries C, Dehlinger F, Muller LP, Hollinger B (2015) Mason I fracture – a s­ imple injury?. Unfallchirurg 118 (1):9–17. doi:10.1007/s00113– 013–2532–9 Doornberg JN, van Duijn PJ, Linzel D, Ring DC, Zurakowski D, Marti RK, Kloen P (2007) Surgical treatment of intraarticular fractures of the distal part of the humerus. Functional outcome after twelve to thirty years. J Bone Joint Surg Am 89 (7):1524–1532. doi:10.2106/JBJS.F. 00369 Dubberley JH, Faber KJ, Macdermid JC, Patterson SD, King GJ (2006) Outcome after open reduction and internal fixation of capitellar and trochlear fractures. J Bone Joint Surg Am 88 (1):46–54. doi:10.2106/JBJS.D.02954 Fink Barnes LA, Parsons BO, Hausman M (2015) Arthro­ scopic Management of Elbow Fractures. Hand Clinics 31 (4):651–661. doi:10.1016/j.hcl.2015.06.011 Fitzpatrick MJ, Diltz M, McGarry MH, Lee TQ (2012) A new fracture model for “terrible triad” injuries of the elbow: influence of forearm rotation on injury patterns. J Orthopaedic Trauma 26 (10):591–596. doi:10.1097/BOT.0b013e31824135af Guitton TG, Zurakowski D, van Dijk NC, Ring D (2010) Incidence and risk factors for the development of radiographic arthrosis after traumatic elbow injuries. J Hand Surg 35 (12):1976–1980. doi:10.1016/j.jhsa.2010.08.010 Hardy P, Menguy F, Guillot S (2002) Arthroscopic treatment of capitellum fracture of the humerus. Arthroscopy 18 (4):422–426

Hartzler RU, Llusa-Perez M, Steinmann SP, Morrey BF, ­Sanchez-Sotelo J (2014) Transverse coronoid fracture: when does it have to be fixed? Clinical orthopaedics and related research 472 (7):2068–2074. doi:10.1007/s11999–014–3477–1 Hausman MR, Klug RA, Qureshi S, Goldstein R, Parsons BO (2008) Arthroscopically assisted coronoid fracturefixa­ tion: a preliminary report. Clin Orthopaedics Rel Res466 (12):3147–3152. doi:10.1007/s11999–008–0502–2 Herbertsson P, Josefsson PO, Hasserius R, Karlsson C, ­Besjakov J, Karlsson M, Long-Term Follow-Up S (2004) Uncomplicated Mason type-II and III fractures of the radial head and neck in adults. A long-term follow-up study. J Bone Joint Surg Am 86-A (3):569–574 Itamura J, Roidis N, Mirzayan R, Vaishnav S, Learch T, Shean C (2005) Radial head fractures: MRI evaluation of associated injuries. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 14 (4):421–424. doi:10.1016/j. jse.2004.11.003 Johnston GW (1962) A follow-up of one hundred cases of fracture of the head of the radius with a review of the literature. The Ulster medical journal 31:51–56 Kaas L, van Riet RP, Vroemen JP, Eygendaal D (2010) The epidemiology of radial head fractures. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 19 (4):520–523. doi:10.1016/j.jse.2009.10.015 Kuriyama K, Kawanishi Y, Yamamoto K (2010) Arthroscopicassisted reduction and percutaneous fixation for coronal shear fractures of the distal humerus: report of two cases. J Hand Surg 35 (9):1506–1509. doi:10.1016/j. jhsa.2010.05.021 McGinley JC, Gold G, Cheung E, Yao J (2014) MRI detection of forearm soft tissue injuries with radial head fractures. Hand 9 (1):87–92. doi:10.1007/s11552–013–9561–2 Mehdian H, McKee MD (2000) Fractures of capitellum and trochlea. Orthopedic Clin North Am 31 (1):115–127 Michels F, Pouliart N, Handelberg F (2007) Arthroscopic management of Mason type 2 radial head fractures. Knee Surg Sports Traumatol Arthroscopy 15 (10):1244– 1250. doi:10.1007/s00167–007–0378–9 Mitani M, Nabeshima Y, Ozaki A, Mori H, Issei N, Fujii H, Fujioka H, Doita M (2009) Arthroscopic reduction and percutaneous cannulated screw fixation of a capitellar fracture of the humerus: a case report. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 18 (2):e6–9. doi:10.1016/j.jse.2008.07.007 Nauth A, McKee MD, Ristevski B, Hall J, Schemitsch EH (2011) Distal humeral fractures in adults. J Bone Joint Surg Am 93 (7):686–700. doi:10.2106/JBJS.J.00845 O’Driscoll SW, Jupiter JB, Cohen MS, Ring D, McKee MD (2003) Difficult elbow fractures: pearls and pitfalls. Instr Course Lect 52:113–134 Osborne G, Cotterill P (1966) Recurrent dislocation of the elbow. J Bone Joint Surg Br 48 (2):340–346 Regan W, Morrey B (1989) Fractures of the coronoid process of the ulna J Bone Joint Surg Am 71 (9):1348–1354 Resnick D, Kang HS (1997) Internal derangements of joints. WB Saunders, Philadelphia, PA, USA Ries C, Wegmann K, Hackl M, Burkhart JK, Müller PL (2014) Secondary total elbow arthroplasty after distal humeral fracture. Obere Extremität 9 (3):156–162. doi:10.1007/s11678–014–0268-y

14

148

L. P. Müller et al.

Rolla PR, Surace MF, Bini A, Pilato G (2006) Arthroscopic treatment of fractures of the radial head. Arthroscopy 22 (2):233 e231–233 e236. doi:10.1016/j.arthro.2005. 10.003 Schneeberger AG, Sadowski MM, Jacob HA (2004) Coronoid process and radial head as posterolateral rotatory stabilizers of the elbow. J Bone Joint Surg Am 86-A (5):975–982 Shukla DR, Pillai G, McAnany S, Hausman M, Parsons BO (2015) Heterotopic ossification formation after fracturedislocations of the elbow. J Shoulder Elbow Surg/Am Shoulder Elbow Surg 24 (3):333–338. doi:10.1016/j. jse.2014.11.037 Trousdale RT, Amadio PC, Cooney WP, Morrey BF (1992) Radio-ulnar dissociation. A review of twenty cases. J Bone Joint Surg Am (10):1486–1497

14

149

Komplikationen nach ­Ellenbogenarthroskopie M. M. Schneider, B. Hollinger, R. Nietschke, K. J. Burkhart

15.1

Einleitung  – 150

15.2

Infektion und ­Wundheilungsstörungen  – 150

15.2.1 15.2.2 15.2.3

Präoperative Antibiotika­prophylaxe   – 150 Oberflächliche ­Wundheilungsstörungen  – 151 Septische Arthritis  – 151

15.3

Neurologische K ­ omplikationen  – 152

15.3.1 15.3.2 15.3.3 15.3.4 15.3.5 15.3.6

N. radialis  – 153 N. interosseus posterior   – 154 N. medianus  – 154 N. interosseus antebrachii anterior  – 155 N. ulnaris  – 155 Übrige nervale Strukturen  – 157

15.4

Heterotope Ossifikationen  – 158

15.5

Übrige Komplikationen  – 160

Literaturverzeichnis  – 161

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 A. Imhoff, A. Lenich (Hrsg.), Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens https://doi.org/10.1007/978-3-662-56679-4_15

15

150

15.1

15

M. M. Schneider et al.

Einleitung

Im letzten Jahrzehnt hat das Verständnis von Ana­ tomie und Funktionsweise des Ellenbogengelenks deutlich an Zuwachs gewonnen. Zusammen mit technischen Errungenschaften und der Weiterent­ wicklung der Arthroskopie hat sich die Gelenk­ spiegelung des Ellenbogens zu einem häufig einge­ setzten operativen Eingriff entwickelt. Aufgrund der Fortschritte konnte die Ellenbogenarthrosko­ pie auf viele verschiedene Indikationen ausge­ dehnt werden und gehört heute zum festen Be­ standteil der operativen Therapie am Ellenbogen­ gelenk. Eingesetzt wird die Spiegelung des Ellen­ bogengelenks unter anderem bei symptomatischen freien Gelenkkörpern, zur Entfernung störender Plicae, bei osteochondralen Defekten, septischer Arthritis, Arthrofibrose, Epikondylopathien, Os­ teoarthrose und Frakturen. Durch die Ausweitung der Indikationen über die diagnostische Arthro­ skopie hinaus verbesserte sich auch das Wissen sowie der Umgang mit postoperativen Kompli­ kationen (Adams et al. 2015, Bennett 2013). Die Ellenbogenarthroskopie ist tendenziell ein risiko­ armer Eingriff. Aufgrund der Anatomie des Ellen­ bogengelenks mit wenig subkutanem Fettgewebe und dadurch geringer Weichteildeckung sowie der engen Lagebeziehungen zu wichtigen Nerven­ strukturen kann die Arthroskopie allerdings schwerwiegende Komplikationen hervorrufen. Die Arbeitsgruppen von Savoie, Kelly und Nelson beschrieben Komplikationen mit Inzidenzen von 3 %, 11,8 % und 13,7 % bei 465, 473 und 417 Ellen­ bogenarthroskopien (Savoie 1996, Kelly et al. 2001, Nelson et al. 2014). Die hohe Varianz erklärt sich bei Kelly am ehesten durch den Zeitpunkt der Arthroskopien (1980–1998) und bei Nelson durch die teilweise durchgeführten Steroidinfiltrationen am Ende der Operationen, welche eine signifikant höhere Infektionsrate bedingten (Kelly et al. 2001, Nelson et al. 2014). In einer Auswertung von ins­ gesamt 6268 Ellenbogenarthroskopien belief sich die Reoperationsrate auf 2,2 %, wovon Infektionen 0,26 %, die Ellenbogensteife 0,63 % und Nerven­ verletzungen 1,26 % ausmachten (Leong et al. 2015). Eine Arbeit von Jost und Kollegen be­ leuchtete die Komplikationsrate nach den ersten 100 Ellenbogenarthroskopien eines einzigen Operateurs, die sich auf 5 % belief (Marti et al. 2013). Die Expertise des Operateurs hat dabei ­einen wesentlichen Einfluss auf das postoperative Ergebnis, weshalb ein sukzessives Herantasten an

komplexe Indikationen empfohlen wird (Savoie 2007). Auf die Vermeidung von Komplikationen ha­ ben neben genauen Kenntnissen der Anatomie einige andere Faktoren einen wesentlichen Ein­ fluss. Die Erfahrung des Operateurs, die Lagerung des Patienten, die Anlage und Lokalisation der Arthroskopieportale, die operative Technik und nicht zuletzt patientenindividuelle Faktoren kön­ nen die Rate an Komplikationen maßgeblich be­ einflussen. Zu diesen individuellen Einflussfakto­ ren gehört unter anderem auch das Übergewicht, was mit einem erhöhten Risiko für Infektionen, Nervenverletzungen, Arthrofibrose und internis­ tischen Komplikationen verbunden ist (Werner et al. 2016). Im Folgenden möchten wir die Kompli­ kationen nach Ellenbogenarthroskopien und Stra­ tegien zur Vermeidung beschreiben, wobei Kom­ plikationen nach Ellenbogenarthroskopie aus ­unserer Erfahrung selten auftreten und durch ent­ sprechende Kenntnisse vermeidbar sind. 15.2

Infektion und ­Wundheilungsstörungen

Die Infektion stellt eine der häufigsten Komplika­ tionen nach Ellenbogenarthroskopie dar. Die Inzi­ denz liegt zwischen 0 und 8,9 % (Leong et al. 2015, Kelly et al. 2001, Nelson et al. 2014, Babco*ck et al. 2003). Das Ellenbogengelenk befindet sich unmit­ telbar unter der Haut. Im Vergleich zu anderen Gelenken des Körpers ist der Weichteilmantel dünn und das subkutane Fettgewebe spärlich vor­ handen. Die Anatomie macht das Gelenk emp­ findlich für äußere Einflüsse inklusive Pathogenen der Körperoberfläche, die zu prolongierter Wund­ heilung mit anhaltender Sekretion, Fistelbildung, Abszessen oder intraartikulären Infekten führen können. Unterschieden werden sollten oberfläch­ liche Wundheilungsstörungen und Gelenkinfek­ tionen. 15.2.1

Präoperative Antibiotika­ prophylaxe

Das Thema der präoperativen Antibiotikaprophy­ laxe (PAP) wird kontrovers diskutiert. Eine Arbeit von Bert et al., die einen klaren Selektions- und Performancebias aufweist, zeigte, dass die Gabe eines Antibiotiku*ms vor Kniearthroskopie keinen

151 Komplikationen nach ­Ellenbogenarthroskopie

Unterschied in der postoperativen Infektionsrate bewirkte (0,15 % mit und 0,16 % ohne Antibioti­ kum; Bert et al. 2007). In einer Umfrage von Mül­ ler-Rath aus dem Jahre 2010 gaben 62 % der be­ fragten Operateure an, dass sie vor einer ambulan­ ten Kniearthroskopie eine Antibiotikaprophylaxe durchführen (Muller-Rath et al. 2010). Auch Kurzweil rät zu einer Antibiotikagabe vor Arthro­ skopie. Auch wenn diese Arbeiten und die in den meisten Häusern angewendete klinische Praxis die Durchführung einer PAP vorsehen, kann eine generelle Empfehlung der PAP aufgrund fehlen­ der Evidenz dennoch nicht ausgesprochen wer­ den (Kurzweil 2006). Vielmehr sollte eine indi­ viduelle Beurteilung der Notwendigkeit erfolgen. In die Entscheidungsfindung sollten Risiken und Folgen einer antibiotischen Therapie (allergische Reak­ tionen, Antibiotikaresistenzen, Kolitiden etc.), Vorerkrankungen und Risikofaktoren des Patienten (Diabetes mellitus, Adipositas, Hauter­ krankungen, Immunsuppression, Nikotinabusus, Durchblutungsstörungen) und der operative Ein­ griff (Operationszeit, Einbringen von Fremdmate­ rial, technischer Aufwand, Wechsel auf offene Operation) einfließen (Kurzweil 2006, Hauer u. Tabori 2008, Muller-Rath et al. 2010, AWMF 2012). S­ ollte eine präoperative Antibiotikapro­ phylaxe gewünscht sein, werden Cephalosporine der 1. und 2. Generation bzw. Clindamycin bei Unverträglichkeiten auf Cephalosporine oder ­Penizilline empfohlen (Hauer u. Tabori 2008). Unsere Empfehlung liegt trotz fehlender Evidenz der PAP bei Arthroskopien ebenfalls in einer ­präoperativen Antibiotikaprophylaxe als „single shot“. Der Mehrwert einer wiederholten Anti­ biotikaprophylaxe gegenüber eines präoperativen Single Shots, der idealerweise ca. 30–59 min vor Operationsbeginn verabreicht werden sollte, ist nicht bewiesen und kann gegenteilig sogar zu ver­ mehrten Komplikationen führen (Hauer u. ­Tabori 2008). 15.2.2

Oberflächliche ­Wundheilungsstörungen

Oberflächliche Wundproblematiken, die anhal­ tende Wundsekretion und oberflächliche Infek­ tionen umfassen, werden in der Literatur mit einer Inzidenz von ca. 7 % beschrieben (Kelly et al. 2001, Nelson et al. 2014). Superfizielle Wundinfekte kennzeichnen sich zumeist durch eine umgebende

Rötung sowie erhöhte Schmerzempfindlichkeit im Bereich der Arthroskopieportale. Abhängig vom klinischen Befund sowie zusätzlicher Symptome sollte individuell über ergänzende Therapiemaß­ nahmen nachgedacht werden. Die generelle Emp­ fehlung einer prophylaktischen antibiotischen Therapie bei anhaltender Wundsekretion ohne Entzündungszeichen besteht bei fehlender Evi­ denz nicht, auch wenn einige Autoren ein 7- bis 14-tägiges orales Antibiotikaregime anwenden (Kelly et al. 2001, Reddy et al. 2000). Die Arthro­ skopieportale sollten entgegen der früheren Praxis eines Verschlusses mit Steri-Strips unbedingt mit­ tels Hautnaht, idealerweise in Rückstichtechnik, verschlossen werden (Kelly et al. 2001, O’Driscoll u. Morrey 1992). Die lateralen Portale zeigen sich im Vergleich zu den medialen Portalen empfind­ licher für oberflächliche Wundproblematiken, was am ehesten durch den dünneren Weichteilmantel zu erklären ist (Kelly et al. 2001, Morrey 2000). Um einen „wasserdichten“ Verschluss nach Arthrosko­ pie gewährleisten zu können, empfehlen wir, auf die Einlage einer Drainage zu verzichten. Sollte eine Drainage dringend gewünscht werden, emp­ fehlen wir die Ausleitung über ein anteromediales oder transtrizipitales Portal, weil hier eine höhere Weichteildeckung vorliegt. Bei dem von uns prak­ tizierten Vorgehen ohne Einbringen einer Drai­ nage sind bis dato keine Fisteln, revisionsbedürf­ tige Hämatome oder oberflächlichen Wundin­ fekte aufgetreten. Die Entfernung von Haaren im Operationsgebiet hat keinen positiven Einfluss auf die Rate von oberflächlichen oder tiefen Wundinfektionen (Alexander et al. 2011, Reich­ man u. Greenberg 2009). Sollte präoperativ eine Haarentfernung gewünscht sein, sollte diese ­außerhalb des Operationssaals und generell mit dem sogenannten „elektrischen Clipping“, ähn­ lich einer Bartschneidemaschine, erfolgen. Die Nutzung von Rasierklingen wird wegen Mikro­ läsionen der Haut nicht empfohlen (Kramer et al. 2008, Alexander et al. 2011, Reichman u. Green­ berg 2009). 15.2.3

Septische Arthritis

Das Auftreten von Gelenkinfektionen nach Ellen­ bogenarthroskopie ist selten und wird in der Lite­ ratur auf bis zu 2,2 % beziffert (Nelson et al. 2014), wobei in zahlreichen Fallserien keine postoperati­ ven Infekte auftraten (Micheli et al. 2001, Reddy et

15

152

15

M. M. Schneider et al.

al. 2000, Müller-Rath et al. 2008). Mehrere Studien konnten einen direkten Zusammenhang zwischen einer Steroidinfiltrationen am Ende der Operation und einem erhöhten Infektionsrisiko feststellen, weshalb auf eine derartige Infiltration nach Arth­ roskopie verzichtet werden sollte (Kelly et al. 2001, Nelson et al. 2014, Babco*ck et al. 2003, Jolley et al. 1993). Bei gesichertem Gelenkinfekt anhand klini­ scher und laborchemischer Befunde sowie mögli­ cherweise erfolgter Gelenkpunktion empfiehlt sich eine arthroskopische Spülung mit Débride­ ment und Synovektomie sowie gege­benenfalls die Einlage von antibiotikahaltigen Schwämmen. Sollte eine präoperative Gelenkpunktion durchge­ führt worden sein, kann sofort mit einer antibioti­ schen Therapie begonnen werden. Wurde auf eine Gelenkpunktion verzichtet, sollte die PAP erst nach intraoperativer mikro­biologischer Proben­ gewinnung erfolgen, um die Ergebnisse nicht zu kompromittieren. Im Vergleich zu anderen Gelen­ ken scheint bei septischer Arthritis des Ellen­ bogens eine arthroskopische Spülung mit ausgie­ bigem Débridement auszureichen. Die an die the­ rapeutische Gelenkspülung bzw. an die erfolgte ­Gelenkpunktion anschließende antibiotische Be­ handlung sollte zunächst mit einem Breitbandan­ tibiotikum erfolgen und bei Erhalt der mikrobio­ logischen Befunde ggf. resistenzgerecht umgestellt werden (Hauer u. Tabori 2008, Paul et al. 2008). Im Anschluss an die Operation werden engmaschige klinische und laborchemische Kontrollen unter antibiotischer Therapie empfohlen. Abhängig da­ von sollte die erneute Indikation einer Gelenkspü­ lung zur Infektsanierung gestellt werden. k kTipps

55Die Gabe einer präoperativen Antibiotika­ prophylaxe (PAP) ist nicht evidenzbasiert, wird von uns allerdings empfohlen. 55Bei Einsatz der PAP sollte diese generell als Single Shot erfolgen. Eine mehrfache Antibio­ tikagabe postoperativ ist selten notwendig und hat im Vergleich zum Single Shot keinen Mehrwert. 55Die Haarentfernung sollte nie mit einem ­Rasierer, sondern immer mit elektrischem Clipping außerhalb des Operationssaals ­erfolgen. 55Beim Hautverschluss sollte eine Hautnaht vorgezogen werden. 55 Die Einlage einer Drainage nach Ellenbogen­ arthroskopie ist selten bis nie notwendig

und sollte nach medial oder transtrizipital ­erfolgen. 55Steroidinfiltrationen am Ende der Operation sind mit einer signifikanten Erhöhung des ­Infektionsrisikos verbunden. 55Oberflächliche Wundheilungsstörungen mit anhaltender Sekretion sind abhängig vom ­klinischen Befund abwartend zu therapieren. Bei eindeutigen Infektzeichen bieten sich die operative Revisionen oder bei rein super­ fizieller Infektion unter Umständen eine kurzzeitige Antibiotikatherapie an. 55Bei postoperativen Infekten genügt bei aus­ giebigem Débridement im Vergleich zu grö­ ßeren Gelenken meist eine arthroskopische Spülung mit anschließender antibiotischer Breitbandtherapie mit resistenzgerechter ­Umstellung im Verlauf. 15.3

Neurologische ­Komplikationen

Temporäre und dauerhafte Nervenverletzungen sind gefürchtete und nicht selten auftretende Komplikationen nach Ellenbogenarthroskopie, welche mit einer Inzidenz von bis zu 15 % be­ schrieben werden (Lynch et al. 1986, Schneider et al. 1994, El Hajj et al. 2015, Kelly et al. 2001) und auch bei erfahrenen Operateuren auftreten kön­ nen (Steinmann 2007). Durch zunehmendes Ver­ ständnis der Anatomie des Ellenbogengelenks und Verbesserung der Technik der Arthroskopie konnte das Auftreten von neurologischen Kompli­ kationen trotz erweiterter Indikationsstellung ten­ denziell gesenkt werden. Die in der Literatur vor­ handenen Fallserien beziehen sich meist auf ein­ zelne Zentren und Operateure. In einer Umfrage in der ASSH („American Society for Surgery of the Hand“) von Desai et al. gaben 30 % der Teilnehmer an, bereits Nervenverletzungen nach Ellenbogen­ arthroskopien (intern und extern) beobachtet zu haben. Die Befragten gaben an, dass unabhängig vom betroffenen Nerven bei insgesamt 80 % der Patienten mit sensiblen und 77 % mit motorischen Defiziten trotz ausgiebiger Therapie keine voll­ ständige Erholung verzeichnet werden konnte. Bei relativ dünner Datenlage könnte die Zahl der Ner­ venverletzungen unter Umständen unterschätzt werden (Desai et al. 2016). Potenzielle Verletzungen bedingen sich zum einen durch die Lagebeziehung der Arthroskopie­

153 Komplikationen nach ­Ellenbogenarthroskopie

portale zu nervalen Strukturen und zum anderen durch die Ausdehnung der Indikation zur Ellen­ bogenarthroskopie und die damit verbundene er­ höhte Komplexität der Eingriffe (Adams et al. 2015, Elfeddali et al. 2013, Kelly et al. 2001). Als Hauptrisikofaktoren wurden die rheumatoide Ar­ thritis sowie die Ellenbogensteife ausgemacht, wo­ bei bei beiden Pathologien die Veränderung der Gelenkkapsel die Gefahr darstellt (Ruch u. Poeh­ ling 1997, Kelly et al. 2001, Adams et al. 2015). Bei der rheumatoiden Arthritis ist die Kapsel häufig ausgedünnt und die muskulären Landmarken wie der M. brachialis atrophiert. Bei der Ellenbogen­ steife bzw. Arthrofibrose ist aufgrund des vermin­ derten Kapselvolumens keine ausreichende Ge­ lenkdistension möglich, wodurch der Abstand zu gefährdeten Strukturen nicht vergrößert werden kann (Ruch u. Poehling 1997, Gallay et al. 1993, Abboud et al. 2006). Bei Kontrakturen können, sofern das Gelenk überhaupt Flüssigkeit aufneh­ men kann, teilweise nur 6–10 ml inji*ziert werden (Gallay et al. 1993). Weiterhin erschwert die Arth­ rofibrose die Übersicht im Gelenk zum Teil mas­ siv. Im Rahmen von arthroskopischen Kapsuloto­ mien sind die Nervenstrukturen am Ellenbogen­ gelenk besonders gefährdet. Zur Vermeidung neurologischer Komplikationen nach Ellenbogen­ arthroskopie sollte die Anatomie beherrscht und „safe zones“ zur Anlage der Arthroskopieportale beachtet werden. 15.3.1

N. radialis

Der N. radialis verläuft am ventrolateralen Aspekt des Ellenbogens und teilt sich auf Höhe des Epi­ condylus lateralis unmittelbar proximal des M. su­ pinator in seinen Ramus profundus und Ramus superficialis auf. Bei Anlage des anterolateralen Portals befindet sich der Nerv in unmittelbarer Nähe (Adolfsson 1994, Drescher et al. 1994, Lynch et al. 1986, Field et al. 1994; . Abb. 15.1). Beachtet werden sollte, dass die Distanz des N. radialis zur Kapsel weder durch Ellenbogenpo­ sition noch durch Gelenkdistension zu beeinflus­ sen ist. Aus diesem Grunde kann es im Rahmen von arthroskopischen Arthrolysen zu folgeschwe­ ren Verletzungen kommen. In der Literatur wer­ den temporäre Ausfälle des N. radialis mit einer Inzidenz von bis zu 7 % beschrieben. Die Symp­ tome zeigten sich meist noch vor Entlassung oder im Verlaufe von 6 Wochen postoperativ vollstän­

N. cutaneus antebrachii lat. Epicondylus lat. Olecranon

N. radialis Anterolaterales Portal Tiefes posterolaterales Portal Radius Ulna

..Abb. 15.1  Schematische Darstellung mit Lagebeziehung zwischen N. radialis und Portalen der Arthroskopie. (Aus Imhoff u. Feucht 2013)

dig rückläufig. Als Ursache für die Neuropathien wurden der Einsatz von Lokalanästhetika zur Ge­ lenkdistension, die ungenaue Anlage von Arthro­ skopieportalen und das Arbeiten mit sogfähigen Instrumenten im Bereich der ventralen Kapsel bei Arthrolyse identifiziert (Elfeddali et al. 2013, Park et al. 2007, Nelson et al. 2014, O’Driscoll u. Morrey 1992). Eine vollständige Durchtrennung des N. ra­ dialis (und N. medianus) wurde 1999 von Haapa­ niemi beschrieben, welche im Rahmen einer arth­ roskopischen Arthrolyse bei schwierigen anatomi­ schen Verhältnissen mit chronischer Fehlstellung des Ellenbogens und reduziertem Kapselvolumen und damit fehlender Gelenkdistension präopera­ tiv und schlechter Übersicht intraoperativ, aufge­ treten war (Haapaniemi et al. 1999). Aus unserer Sicht erscheint eine Komplikationsrate von 7 % recht hoch und eine vollständige Durchtrennung des Nervens, besonders des N. medianus, nur schwer möglich, sofern nicht bei schlechter Sicht ohne klare Visualisierung der wichtigen Leitstruk­ turen mit den Arthroskopieinstrumenten agiert wird. Wir empfehlen die Anlage eines proximalen anterolateralen Portals in 90°-Flexion nach Ge­ lenkdistension, weil sich in verschiedenen Studien eine Erhöhung der Distanzen des Nervens zum Portal und zu ossären Landmarken bei gleicher

15

154

M. M. Schneider et al.

a

werden. Bei Verklebungen der Kapsel mit kom­ promittierter Übersicht kann zunächst stumpf auf die Kapsel präpariert werden, bevor sie weiter ­exzidiert wird. Kommt es zum Kollaps des Ge­ lenks durch die Kapsulektomie, ist der Einsatz von Retraktoren zu empfehlen, um die Übersicht zu wahren. Auf keinen Fall darf im anterioren Kompartiment ohne direkte Sicht auf den Shaver (oder sonstiges Arthroskopieinstrument) gear­ beitet werden. 15.3.2

b ..Abb. 15.2a,b  Schematische Darstellung des Sicherheitsabstands zum N. radialis vor (a) und nach (b) Gelenkdistension. (Aus Lüring u. Tingart 2015)

15

intraartikulärer Übersicht im Vergleich zur dista­ len Anlage bzw. ohne Gelenkdistension nachwei­ sen ließ (Field et al. 1994, Hackl et al. 2015, Miller et al. 1995; . Abb. 15.2). Eine aktuelle und aus­ führliche Arbeit von Hackl et al. erachtet die ­Unterarmrotation ohne Einfluss auf die genannten Distanzen (Hackl et al. 2015). Bei Kontrakturen der Kapsel ist besondere Vorsicht geboten, weil es hier durch die Auffüllung des Gelenks vor dem ersten Arthroskopiezugang zwar zu einer Vergrö­ ßerung der Distanz zwischen Knochen und neu­ rovaskulären Strukturen führt, der Abstand zwi­ schen Kapsel und neurovaskulären Strukturen ­allerdings gleichzeitig abnimmt. Eine ventrale Kapsulotomie sollte von ulnar und proximal be­ gonnen werden. Distal der Gelenklinie besteht ein erhöhtes Risiko den N. radialis zu verletzen (Omid et al. 2012). Auf der ulnaren Seite ist der N. media­nus besser durch den M. brachialis ge­ schützt. Ist die Trennschicht zwischen Kapsel und Muskel dargestellt, kann die Kapsulotomie nach distal und radial vervollständigt werden. Die ­Kapsel kann dabei, ohne aufliegende Muskel- und Nerven­ fasern zu schädigen, selektiv reseziert

N. interosseus posterior

Der N. interosseus posterior stellt die Fortsetzung des Ramus profundus des N. radialis dar. Als Hauptrisikofaktor wurde auch hier die Arthro­ fibrose ausgemacht, welche die arthroskopische Arthrolyse wegen der durch Voroperationen ver­ änderten Anatomie mit engen Platzverhältnissen anspruchsvoll macht. Außerdem ist der Nerv bei der Anlage sowohl des proximalen als auch dis­ talen anterolateralen Portals gefährdet. Irritationen und Verletzungen des Nervens wurden in verschiedenen Fallserien und Einzel­ fallbeschreibungen mit einer Häufigkeit von bis zu 1,2 % dokumentiert. Neuropathien durch Irrita­ tionen und Partialläsionen hatten meist einen selbstlimitierenden Charakter bzw. konnten durch eine offene Revisionsoperation behoben werden (Kelly et al. 2001, Jones u. Savoie 1993, Thomas et al. 1987). Vollständige Verletzungen des Nervens hatten trotz Revisionseingriffen meist dauerhafte Ausfallsymptome zur Folge (Jones u. Savoie 1993, Thomas et al. 1987, Pederzini et al. 2014). 15.3.3

N. medianus

Der N. medianus verläuft ventral der Trochlea durch die Ellenbeuge und zieht unter dem Lacer­ tus fibrosus und zwischen den beiden Köpfen des M. pronator teres medial der distalen Bizepssehne in Richtung Unterarm. Bei der Ellenbogenarthro­ skopie steht er in enger Lagebeziehung mit dem anteromedialen Portal (Adolfsson 1994, Drescher et al. 1994, Lynch et al. 1986; . Abb. 15.3). Eine Verletzungsgefahr des N. medianus be­ steht wie auch beim N. radialis nicht nur bei Por­ talanlage, sondern viel mehr und vor allem bei einer arthroskopischen Arthrolyse mit ventraler Kapsulotomie. Komplikationen werden durch die

155 Komplikationen nach ­Ellenbogenarthroskopie

N. cutaneus antebrachii med. Epicondylus med. Olecranon

beiten sollten nur bei ausreichender Übersicht durchgeführt werden. Wird dies berücksichtigt, sind Verletzungen des N. medianus unserer Mei­ nung nach sehr selten. 15.3.4

N. medianus Anteromediales Portal Radius Ulna

..Abb. 15.3  Schematische Darstellung der Lagebeziehung zwischen N. medianus und Portalen der Arthroskopie. (Aus Imhoff u. Feucht 2013)

veränderte Anatomie im Sinne von fehlender Ge­ lenkdistension und Verklebungen zwischen Kap­ sel und Nerv begünstigt (Hackl et al. 2015, Kelly et al. 2001, Adams et al. 2015, Ruch u. Poehling 1997). Komplikationen im Bereich des N. media­ nus sind im Vergleich zum N. radialis seltener (Desai et al. 2016). Wir empfehlen eine proximale Anlage des anteromedialen Portals 2 cm proximal des medialen Epikondylus oder in Inside-outTechnik mit direkter Visualisierung des opti­ malen Portals an der medialen Kapsel mit Ver­ meidung einer zu weit anterior gelegenen Kapselperfora­tion. So lässt sich in der Regel ein ausreichender Abstand zwischen anteromedia­ lem Portal bzw. ossären Strukturen und N. me­ dianus herstellen (Hackl et al. 2015, Drescher et al. 1994). Marti et al. empfehlen außerdem eine extensive anteriore Angulation des Shavers am anteromedialen Portal zu vermeiden, um keinen übermäßigen Zug bzw. Kompression zu verursa­ chen. In ihrer Fallserie kam es nach genannter Anwendung des Shavers zu einem inkompletten sensomotorischen Ausfall im Bereich des N. me­ dianus, als man versuchte, den distalen antero­ medialen Humerus nach fehlverheilter distaler Humerusfraktur zu débridieren (Marti et al. 2013). Auch hier gilt: Die arthroskopischen Ar­

N. interosseus antebrachii anterior

Der N. interosseus antebrachii stellt einen Abgang des N. medianus dar. Verletzung des Nervens sind aufgrund seines eigentlich distalen Abgangs vom N. medianus ten­ denziell selten, werden in der Literatur allerdings vereinzelt beschrieben. Bei vollständiger Dissek­ tion sind sensomotorische Defizite meist irrepara­ bel und dauerhaft fortbestehend. Im Bereich der ventralen Kapsel kann es zu Verklebungen zwi­ schen Nerv und Kapselgewebe kommen, was dann bei Arthrolyse eine intraoperative Schädigung be­ günstigen kann (Ruch u. Poehling 1997). Die ven­ trale Kapsulotomie sollte mit Übersicht und sorg­ sam erfolgen und das Ellenbogengelenk vor Por­ talanlage distendiert und in 90°-Flexion gebracht werden. 15.3.5

N. ulnaris

Der N. ulnaris ist am medialen Ellenbogen im Sul­ cus nervi ulnaris auf dem Epicondylus medialis zu finden und ist bei Arbeiten im medialen dorsalen Kompartiment und Recessus in Gefahr. Liegt eine anteriore Transposition oder Subluxationstendenz des Nerven vor, ist dieser auch bei der Anlage des anteromedialen Portals gefährdet (Unlu et al. 2006; . Abb. 15.4). Schäden des N. ulnaris sind im Vergleich zu den übrigen Nerven weitaus häufiger und haben nicht selten eine operative Revision zur Folge (Desai et al. 2016). Die Inzidenz der vollständigen Dissektion beträgt ca. 1 % (Elfeddali et al. 2013). Im Rahmen der Revisionsoperation mit offener Darstellung des Nervens zeigen sich häufig Neu­ rome, die vor Rekonstruktion reseziert werden müssen. Häufig lassen sich die sensomotorischen Ausfälle nicht vollständig wiederherstellen. Meist treten Verletzungen auch hier während der arth­ roskopischen Arthrolyse auf (Elfeddali et al. 2013, Gay et al. 2010, Hahn u. Grossmann 1998). Kelly et al. beobachteten 5 temporäre Neuropathien des N. ulnaris bei insgesamt 473 Ellenbogen­

15

156

M. M. Schneider et al.

Superposteriores (transtendinöses) Portal

N. radialis N. ulnaris Hohes posterolaterales Portal

Tiefes posterolaterales Portal

Olecranon

..Abb. 15.4  Schematische Darstellung der Lagebeziehung zwischen N. ulnaris und Portalen der Arthroskopie. (Aus Imhoff u. Feucht 2013)

15

arthroskopien. Als Ursache werden 3 Gründe auf­ geführt: 1. Eine zu posteriore Anlage des anteromedialen Portals, 2. eine traktionsbedingte Neuropathie, die nach Anwendung einer „Continous-passivemotion-­Therapie“ bei in situ befindlichem Plexusblock nach arthroskopischer Arthro­ lyse aufgetreten ist, und 3. eine flexionsinduzierte Neuropathie bei postoperativ gesteigertem Flexionsumfang, die ebenfalls nach Arthrolyse beobachtet wurde. Die unter 3. beschriebene Komplikation sei zuvor bereits bei offenen Arthrolysen bemerkt worden. Ein geminderter Flexions-Extensions-Bewe­ gungsumfang stellt somit einen Risikofaktor für die Entwicklung traktionsbedinger Neuropathien dar. Bei präoperativ bestehender Neuropathie des N. ulnaris und einem Flexionsgrad

Arthroskopie und minimal-invasive Chirurgie des Ellenbogens PDF - AZPDF.TIPS (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Rubie Ullrich

Last Updated:

Views: 5783

Rating: 4.1 / 5 (72 voted)

Reviews: 87% of readers found this page helpful

Author information

Name: Rubie Ullrich

Birthday: 1998-02-02

Address: 743 Stoltenberg Center, Genovevaville, NJ 59925-3119

Phone: +2202978377583

Job: Administration Engineer

Hobby: Surfing, Sailing, Listening to music, Web surfing, Kitesurfing, Geocaching, Backpacking

Introduction: My name is Rubie Ullrich, I am a enthusiastic, perfect, tender, vivacious, talented, famous, delightful person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.